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CIA umgeht Bankgeheimnis

Auch die SNB sitzt in der Aufsichtsbehörde der belgischen Swift. Keystone Archive

Die US-Regierung hat bestätigt, dass sie sich im Kampf gegen den Terrorismus seit 5 Jahren Zugang zu internationalen und Schweizer Finanztransaktionen verschafft.

Die Schweizer Behörden wurden von der US-Botschaft in Bern informiert, scheinen aber nicht allzu beunruhigt – im Gegensatz zu Datenschutz-Experten und Juristen.

US-Finanzminister John Snow hat am Samstag die Überwachung des internationalen Zahlungsverkehrs durch den Geheimdienst CIA verteidigt und damit auch bestätigt. Sie sei lebensnotwendig im Krieg gegen den Terror.

Von dieser Kontrolle der internationalen Finanzströme ist auch die Schweiz und der Schweizer Finanzplatz betroffen, dessen Bankkunden-Geheimnis die finanzielle Privatsphäre gegen jegliche staatliche Neugierde garantieren soll.

Die Tageszeitung “New York Times” enthüllte am Freitag, dass die “Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication” (Swift) in Belgien den US-Geheimdienstlern seit dem Attentat vom September 2001 Einblick in ihre Daten gewährt habe.

Auch 254 Schweizer Banken

Die Swift, 1973 in Brüssel von Banken gegründet, wickelt Zahlungsanweisungen für internationale Geldtransfers ab. 7800 Finanzinstitutionen aus mehr als 200 Ländern sind angeschlossen.

Da das Swiss Interbank Clearing (Telekurs) nur reine Franken- oder Franken-Euro-Transaktionen abwickelt, ist die Swift auch für den Schweizer Finanzplatz von grösster Bedeutung. 99 Schweizer Institute sind Mitglied, 254 machen mit.

Im Swift-Verwaltungsrat sind auch zwei Schweizer Vertreter: Yves Maas von der Credit Suisse Group und Stephan Zimmermann von der UBS.

Die Swift musste in der Folge einer richterlichen Verfügung aus den USA die Daten für die CIA öffnen. Hätte sie das nicht getan, hätte sie ihre Lizenzen für ihre US-Niederlassung riskiert, vermutet Mark Pieth in der NZZ am Sonntag. Der Strafrechts-Professor der Uni Basel leitete die UNO-Untersuchungs-Kommission im “Öl für Nahrungsmittel”-Skandal.

Geteilte Meinung

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) ist als 11. Mitglied bei der Zentralbanken-Gruppe, die die Swift beaufsichtigt. Nun geht die Einschätzung, ob diese Einsicht in den internationalen Zahlungsverkehr durch die CIA die Privatsphäre der Bürger untergräbt, stark auseinander.

“Das Bankkundengeheimnis ist dadurch nicht verletzt”, zitiert die NZZ am Sonntag einen UBS-Sprecher. Die Bankiervereinigung teile diese Meinung: Eine Überweisung allein lasse wenig Rückschlüsse zu auf die Höhe des Vermögens oder der Schulden eines Kunden.

Datenschützer hingegen seien alarmiert: Hanspeter Thür meint, dass die Datenschutz-Bestimmungen mehr schützen als das Bankkundengeheimnis. Sie müssten zustimmen, ob solche Daten weiter gegeben werden können.

Thür, so die NZZ am Sonntag, will nun andere europäische Datenschutz-Behörden kontaktieren, um dann koordiniert vorzugehen.

Eingriff in die Freiheitsrechte

Laut Pieth stellt die Angelegenheit einen Eingriff in die Freiheits-Rechte der Bürger dar. Er fragt sich, wie sich die Schweizer Behörden rechtfertigen werden. Laut dem Sprecher der SNB hat die SNB in Belgien keine rechtliche Aufsichtsfunktion.

Und das Finanzministerium in Bern sagte am Freitag laut NZZ am Sonntag: “Aus der Angelegenheit ergibt sich kein direkter Bezug zur schweizerischen Rechtssprechung.”

Das belgische Justizministerium hat bereits reagiert und Untersuchungen eingeleitet. Auch die Belgische Nationalbank wusste um den Einblick, den die CIA in die Swift-Daten hatte.

swissinfo und Agenturen

Die Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication, Swift, wurde 1973 in Belgien gegründet. 7800 Finanzinstitutionen aus 200 Ländern sind angeschlossen.

Das Transaktions-Volumen beläuft sich auf rund 6000 Milliarden Dollar täglich.

Aus der Schweiz sind 99 Banken und 254 Institute angeschlossen. Die Transaktionshöhe beläuft sich auf 200 Mrd. Franken pro Tag.

2 Sitze des Verwaltungsrates sind von Schweizern besetzt, der UBS-Vertreter ist Vizepräsident.

Die Schweizerische Nationalbank macht im Aufsichts-Gremium mit.

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