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Calmy-Rey greift verschärftes Ausländer- und Asylrecht an

Aussenministerin Micheline Calmy-Rey an einer Konferenz im Dezember. Keystone Archive

Ein härteres Ausländer- und Asylgesetz schade der Reputation der Schweiz im Ausland, warnte die Schweizer Aussenministerin in Genf.

Micheline Calmy-Rey verteidigte auch die unter Beschuss geratene “aktive Neutralität”, nachdem der Bundespräsident den Boykott der von der Hamas geführten Palästinensischen Regierung kritisiert hatte.

Es bestehe die Gefahr, dass Ereignisse im Inland das Image der Schweiz im Ausland beeinträchtigen könnten, warnte die Aussenministerin Micheline Calmy-Rey am Wochenende im Auslandschweizer-Museum von Genf. Calmy-Reys Auftritt erfolgte bei einer Round-Table-Veranstaltung zum Thema “Das Image der Schweiz in der Welt”.

Verschärfung der Gesetze als Auslöser

Das Schweizer Parlament hatte im vergangenen Dezember eine Verschärfung der Gesetzgebung im Ausyl- und Ausländerbereich verabschiedet.

Die Sozialdemokratische Partei (SP), der die Aussenministerin angehört, ist gegen die Revision. Zusammen mit links-grünen, kirchlichen und Menschenrechts-Kreisen hatte die Partei daher die Referenden gegen die Gesetzesvorhaben unterstützt, die zu Stande kamen.

Somit muss die vom Parlament bereits beschlossene Revision der beiden Gesetze auch noch vom Stimmvolk abgesegnet werden – voraussichtlich im kommenden September.

Erschwerte Familien-Zusammenführung, weniger Sozialhilfe

Das revidierte Ausländergesetz bevorzugt Bürger und Bürgerinnen aus Staaten der Europäischen Union. Die Einwanderung von Nicht-Europäern wird auf hochqualifizierte Arbeitskräfte beschränkt.

Die Bedingungen für die Familien-Zusammenführung werden erschwert. Das neue Asylgesetz setzt die Sozialhilfe an abgewiesene Asylsuchende aus. Es verdoppelt hingegen die Inhaftierungs-Zeit für Menschen, die auf eine Zwangsausweisung warten.

Glaubwürdigkeits-Probleme

“Die Schweiz ist als Land bekannt, dessen Bewohner Freiheiten und Rechte geniessen, die gesetzlich und durch internationale Übereinkommen garantiert sind”, sagte die Aussenministerin.

“Ich kann meine Befürchtungen nicht verbergen, was die jüngsten Entwicklungen der Ausländer- und Asyl-Gesetze sowie deren Auswirkungen sowohl im Inland als auch für unsere Glaubwürdigkeit und unser Image im Ausland betrifft.”

Geteilt wird diese Meinung von Cornelio Sommaruga. Laut dem früheren Präsidenten des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes (IKRK) wird das Menschenrechts-Image der Schweiz vom Ausland her sowohl aufgrund des im Ausland Erreichten als auch der Entwicklungen im Inland beurteilt.

Aussenpolitik ins zweite Glied?

Die Aussenministerin wandte sich auch Kritik von Seiten der politischen Rechten zu: Diese wolle alles Aussenpolitische ins zweite Glied rücken und einen Aussenminister haben, der sich einfach “in vier Sprachen möglichst ruhig verhält”.

“In einer globalisierten Welt wie der unsrigen können scheinbar ferne Konflikts direkte Auswirkungen auf die Schweiz haben”, sagte sie. “Armut, zerstörte Umwelt, gesellschaftliche Ungerechtigkeit, Terrorismus oder Verbreitung von Massenvernichtungs-Waffen sind mögliche Gründe für Elend und Gewalt”, so Micheline Calmy-Rey.

Diese würden keine Grenzen kennen. “Wir können nur dann in Sicherheit und Frieden leben, wenn um uns herum ebenfalls Frieden herrscht.”

Kampf der Armut

Der beste Weg zum Frieden sei das Bemühen um Aneignung und Respekt von internationalen Standards, und Energie beim Vermitteln, bei der Friedens-Förderung und beim Kampf gegen die Armut.

Laut Calmy-Rey spielt die Schweiz auf der internationalen Bühne nicht die Rolle eines Leichtgewichts: Dank ihrer lang währenden demokratischen und humanitären Werte höre man auf sie.

Die Schweiz spiele auch innerhalb der Vereinigten Nationen eine aktive Rolle. So bei der Schaffung des Menschenrechts-Rats, der erstmals am in Genf am 19. Juni zusammen treffen soll. Die Schweiz möchte in diesem Gremium einen Sitz beanspruchen.

Mit Lob bedacht wurde die Führungs-Rolle der Schweiz im internationalen Bereich von Sergei Ordzhonikidze. Als Generaldirektor für die UNO in Genf besuchte auch Ordzhonikidze das die Round-Table-Veranstaltung zum Image der Schweiz.

Die Bedeutung der Schweiz nehme zu, sagte er. “Neutralität heisst nicht, keine Positionen im Bereich Frieden, Sicherheit, Entwicklung und Menschenrechte einzunehmen.”

swissinfo, Adam Beaumont, Genf
(Übertragung aus dem Englischen: Alexander Künzle)

Gegen die Revision der Asyl- und Ausländergesetze haben Anfang April mehr als 30 Organisationen aus kirchlichen und Menschenrechts-Kreisen ein Doppelreferendum eingereicht.

In diesem “2 X Nein”-Komitee vertreten sind auch die Sozialdemokratischen Partei und die Grünen.

Die Gesetzes-Revision kommt am 24. September 2006 vor das Volk.

Auf ernsthafte Bedenken gestossen ist die Gesetzes-Revision auch beim UNO-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR).

Das neue Ausländergesetz bevorzugt die Bürger aus Staaten der Europäischen Union, die Einwanderung von Nicht-Europäern wird auf hochqualifizierte Arbeitskräfte beschränkt.

Die Bedingungen einer Erlaubnis für Familien-Zusammenführung werden erschwert.

Das neue Asylgesetz setzt die Sozialhilfe an abgewiesene Asylsuchende aus, verdoppelt hingegen die Inhaftierungs-Möglichkeit für Menschen, die auf eine Zwangsausweisung warten.

Die Round-Table-Diskussion “Das Bild der Schweiz in der Welt” ist von der Stiftung für die Geschichte der Schweizer im Ausland (“Auslandschweizer-Museum”) organisiert worden.
Diese Genfer Stiftung verfolgt die Geschichte bedeutender Schweizer, die im Ausland bedeutende Beiträge zum Fortschritt leisteten.
Jährlich organisiert die Stiftung einen “Penthes Tag” im Château de Penthes, das das Auslandschweizer-Museum beherbergt.

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