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Costa Rica ist ihre Welt geworden

Das Grundstück der Mosimanns liegt auf fruchtbarem Boden. Valerie Koller

Seit fünf Jahren leben Franziska und Fredy Imfeld-Mosimann in Orosi, Costa Rica. Hier organisieren die beiden Schweizer Motorradtouren, vermieten Velos und führen eine Bäckerei, in der sie auch Zopf und Rüeblitorten nach Schweizer Art verkaufen.

Franziska, 44, und Fredy, 47, kennen sich seit ihrer Kindheit. Sie sind im selben Quartier in Aarburg, Kanton Aargau, aufgewachsen, seit 25 Jahren ein Paar und seit einem Jahr verheiratet.

Fredy kam als erster nach Costa Rica, Franziska folgte ein Jahr später. Die gelernte Coiffeuse arbeitete später als freischaffende Fotografin.

Fredy, ein ausgebildeter Carosseriespengler, organisiert in Costa Rica ein- oder mehrtägige Motorradtouren für Touristen. Ob auf den nahgelegenen Vulkan Irazú, in die Provinz Guanacaste im Norden oder an die Karibik – Fredy stellt für seine Kunden jeweils ein individuelles Programm zusammen.

Viele Gründe, hier zu sein

Im Vorfeld ihres Abenteuers war Fredy oft mit dem Motorrad in Costa Rica und im übrigen Lateinamerika unterwegs gewesen und hat sich dann das ruhige Plätzchen Orosi zum Leben ausgesucht. Von der Hauptstadt aus in eineinhalb Stunden erreichbar, liegt das Dorf in einem idyllischen Tal im Herzen von Costa Rica.

“Ich wurde bestimmt schon hundert Mal gefragt, wieso gerade hier. Als Antwort kommen mir immer wieder neue Gründe in den Sinn”, sagt Fredy. “Hier gibt es natürliche, warme Quellen, Wälder, Flüsse und ein angenehmes Klima. Zudem ist Orosi touristisch erschlossen, bietet also eine gute Grundlage für unser Geschäft.” Zudem besitze das Dorf eine funktionierende Infrastruktur und sei offen gegenüber Ausländern.

Das erste Jahr war für die beiden schwierig. Erst als Fredy und Franziska vollständig akzeptiert und integriert waren, konnten sie das Leben in der neuen Heimat geniessen. “Jetzt leben, arbeiten und festen wir gemeinsam mit den Einheimischen”, sagt Franziska. Costa Rica ist ihre Welt geworden.

Alltag in Orosi

Die Sonne geht früh auf über dem kleinen Dorf. Franziska aber ist jeweils schon lange wach, um Brote und Kuchen zu backen. Damit alle Produkte in ihrer Bäckerei frisch sind, steht sie täglich um 1.30 Uhr auf.

Der Weg zur Backstube ist zum Glück nicht weit, sie liegt direkt neben der Küche des Hauses. Wenn das Brot im Ofen ist, gönnt sich Franziska eine Pause und geniesst das Morgenrot, das über den Hügeln leuchtet.

Wenn alles bereit ist, bringt die Schweizerin die Backwaren in den kleinen Laden an der Hauptstrasse. Dort verkauft sie neben Selbstgebackenem getrocknete Früchte und Pilze, Konfitüren, costaricanische Souvenirs und Kaffee.

Dieser wächst rund um das Dorf und prägt das Landschaftsbild. An den mannshohen Kaffeestauden hangen je nach Saison kleine grüne oder grosse rote Beeren. Dazwischen stehen hohe Bäume, die den Kaffee vor der direkten Sonne schützen sollen. Ein Landschaftsbild, das typisch ist für Costa Rica.

Die eigenen vier Wände

Nachdem Franziska und Fredy vier Jahre in einem gemieteten Holzhaus im Dorfzentrum gewohnt hatten, konnten sie sich letztes Jahr den Traum eines eigenen Hauses am Dorfrand erfüllen.

Ihr Haus unterscheidet sich von den anderen Häusern im Dorf: es ist grösser und in europäischem Stil gebaut. “Das Holz, das wir verwendeten, stammt aber von hier”, betont Fredy.

Zum Grundstück gehört ein grosser Garten, wo sich die vier Hunde und zwei Katzen austoben können, wo Kolibris fliegen und Karotten, Zwiebeln, Kohl, Tomaten, Lauch und Salat für den Eigenbedarf wachsen.

Die Früchte der vielen verschiedenen Fruchtbäume verarbeitet Franziska zu Konfitüren für die Bäckerei. “Unser Ziel ist es, selbstversorgend zu werden.” Zu diesem Projekt gehört auch die Installation von Sonnenkollektoren auf dem Dach.

Von der Strasse aus ist das Haus kaum zu sehen, denn das grosse Grundstück ist durch einen Zaun geschützt. Direkt dahinter erheben sich die Hügel der Kaffeeplantagen. Trotz allem seien sie immer noch Ausländer, was leider auch Leute anziehe, die davon profitieren wollten.

Die bellenden Hunde im Garten schüchtern jedoch so manchen, auch gut gesinnten Besucher, ein. Franziska relativiert: “Eigentlich machen die gar nichts, das sind Elefantenbabys.”

Konkrete Zukunftspläne

Imfeld-Mosimanns haben ehrgeizige Pläne: So soll im November die Bäckerei mit einem Café erweitert werden. Neben den Schweizer Spezialitäten wird auch typisch costaricanische Kost auf der Karte stehen.

Zudem werden Ende Jahr in einem Teil des Gartens zwei “Cabinas” – Hotelzimmer mit Küche und Bad – entstehen. Fredy baut das Meiste selbst. Trotzdem braucht es einen offiziellen Architekten, denn man darf auch auf dem eigenen Grundstück nicht einfach irgendein Haus bauen.

Sehnsucht nach der Badewanne

Wenn Franziska und Fredy alle paar Jahre in die Schweiz reisen, um Familie und Freunde zu besuchen, wissen sie das zu schätzen. Sie leben nicht in Costa Rica, weil es ihnen in der Schweiz nicht gefällt.

“Als ich das letzte Mal in der Schweiz war, habe ich jeden Tag heiss gebadet.” Für Fredy ist es ähnlich. “Ich habe nie das Gefühl, nicht in der Schweiz leben zu können. Im Gegenteil: ich bin gerne dort. Alles ist so gut organisiert.”

Die beiden Aargauer kennen Leute, die ein halbes Jahr in der Schweiz arbeiten und die andere Jahreshälfte das Leben in Costa Rica geniessen. In der Tourismusbranche liege das aber nicht drin. “Wenn wir das Geschäft für mehr als eine Woche schliessen, sind wir weg vom Fenster”, sagt Franziska.

Daher werden Mosimanns eigentlich öfters besucht, als dass sie in die alte Heimat reisen. Vor allem darum wird dem Haus jetzt noch ein privates Gästezimmer angebaut. Eine weitere Garantie dafür, dass es den Beiden in Costa Rica bestimmt nicht langweilig wird.

Die kleine Republik Costa Rica gehört zu Mittelamerika und liegt zwischen Pazifik und Atlantik.

An der dünnsten Stelle des Landes trennt eine nur gerade 110 km breite Landmasse die beiden Ozeane.

Das Valle Central, das zentrale Hochtal, liegt zwischen bis zu 3800 m hohen Bergen und Vulkanen.

Hier befinden sich die Hauptstadt San José und alle anderen grossen Städte, wo die Mehrheit der costaricanischen Bevölkerung lebt.

Als Kolumbus 1502 an den Küsten Costa Ricas landete, erwartete er im Landesinneren grosse Goldvorkommen. Daher der Name “Reiche Küste”.

Auf nur 51‘000 km2 bietet Costa Rica zwar keine Edelmetalle, dafür tropischen Regenwald, kilometerlange Strände und eine Vielzahl von Vulkanen.

Weniger berühmt sind die savannenähnlichen Ebenen im Norden und das grüne Hochland, das den Schweizer Voralpen verwechselnd ähnlich sieht.

Costa Rica wird auch deshalb als Schweiz Lateinamerikas bezeichnet.

Seit 1948 besitzt das Land keine Armee mehr. Eine Tatsache, auf die jeder Costaricaner stolz ist.

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