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Brutstätte für Wasservögel aus Autobahn-Bauschutt

Noch nicht einmal fertig gestellt, haben die Vögel die Inseln schon in Beschlag genommen. Keystone

Wasservögel profitieren vom Strassenbau: Sie erhalten im Neuenburgersee bei Vaumarcus NE zwei Inseln als neue Brutstätte.

Das Besondere daran: Für den Bau der Inseln wurde Aushubmaterial der nahen Autobahn-Baustelle verwendet.

“Für einmal können die Interessen des Umweltschutzes mit jenen des Strassenbaus in Einklang gebracht werden”, sagt Blaise Zaugg vom Neuenburger Umweltbüro “Aquarius”.

Durch die Verwertung des Aushubmaterials an Ort und Stelle habe sich der umweltbelastende Abtransport per Lastwagen weitgehend erübrigt.

Viel Aushubmaterial

Das 13 Kilometer lange A5-Teilstück Vaumarcus-Areuse im Kanton Neuenburg verläuft vielerorts in Hanglage und verfügt über verschiedene Tunnels und Galerien. Entsprechend reichlich fiel in den vergangenen Jahren Aushubmaterial an.

Ein Teil des Bauschuttes wird nun in der Uferzone bei Vaumarcus zum Brut- und Aufenthaltsplatz für Wasservögel. Aus 100’000 Kubikmetern Kies, Felsblöcken und Erde entstehen zwei Inseln – beide 170 Meter lang und 20 Meter breit. Je nach Wasserstand werden sie 20 bis 100 Zentimeter über den Seespiegel herausragen.

Die Inseln haben einen doppelten Nutzen, wie Zaugg erklärt. Zum einen gelten sie als Kompensations-Massnahme für den Bau der Autobahn. Zum anderen dienen sie als Wellenbrecher für den an dieser Stelle sehr exponierten Uferbereich. Bis im Oktober erhalten die Inseln ihre definitive Form.

Keine billige Deponie

Die Einrichtung der Vogelinseln bei Vaumarcus ist Teil des Konzeptes zur Weiterverwendung des A5-Aushubmaterials. Der grösste Teil der insgesamt rund 5 Millionen Kubikmeter Schutt und Kies wird im Neuenburgersee versenkt.

“Wir benutzen den See aber nicht einfach nur als billige Deponie”, versichert Umweltbiologe Zaugg. Das Material dient zur Wiederherstellung des Seegrundes zwischen St. Aubin NE und Vaumarcus.

Dort wurden nach dem Zweiten Weltkrieg umfangreiche Kiesvorkommen abgebaut. So entstanden im See an verschiedenen Stellen bis zu 50 Meter tiefe Gräben. Mit dem Bauschutt der A5 erhält der Seegrund nun wieder seine ursprüngliche Form zurück.

Die Renaturierung des Uferbereichs und des Seegrundes in der Region Vaumarcus ist nach wie vor im Gang. Bereits vor Abschluss der Arbeiten kann Zaugg schon erste Erfolge vermelden: In einem Biotop am Seeufer wurde ein Biber gesichtet. Zudem hat sich ein zuvor bedrohter Schilfgürtel am Seeufer wieder erholt.

Positive Erfahrungen mit vergleichbaren Projekten

Auch in Bezug auf die Vogelinseln ist der Leiter des Renaturierungs-Projekts optimistisch: “Vergleichbare Projekte zeigen es: Der Erfolg ist garantiert.”

“Insgesamt sind die Erfahrungen mit diesen Inseln sehr positiv”, doppelt Hans Schmid von der Vogelwarte Sempach nach. Die Inseln würden auch von sehr seltenen Arten als Rastplatz genutzt. Jeweils im Frühling sei teilweise eine enorme Vielfalt an sogenannten Wattvögeln zu beobachten.

In zahlreichen Schweizer Seen sind in den vergangenen Jahren Vogelschutzinseln entstanden. Die Vogelwarte Sempach ist grundsätzlich überzeugt vom Nutzen solcher Projekte.

Die älteste Vogelschutzinsel der Schweiz besteht seit den Sechzigerjahren im Naturschutzgebiet “Fanel” am Südufer des Neuenburgersees. Weitere Inseln entstanden in den letzten Jahren am Genfersee, am Vierwaldstätter- und Zürichsee sowie am Bodensee.

Auch Schwachpunkte

Schmid sieht allerdings auch Schwachpunkte: “Auf solchen Inseln fehlt die natürliche Dynamik”, erklärt der Vogelexperte. Vielfach sei die Vegetation zu üppig und damit nicht artgerecht. Dem sei nur mit regelmässigem Unterhalt beizukommen.

“Der Bau von Vogelschutzinseln ist immer ein Eingriff in die Natur”, sagt Schmid. Wo sie mit Überlegungen zum Landschaftsschutz übereinstimmten, seien solche Projekte aber durchaus sinnvoll.

swissinfo und Christoph Nussbaumer (sda)

2 Vogelinseln aus 100’000 m3 A5-Bauschutt
Je 170 m lang und 20 m breit
20 bis 100 cm über dem Seespiegel
Bauschutt A5: rund 5 Mio. m3, der grösste Teil davon wird im Neuenburgersee versenkt

In vielen Schweizer Seen sind in den letzten Jahren Vogelschutzinseln entstanden. Die älteste solche Insel existiert seit den 60-er Jahren im Naturschutzgebiet “Fanel” am Südufer des Neuenburgersees.

Nun erhalten die Wasservögel im Neuenburgersee bei Vaumarcus zwei neue Brutstätten. Für den Bau der Inseln wurde Aushubmaterial der nahen Autobahn-Baustelle (A5) verwendet.

Umwelt- und Vogelschützer begrüssen grundsätzlich solche Renaturierungs-Projekte.

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