CH/Telekom: Kabelnetzanbieter sehen sich durch weitere Regulierung benachteiligt
Bern (awp) – Die Kabelnetzbetreiber würden durch eine weiterreichende Regulierung im Telekomsektor indirekt härter getroffen als die regulierten Telekomunternehmen selbst. Dies ist die Schlussfolgerung einer Studie von Polynomics im Auftrag des Branchenverbandes Swisscable, die am Dienstag in Bern präsentiert wurde. Die Kabelunternehmen sind entsprechend gegen weitere gesetzliche Massnahmen.
Im Fokus der Studie steht das Ultrabreitband – darunter das Glasfasernetz. In der laufenden Debatte, ob der Ausbau der neuen Telekom-Infrastruktur gesetzlich geregelt werden soll, spricht sich Marktführerin Swisscom dagegen aus und Konkurrentin Sunrise als alternative Anbieterin dafür – beide sehen ihre Argumente durch Studien untermauert.
Nun haben sich auch die Kabelnetzbetreiber – darunter Cablecom – mit der Studie in die Debatte eingeschaltet. Sie sehen ihre HFC-Netze (Hybrid Fiber Coax) als faktische Glasfasernetze. Lange Strecken bestünden aus Glasfasern, kurze aus Koaxialkabeln. Mit einem relativ geringen Aufwand könnten Bandbreiten bis zu 400 Mbit/s erreicht werden.
Grundsätzlich führe eine stärkere Zugangsregulierung zu sinkenden Preisen, heisst es in der Untersuchung von Polynomics. Sobald die Kabelnetzunternehmen mit Telekomfirmen im Wettbewerb um Endkunden stünden, wirkten sich die gesetzlichen Massnahmen auch auf deren Rentabilität aus – und zwar stärker als bei den regulierten Unternehmen selbst. «Letztere verdienen noch durch die regulatorisch erzwungenen Grosshandelsbeziehungen, die Kabelfirmen hingegen nicht», erläuterte Patrick Zenhäusern, einer der Studienautoren.
Auch verweist die Studie darauf, dass nicht Marktmacht an sich ein wettbewerbspolitisches Problem sei, sondern deren Missbrauch. Es gehe also nicht darum, Markmacht per se zu zerschlagen. Ferner müsse die Politik zwischen dem Anspruch, möglichst grosse Teile der Bevölkerung an die neuen Netze anzuschliessen und zwischen Wettbewerbsfragen differenzieren.
In Regionen, in denen Kabel- und Telekomnetze sowie mobiles Breitband miteinander konkurrieren, könnten Kunden abwandern, heisst es. Dies wirke sich disziplinierend auf die Unternehmen aus. Gebe es keinen solchen Wettbewerb, dann stelle sich die Frage nach gesetzlichen Vorgaben schon eher. Allerdings nur auf Ebene der passiven Infrastruktur – wie Trassen und Rohre – die von einem anderen Betreiber nicht ohne weiteres dupliziert werden könne.
Die Kabelnetze könnten der Swisscom als starker Player also durchaus Paroli bieten, erklärte Swisscable. Dies sorge für Verbesserungen im Preis-Leistungsverhältnis und wirke der Kluft zwischen Stadt und Land entgegen. Der Infrastrukturwettbewerb fördere Investitionen, betonte Verbands-Präsident Hajo Leutenegger.
Regulierungen seien nur bei einem Missbrauch der Marktmacht und fehlendem Wettbewerb nötig. Dies müsse – wenn überhaupt – symmetrisch erfolgen. So dürfe es beispielsweise bei Settopboxen nicht unterschiedliche Vorgaben für die Swisscom und Kabelnetzunternehmen geben.
Bei allfälligen Preisregulierungen müssten die Wiederbeschaffungskosten für die Netze und nicht die historischen Kosten Grundlage sein, so Leutenegger. Damit stellt sich Swisscable in diesem Punkt auf die Seite der Swisscom – sowohl Kabelnetzbetreiber als auch der Blaue Riese sind als Besitzer und Betreiber der Netze daran interessiert, vergleichsweise hohe Wiederverkaufspreise zu erzielen.
Eine Revision des Fernmeldegesetzes sei wohl nicht zu vermeiden, bilanzierte der Verbandspräsident. Die Kabelnetzbetreiber wollen nun darauf hinwirken, die eigenen Anliegen einzubringen. «Je detaillierter reguliert wird, umso schneller wird revidiert», zeigte sich Leutenegger überzeugt.
Bei der Entwicklung des digitalen Fernsehens widersprach Swisscable jüngsten Aussagen der Swisscom. Die Aussage «4 von 5 wählen Swisscom-TV» sei falsch, sagte Swisscable-Geschäftsführerin Claudia Bolla-Vinzenz. So hätten sowohl die Swisscom als auch das digitale Kabel-TV im vergangenen Jahr je 92’000 Kunden gewonnen, also jeweils «2 von 5». Auf andere Digital-TV-Angebote seien ferner rund 50’000 neue Kunden bzw. ein Fünftel entfallen.
Die Verbreitung des digitalen Kabelfernsehens stieg in der Schweiz 2009 gemäss Swisscable auf 21% gegenüber 18% im Vorjahr. Der vergleichsweise einfache analoge Fernsehkonsum erfahre immer noch eine hohe Wertschätzung in der Bevölkerung, sagte Bolla-Vinzenz. Insgesamt sei ein härterer Wettbewerb durch neue Anbieter zu erwarten.
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