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Daimler und Rolls-Royce bieten 24 Euro je Tognum-Aktie – Joint-Venture (AF)

STUTTGART (awp international) – Der Autokonzern Daimler und der Motorenbauer Rolls-Royce haben ein offizielles Übernahmeangebot für den Friedrichshafener Grossdieselmotorenhersteller Tognum vorgelegt. Sie bieten den Tognum-Aktionären 24 Euro je Anteilsschein, wie die beiden Unternehmen am Mittwoch mitteilten. Das gesamte Angebotsvolumen belaufe sich auf rund 3,2 Milliarden Euro. Am Dienstag war die Tognum-Aktie mit 23,22 Euro aus dem Handel gegangen. Vorbörslich stieg das Papier am Mittwoch auf 23,99 Euro.
Ob die Offerte reicht, ist einem Pressebericht zufolge aber fraglich. Laut “Financial Times Deutschland” (Mittwochausgabe) seien Profiinvestoren nur dann bereit, sich von ihren Anteilen zu trennen, wenn das Angebot deutlich über dem Kurs von 24 Euro beim Börsengang 2007 liege und die guten Geschäftsaussichten für Tognum eingerechnet würden.
MARKTFÜHRERSCHAFT ANGEPEILT
Daimler und Rolls-Royce verwiesen darauf, dass das Angebot 30 Prozent über dem Schlusskurs vom Freitag liege. Als danach das Übernahmeinteresse bekannt wurde, legte die Aktie um mehr als 25 Prozent zu. Den Angaben der beiden Konzerne zufolge liegt das Angebot 22 Prozent über dem Durchschnittskurs der Tognum-Aktie in den vergangenen drei Monaten.
Mit Tognum wollen Daimler und Rolls-Royce nach eigenen Angaben einen globalen Marktführer für Industriemotoren schaffen und dazu ein Gemeinschaftsunternehmen gründen. Darin bringen die Briten ihr bei der Tochter Bergen gebündeltes Geschäft mit Gas- und Dieselmotoren mittlerer Geschwindigkeit ein. Daimler wiederum steuert seine bereits bestehende 28,4-prozentige Beteiligung an Tognum bei. So rechnen der Autokonzern für sich mit Nettoausgaben von rund 900 Millionen Euro für die Übernahme und das neue Gemeinschaftsunternehmen. Rolls-Royce würde rund 1,4 Milliarden Euro zahlen.
ÜBERDURCHSCHNITTLICHES WACHSTUM
“Durch den geplanten Zusammenschluss gewinnen wir eine starke Plattform, um das enorme Marktpotenzial voll auszuschöpfen”, sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche. Das Geschäft mit Industriemotoren wächst nach Einschätzung von Daimler überdurchschnittlich und hat ein Volumen von 30 Milliarden Euro pro Jahr. Arbeitsplätze sollen durch den Zusammenschluss nicht in Gefahr sein.
Für Daimler bedeutet die Tognum-Übernahme eine Rolle rückwärts. Der Dieselmotorenspezialist, der damals noch MTU Friedrichshafen hiess, gehörte schon bis Ende 2005 zum Autokonzern, wurde jedoch vom damaligen Daimler-Chef Jürgen Schrempp an den schwedischen Finanzinvestor EQT verkauft. Das Unternehmen kam im Juli 2007 zurück an die Börse. 2008 erwarb Daimler dann wieder mehr als ein Fünftel an Tognum.
GROSSDIESEL- UND FLUGZEUGMOTOREN
Tognum ist besonders bei Grossdieselmotoren stark, die unter anderem Frachtschiffe, Yachten, Schienenfahrzeuge und Panzer antreiben. Zudem kommen die Motoren in dezentralen Energieanlagen zur Stromversorgung besonders in Schwellenländern zum Einsatz. Auch liefert Tognum Notstromaggregate beispielsweise für Kernkraftwerke. Umgekehrt liefert Daimler den Friedrichshafenern kleinere Dieselmotoren, die sie für Einsatzzwecke jenseits der Strasse umrüsten.
Rolls-Royce baut neben Flugzeugmotoren ebenfalls Motoren für den Einsatz in Marineschiffen und Energieanlagen. Die Tochter Bergen, die in der gleichnamigen norwegischen Küstenstadt angesiedelt ist, liefert vor allem integrierte Lösungen, bei denen neben dem Motor auch Kontrollsysteme und Serviceverträge mit verkauft werden.
BILANZ-PK
Tognum erzielte 2009 einen Umsatz von gut 2,5 Milliarden Euro und beschäftigte zum Jahresende 8.726 Mitarbeiter. Die Zahlen für 2010 will Tognum auf der Bilanzpressekonferenz an diesem Donnerstag (10. März) veröffentlichen./enl/stb/wiz

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