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CH/Berner Regierung bekräftigt Ablehnung von Atomkraft und erntet Kritik

Bern (awp/sda) – Die rot-grüne Regierung des Kantons Bern ist gegen den Ersatz des Kernkraftwerks Mühleberg. Damit widerspricht sie dem bürgerlich dominierten Kantonsparlament. Am Dienstag präsentierte die Regierung an einer umstrittenen Medienkonferenz ihre Argumente.
Die kantonale Abstimmung am 13. Februar sei zwar nur konsultativ, aber dennoch von grosser Bedeutung, sagte SP-Regierungsrätin Barbara Egger-Jenzer vor den Medien. Deshalb sei sie froh, dass das Volk das letzte Wort habe.
Die bernische Regierung erachte die Atomkraft als veraltet, teuer und schädlich für die Umwelt, sagte die kantonale Energiedirektorin. Das Risiko eines Störfalls sei zwar gering, könne aber nicht ausgeschlossen werden.
Ein neues Atomkraftwerk sei überdies unnötig, zumal die Zukunft den erneuerbaren Energien gehöre. Auch sei die Entsorgungsproblematik nicht gelöst. “Niemand, keine Gemeinde, kein Kanton und kein Land der Welt will radioaktive Abfälle bei sich lagern.”
Egger-Jenzer sprach auch über das Abstimmungsbüchlein, das zurzeit viel zu reden gibt, weil es das geplante Zwischenlager für radioaktive Abfälle nicht explizit erwähnt. Jedes Atomkraftwerk habe am Standort immer auch ein Lager für radioaktive Abfälle, betonte die Regierungsrätin. Dieser Sachverhalt sei nie verschwiegen worden und im Rahmenbewilligungsgesuch auch enthalten.
Sie erinnerte daran, dass die Bernerinnen und Berner ohnehin nicht über ein Baugesuch, sondern über die Stellungnahme des Kantons an den Bund über “Mühleberg II” abstimmten. Die rot-grüne Regierung muss gegen ihren Willen auf Geheiss des bürgerlich dominierten Kantonsparlaments eine positive Stellungnahme verfassen.
Die Stimmberechtigten können am 13. Februar den Inhalt dieser Stellungnahme gutheissen oder ablehnen. Bei einem Nein würde der Beschluss des Grossen Rates hinfällig, wonach die Regierung zwingend eine positive Stellungnahme abgeben muss.
Über das Vorgehen der Regierung vor der Abstimmung ärgerte sich der bernische Grossratspräsident Gerhard Fischer (SVP/Meiringen). Schliesslich habe der Grosse Rat die Vorlage klar zur Annahme empfohlen, hält er in einem offenen Brief fest.
Die Exekutive hätte eigentlich die Aufgabe, Parlamentsentscheide zu vollziehen, schreibt Fischer. Zumindest müsste sie grosse Zurückhaltung üben und den Argumenten der befürwortenden Parlamentsmehrheit gebührend Rechnung tragen. Seine Partei, die bernische SVP, will nun eine Stimmrechtsbeschwerde prüfen.
Auch die BDP hält das Vorgehen der Regierung für problematisch. Sie befürchtet, dass die Regierung durch ihr Verhalten unnötigerweise das Verhältnis zum Grossen Rat belaste.
cf

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

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