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Behinderten-Rechte: Die Schweiz im Rückstand

Computer-Sondertastatur für Sehbehinderte. Keystone

Handicap International hat die Schweiz aufgerufen, politischen Willen zu zeigen und die UNO-Konvention zur Gleichstellung von Behinderten zu unterzeichnen.

Achtzig Länder haben an einer Zeremonie am UNO-Hauptsitz in New York die neue Konvention signiert.

Die UNO-Hochkommissarin für Menschenrechte, Louise Arbour, lobte die Zeichnung des Dokuments durch 80 UNO-Mitgliedsländer als “überwältigendes Echo”. Sie versprach den Regierungen Unterstützung bei der Ratifizierung der Konvention.

Arbour äusserte sich zuversichtlich, dass noch mehr Regierungen dem Vertragswerk beitreten werden. Genauso wichtig sei, dass dessen Satzungen möglichst bald in die nationale Gesetzgebung der einzelnen Länder integriert würden.

Folgen auf CH-Gesetz unklar

Ob dies möglich ist, wird in der Schweiz noch abgeklärt. Der Bundesrat hatte am 9. März in einer Antwort auf eine Motion der sozialdemokratischen Nationalrätin Pascale Bruderer geschrieben, zum gegenwärtigen Zeitpunkt seien die Tragweite der Konvention und die Folgen ihrer Umsetzung für die schweizerische Rechtsordnung noch schwer abzuschätzen.

“Nach der bisherigen Praxis unternimmt die Schweiz jedoch keine Schritte zur Unterzeichnung eines internationalen Übereinkommens, solange nicht sicher ist, dieses in der Folge auch tatsächlich ratifizieren zu können”, heisst es in der Antwort.

Der Bundesrat erachte die Unterzeichnung und Ratifizierung der Konvention grundsätzlich als wünschenswert, heisst es weiter. Sobald er über genügend Informationen über die möglichen Konsequenzen für die Rechtsordnung von Bund und Kantonen verfüge, werde er einen Entscheid über die Unterzeichung fällen.

Appell an die Schweiz

Trotzdem fürchtet Handicap International, dass die Ratifikation durch die Schweiz so um Jahre verzögert werden könnte, wie die Organisation am Freitag mitteilte. Sie rief die Schweiz auf, politischen Willen zu zeigen und die UNO-Konvention für die Rechte von Behinderten zu unterschreiben.

Die Konvention verpflichtet alle beitretenden Mitgliedsländer auf eine behindertengerechte Politik. Sie müssen Vorurteile und Barrieren abbauen und behinderten Menschen die gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglichen.

Auch USA und Russland noch nicht dabei

Der Text wurde am 13. Dezember von den 192 UNO-Mitgliedern einstimmig verabschiedet. Die Konvention tritt in Kraft, sobald sie von mindestens 20 Ländern ratifiziert wurde. Neben der Schweiz haben auch die USA und Russland noch nicht unterschrieben.

Ein internationales Komitee mit Sitz in Genf wird die Umsetzung der Konvention in den Mitgliedstaaten überwachen. Die Zahl der Menschen mit Behinderungen wird weltweit auf 650 Millionen geschätzt, das entspricht 10 Prozent der Weltbevölkerung.

swissinfo und Agenturen

Die Unterzeichnerstaaten verpflichten sich zur Verwirklichung einer Politik, einer Gesetzgebung und administrativer Massnahmen zugunsten der anerkannten Rechte der Behinderten. Diskriminierende Gesetze, Regelungen, Angewohnheiten und Praktiken müssen abgeschafft werden (Art. 4).

Die Unterzeichnerstaaten verpflichten sich zur Bekämpfung von stereotypen Vorurteilen und zur Sensibilisierung der Bevölkerung gegenüber den Behinderten und ihrem gesellschaftlichen Beitrag (Art. 8).

Die Unterzeichnerstaaten müssen den Behinderten ein lebenswertes Dasein auf der gleichen Ebene wie die anderen Menschen garantieren (Art. 10), ebenso die Gleichstellung von behinderten Frauen und Mädchen (Art. 6) sowie den Schutz von behinderten Kindern (Art 7).

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