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Basel testet Schuluniformen

Die am Projekt beteiligten Jugendlichen können sich ihre Garderobe aus 14 Teilen zusammenstellen. Keystone

Während in der Schweiz noch darüber debattiert wird, führen in Basel bereits zwei Schulklassen das Tragen einer Schuluniform ein – vorerst für sechs Monate.

Die Promotoren des Pilotversuchs streben damit auch die Verringerung der Verschuldung der Jugendlichen an sowie eine Verbesserung des sozialen Klimas in den Klassen.

Lindengrüne Jacken, beige Pullover und Shirts mit farbigen Querstreifen sowie dunkle Jeans oder Jupes müssen die Jugendlichen zweier Basler Schulklassen seit Dienstag tragen. Die einheitliche Schulbekleidung besteht aus 14 Teilen.

Entwickelt hat die Kleidungsstücke für die Jugendlichen des 9. Schuljahres die Basler Designerin Tanja Klein. Sie habe keine Uniform entworfen, sagte Klein. Vielmehr handle es sich um eine zeitgemässe Schulbekleidung.

Zur Kollektion gehören Pullover, Shirts, relativ unförmige Hosen und Jupes, eine Trainerjacke, eine dunkelolivgrüne Winterjacke, eine Strickmütze und ein Gürtel. Auf Jacken und Jeans ist ein Baslerstab aufgenäht. Produziert werden die Kleidungsstücke in Hong Kong.

Freiwillige Teilnahme

Die einheitliche Schulbekleidung könne zu einem besseren Schul- und Unterrichtsklima beitragen, sagte Christian Griss, Rektor der Basler Weiterbildungsschule (WBS). Auch würden die Jugendlichen wohl weniger Zeit für den Kauf und die morgendliche Auswahl der Kleidung aufwenden.

Der Versuch, an dem die Jugendlichen freiwillig teilnehmen, dauert bis Ende März. Er könnte laut Griss bis zum Ende des Schuljahres im Juni fortgesetzt werden. Danach werde geprüft, ob vom nächsten Schuljahr an alle ersten Klassen der WBS im Schulhaus Leonhard diese einheitliche Schulbekleidung tragen sollen.

Zu den Initianten des Versuchs gehört die Budget- und Schuldenberatung Basel. Mit der Einschränkung der Wahlfreiheit bei der Bekleidung während der Schulzeit erhofft sich Projektleiter Reno Sami eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Thema Konsum. Familien mit weniger Geld würden entlastet.

Gleichzeitig rechnen die Projektverantwortlichen damit, dass eine Familie dank der Schuluniform über 30% an Kleidungskosten einsparen könnte.

Psychologische Begleitung

Begleitet wird der Versuch von Mitarbeitern des Instituts für Psychologie der Universität Basel. Sie haben bereits vor den Herbstferien die betroffenen Jugendlichen, deren Eltern und Freunde und Freundinnen befragt. Eine weitere Befragung erfolgt vor Weihnachten und am Ende des Versuchs.

Zwei Klassen ohne einheitliche Schulbekleidung werden ebenfalls befragt. Bei der Evaluation geht es laut Professor Alexander Grob um das Wohlbefinden der Jugendlichen. Auch soll geprüft werden, ob das Tragen einheitlicher Schulkleidung zu einem besseren Sozialklima in den Klassen führt.

An die Kosten von 735 Franken pro Set müssen die Eltern 100 Franken beisteuern. Den Rest bezahlen Stiftungen sowie der Textilverband Schweiz Swiss Textiles. Auch die Schule beteiligt sich an einem Teil der Produktionskosten.

Andere warten ab

Die Idee der einheitlichen Schulbekleidung kam auf, nachdem einige Mädchen relativ leicht bekleidet den Unterricht besucht hatten, sagte Griss. Im März wurden drei Designer eingeladen, Entwürfe für eine einheitliche Schulbekleidung einzureichen.

Offen ist, ob andere Basler Schulhäuser und Schulstufen sich für einheitliche Schulbekleidung entscheiden. Die Verantwortlichen hoffen, dass Schuluniformen dereinst im ganzen Kanton ab dem Kindergartenalter eingeführt werden. Dafür wäre jedoch eine Gesetzesrevision nötig.

Das Basler Schuluniformprojekt ist in der Schweiz einzigartig. In anderen Kantonen herrscht Skepsis: So hatte etwa das Luzerner Kantonsparlament im vergangenen Februar eine entsprechende SVP-Motion abgelehnt.

In den Kantonen Zürich und Solothurn sprachen sich die Regierungen gegen Schuluniformen aus, während in der Westschweiz die Diskussion in den Kantonen Genf und Waadt gerade erst lanciert wurde.

swissinfo und Agenturen

Schülerinnen und Schüler stehen in Sachen Kleider unter einem finanziellen und psychologischen Druck.

Eine Uniform könnte diesen Druck sicherlich lindern und die Situation der Schule als Mode-Laufsteg für die Jugendlichen entschärfen, sagt der Psychologe Rolf Leemann, Dozent für Pädagogische Psychologie an der Pädagogischen Hochschule Bern.

Aber: “Eine Uniform bleibt eine Uniform. Sie geht in Richtung Anonymisierung. Und Kleider sind ein wichtiger Ausdruck der Persönlichkeit.”

Eine Schuluniform muss aber gemäss Leemann nicht die einzige Lösung sein. Er könnte sich als Mittelweg die Festlegung eines Bekleidungs-Rahmens vorstellen.

Wie dieser Rahmen aussehen könnte, müsse jede Schule selber entscheiden. Solche Richtlinien sollten niemals von “oben” kommen und beispielsweise für einen ganzen Kanton gelten. “Das würde nicht funktionieren”, ist Leemann überzeugt.

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