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Brüssel verlangt Schadenersatz von Liftherstellern

Brüssel nimmt Schindler ins Visier. Keystone

Im Fall des Liftkartells legt die EU-Kommission nach. Sie hat Klage gegen den Schweizer Schindler-Konzern und drei weitere Lifthersteller wegen überhöhter Preise für Einbau und Wartung von Aufzügen in EU-Gebäuden eingereicht.

Im Februar 2007 hatte die EU-Kommission eine Rekordbusse von 992 Millionen Euro für ein Liftkartell verhängt, mit dem die führenden Aufzughersteller bis 2004 in Deutschland und den Benelux-Staaten Marktanteile und Preise abgesprochen hatten.

Der Anteil des mitbeteiligten Schweizer Konzerns an der Busse betrug damals umgerechnet 230 Millionen Franken.

Eine pikante Note hatte der Fall damals erhalten, weil die Kartellfirmen auch Aufzüge in Gebäuden der Kartellwächterin EU in Brüssel und Luxemburg installiert hatten.

Schindler erneut betroffen


Nun legte die EU-Kommission deshalb nach und reichte als geschädigte Kundin Schadenersatzklage beim Handelsgericht Brüssel ein, wie sie anfangs Woche mitteilte. Betroffen sind neben drei weiteren Liftherstellern wiederum der Schindler-Konzern.

“Durch das wettbewerbswidrige Verhalten dieser Unternehmen ist den EU-Organen und somit den europäischen Steuerzahlern ein wirtschaftlicher Schaden entstanden, indem sie überzogene Preise für die Installierung und Wartung von Aufzügen und Rolltreppen bezahlen mussten”, erklärte der für Verwaltung zuständige EU-Kommissar Siim Kallas, “es ist unsere Pflicht, Schadenersatz zu verlangen.”

Die genaue Summe der Schadenersatzforderung müsse nun allerdings erst mit Expertisen geklärt werden, hiess es weiter. Das Auftragsvolumen für die Lifte in EU-Gebäuden in Brüssel bezifferte die EU-Kommission auf weniger als zwanzig Millionen Euro.

Auch wenn zusätzlich noch Schadenersatzklagen für Aufträge in EU-Gebäuden in Luxemburg dazukommen sollten, wird die geforderte Schadenersatzsumme sehr viel tiefer sein als die Kartellbusse.

Opfer zur Klage ermuntern

Allerdings versteht die EU-Kommission ihre nun eingereichte Klage auch als Aufruf an andere vom Kartell betroffene Kunden der Liftkonzerne, ebenfalls wegen überhöhter Preise zu klagen.

EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes erklärte gestern: “Die Kommission setzt sich, wo es nur geht, dafür ein, dass sich Opfer wettbewerbswidriger Praktiken vor nationalen Gerichten dagegen wehren. In diesem Fall gehen wir mit gutem Beispiel voran.”

Das Verfahren wegen der Kartell-Busse vom Februar 2007 ist noch nicht abgeschlossen, weil Schindler und auch andere gebüsste Konzerne Einsprache beim Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften in Luxemburg erhoben haben. Ein Urteil liegt noch nicht vor.

swissinfo, Simon Thönen, Brüssel

Das Unternehmen wurde 1874 von Robert Schindler und Eduard Villiger in Luzern gegründet. Heute beschäftigt der Konzern rund 40’000 Mitarbeiter und verkauft Produkte in über 80 Ländern.

Die weltweite Nummer 2 der Branche hat 2006 erstmals über eine halbe Milliarde Franken Gewinn erziehlt.

Neben der Schweizer Firma Schindler richtet sich die Schadenersatzklage der EU-Kommission gegen die Konzerne ThyssenKrupp (Deutschland), Otis (USA) und Kone (Finnland).

Die vier Unternehmen beherrschen 75% des europäischen Marktes von Liften und Rolltreppen.

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