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CH/Kantone wollen Rahmenabkommen mit der EU – Meinung geändert

Bern (awp/sda) – Ein Rahmenabkommen zwischen der Schweiz und der EU ist für die Kantone der Weg für die zukünftige Europapolitik. Die Kantonsregierungen haben ihre Meinung zur Vereinbarung geändert, welche die Zusammenarbeit mit der EU grundsätzlich regeln soll.
Der bilaterale Weg müsse “kurz- und mittelfristig” mit einem Rahmenabkommen verbunden werden, verlangt die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK). Es ist der auffälligste Punkt in einem Papier, in dem die KdK Ende Juni ihre Haltung zu Europa-Fragen revidiert hatte. Letztmals hatte sie ihre Position 2007 definiert.
Die Kantonsregierungen wollten aufzeigen, wie ein Rahmenabkommen aus ihrer Sicht aussehen müsste, sagte Markus Notter, Zürcher SP-Regierungsrat und Vorsitzender der KdK-Europakommission, am Mittwoch in Bern vor den Medien. Die Kantone nehmen mit ihrer Forderung ein Anliegen auf, das der Bundesrat im Aussenpolitischen Bericht 2009 vorgebracht hat.
Wenn die EU verlange, dass die Schweiz sich zur Übernahme von EU-Recht verpflichte, müsse dafür mit der EU ein Mechanismus und Grundsätze verankert werden, sagte Notter. “Dazu gehört, dass es keinen Automatismus geben darf.”
Zudem pochen die Kantone auf lange Fristen, damit Eigenheiten der Schweiz wie die direkte Demokratie gewahrt bleiben. Bei den Entscheiden der EU muss die Schweiz aus Sicht der Kantone – wie auch des Bundesrats – einen gewissen Einfluss nehmen können.
Nicht in Frage kommt für die Kantone auch, dass die Schweiz ihre Kompetenzen an den europäischen Gerichtshof abtritt. Ein Gemischter Ausschuss soll zudem als Forum für den politischen Dialog dienen, in dem auch die Kantone vertreten sein sollen.
Unter diesen Umständen wäre für die Kantone eine Verpflichtung zur Übernahme von relevantem Recht denkbar, sagte Notter. “In den jeweiligen Sektoren müsse dann nur noch verhandelt werden, welche Teile des Rechts zu den relevanten gehörten.”
Ob die EU ein Abkommen mit diesen Eckwerten akzeptiert, ist unsicher. “Es gibt ein Interesse in der EU, eine Lösung zu finden”, zeigte sich Notter überzeugt. Er betrachte eine annehmbare Verhandlungslösung als realistisch.
Die EU erwärmt sich langsam für das Anliegen. Ende Juni hatte sich ein Ausschuss im EU-Parlament mit einem möglichen Rahmenabkommen auseinandergesetzt. Die automatische Übernahme von EU-Recht steht für die EU klar im Vordergrund. Die EU-Kommission erhielt zudem im Januar den Auftrag, in einem “Diskussionspapier” die Pros und Kontras eines Abkommens aufzulisten.
Jede weitere Annäherung an die EU kommt für die Kantone aber nur in Frage, wenn in der Schweiz ihre Mitwirkung verbessert wird. Was sich genau ändern soll, wollen sie noch diskutieren. Jedenfalls prüfen sie, ob für die Europapolitik eine besondere Mitwirkungsregelung nötig wäre.
Es gehe nicht an, dass der Bund über Verträge mit Europa seinen Rechtsbereich ausweite, sagte Notter dazu. In Fällen wie der Besteuerung, einem Feld der Kantone, könnte sich Notter auch ein Vetorecht für die Kantone vorstellen.
Die Kantonsregierungen hätten ihre Position am Mittwoch einer Bundesrats-Delegation präsentiert, sagte KdK-Präsident Pascal Broulis. Die KdK erwarte nun, dass die Regierung die Überlegungen in den nächsten europapolitischen Bericht einfliessen lasse.
Ein EU-Beitritt ist für die KdK unverändert nur eine “langfristige Option”. Sie erwartet dazu aber ebenfalls einen Bericht des Bundesrates: Er soll Vor- und Nachteile der zwei aus ihrer Sicht verbleibenden Optionen – bilateraler Weg mit Rahmenabkommen oder Beitritt – darlegen.
rt

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