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Daimler und Renault-Nissan besiegeln Autobündnis (2. AF)

(neu: Aussagen aus der Pressekonferenz)
BRÜSSEL (awp international) – Der Automobilkonzern Daimler und sein französisch-japanischer Wettbewerber Renault -Nissan haben ein umfangreiches Bündnis geschmiedet. Im Zentrum steht dabei die Zusammenarbeit bei Kleinwagen. Damit wollen die beiden Hersteller in dem weltweit wachsenden, aber traditionell margenschwachen Fahrzeugsegment künftig mehr Geld verdienen. Daimler und Renault fuhren beide im vergangenen Jahr Milliardenverluste ein.
Ausser bei Kleinwagen sieht die am Mittwoch in Brüssel besiegelte Zusammenarbeit auch den Austausch von Motoren sowie Know-how bei Elektroantrieben und Lieferwagen vor. Die neuen Partner versprechen sich Kosteneinsparungen durch die höhere Stückzahlen, den gemeinsamen Einkauf und weil Entwicklungsausgaben geteilt werden. Insgesamt bezifferten die beiden Firmenchefs die Synergieeffekte für ihre Unternehmen auf jeweils zwei Milliarden Euro in den nächsten fünf Jahren.
Untermauert wird die neue Partnerschaft durch eine Überkreuzbeteiligung von jeweils 3,1 Prozent der Unternehmen aneinander. Durch den Aktientausch halten Renault und Nissan jeweils 1,55 Prozent der eigenen Aktien von Daimler. Daimler wird künftig 3,1 Prozent des Grundkapitals von Nissan und 3,1 Prozent von Renault halten. Dazu gibt Renault neue Aktien aus. Um seine Staatsbeteiligung beim französischen Autobauer bei rund 15 Prozent zu halten, will der französische Staat weitere 0,55 Prozent an Renault erwerben. Die Regierung habe vollstes Vertrauen in die neue Partnerschaft, hiess es aus dem Wirtschaftsministerium.
Die Transaktion sei für alle Partner cashneutral, sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche. Derzeit gebe es keine Pläne, diese «eher symbolische» Überkreuzbeteiligung zu erhöhen. Renault und Nissan bilden seit 1999 eine Allianz und sind ebenfalls durch eine Kapitalverflechtung verbunden. Renault hält mehr als 40 Prozent an Nissan, umgekehrt hielt Nissan bislang rund 15 Prozent an Renault. An der Börse wurde das neue Bündnis, über das schon seit Monaten spekuliert worden war, positiv aufgenommen.
Zetsche betonte, dass es vornehmlich um eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit im Klein- und Kompaktwagensegment gehe. «Bei grossen Pkw und im Luxussegment sind wir schon sehr stark vertreten.» Die nächste Generation des Daimler-Stadtwagens Smart, von dem es auch wieder einen Viersitzer geben soll, und der Renault Twingo sollen eine gemeinsame Architektur erhalten. Schon 2013 sollen erste Modelle vom Band laufen. Dabei bleibe Hambach die Produktionsstätte für den zweisitzigen Smart. Der Viersitzer werde dagegen aus dem slowenischen Renault-Werk in Novo Mesto kommen. Alle Fahrzeuge sollen auch mit einem Elektroantrieb angeboten werden.
Zweiter Baustein der Zusammenarbeit ist die Arbeitsteilung bei den Motoren. Die Renault-Nissan-Allianz steuert kleine Diesel- und Benzinmotoren bei, die auch in den Nachfolgemodellen der Mercedes-Benz A- und B-Klasse zum Einsatz kommen sollen. Umgekehrt beliefert Daimler die Luxusmarke von Nissan, Infiniti, mit grossvolumigen Benzin- und Dieselmotoren. Daimler-Chef Zetsche sieht keine Gefahr, dass sich Mercedes und Infiniti in die Quere kommen: «Wir sehen nicht, dass wir uns gegenseitig Kunden wegnehmen.» Auch die bestehende Einkaufspartnerschaft mit BMW sieht der Daimler-Chef durch das neue Bündnis nicht gefährdet. Er betonte, die Markenidentitäten sollten von der neuen Allianz unberührt bleiben.
Ausser bei Personenwagen wollen die neuen Partner auch bei Nutzfahrzeugen kooperieren. Mercedes-Benz will sein Produktangebot um einen Stadtlieferwagen auf Renault-Basis erweitern. Das Fahrzeug soll von Renault im französischen Maubeuge gefertigt werden. Zudem stellt Renault-Nissan eine neue Einstiegsmotorisierung und Getriebe für den Transporter Mercedes-Benz Vito zur Verfügung.
Die Mitarbeiter von Daimler und Renault erhoffen sich unterdessen durch das Bündnis der beiden Autobauer zusätzliche Arbeitsplätze. Daimler-Chef Dieter Zetsche betonte, die Werke sollten nicht gegeneinander ausgespielt werden.»Wir sehen Möglichkeiten für die Belegschaft in allen Ländern, in denen wir aktiv sind», sagte Zetsche und versprach, mehr Arbeit in den Werken zu schaffen. Renault-Nissan-Chef Carlos Ghosn schränkte aber ein, es ginge in erster Linie um eine bessere Auslastung der bestehenden Kapazitäten. «Ich denke nicht darüber nach, wie viele Arbeitskräfte mehr wir einstellen könnten, nachdem diese Vereinbarung unterzeichnet worden ist.»/dct/she/tw

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