Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Darfur-Entscheid im UNO-Menschenrechtsrat vertagt

Wegen der Vertreibungspolitik arabischer Nomaden ist eine Familie in Darfur auf der Flucht. Keystone

Der Menschenrechtsrat in Genf hat seine Beratungen über die Lage in der sudanesischen Krisenregion Darfur am Dienstag Abend auf Mittwoch vertagt.

NGO befürchteten vor der Tagung, dass der Rat vor einer Spaltung steht. Und dass der Sudan einmal mehr einer Rüge für seine Menschenrechts-Verletzungen entgehen könnte.

Die UNO schätzt, dass seit 2003 mindestens 200’000 Menschen in Darfur getötet wurden. Über 2 Millionen wurden bereits vertrieben. Deshalb behandelte der Menschenrechtsrat, der auf Initiative der Schweiz geschaffen wurde, in einer Sondersession am Dienstag die Lage in Darfur.

Die Rats-Mitglieder folgten damit einem Aufruf des scheidenden UNO-Generalsekretärs Kofi Annan, welcher dem Rat vorwarf, sich einzig auf den Arabisch-israelischen Konflikt zu konzentrieren.

Geschicktes Lavieren der arabischen und muslimischen Länder im Rat hätte dazu geführt, dass alle drei bisherigen Sitzungen des Rates diesem Thema gewidmet waren.

Uneiniger Rat zwischen Resolutions-Entwürfen

Für den Dienstag war die Beratung von zwei Resolutionen vorgesehen. Eine, eingereicht durch Finnland im Namen der Europäischen Union, verlangt ein sofortiges Ende der “groben und systematischen” Gewalt in Darfur.

Die Resolution will ausserdem eine unabhängige Friedens-Mission für die Region. Der Entscheid über die Entsendung einer Expertenmission in den Sudan wurde auf Mittwoch vertagt.

Die andere Resolution, die Algerien im Namen des Afrikanischen Rates eingereicht hat, empfiehlt, dass der Rat eine eigene Mission ins Krisengebiet sendet.

Der Rat blieb zwischen der zwei Resolutions-Entwürfen geteilt.

Rückendeckung durch Regierungen

Zur Sondersitzung meinte Blaise Godet, der Schweizer UNO-Botschafter in Genf, dass eine Mission – wie auch immer geartet – die Rückendeckung der sudanesischen Regierung haben müsse. “Das könnte eine respektierte und weithin bekannte afrikanische Persönlichkeit sein.”

NGO jedoch, welche seit einiger Zeit verlangen, dass die sudanesische Regierung als Mitverantwortliche für die Lage in Darfur bezeichnet wird, sind der Meinung, man sei weit von einem annehmbaren Kompromiss entfernt.

“Es sieht so aus, dass die Sondersitzung mit einer lauen Resolution zu Ende geht, in der die Rolle der Regierung im Sudan bezüglich der Menschenrechtsverletzungen fehlt”, sagte Peter Splinter, der Vertreter von Amnesty International bei der UNO in Genf, vor der Sitzung gegenüber swissinfo.

Die ebenfalls in Genf ansässige Organisation Human Rights Watch bezeichnet die Sondersitzung gar als “Farce”.

Unabhängige Experten

Auch UN Watch befürchteten bereits im Voraus, dass wenig Konkretes herauskommt. Sprecherin Elizabeth Cassidy sagte zu swissinfo, das Beste, das der Rat beschliessen könnte, wäre das Entsenden eines Teams von unabhängigen Experten ins Krisengebiet von Darfur.

Im vergangenen Monat wies der Menschenrechtsrat bei seiner zweiten regelmässigen Sitzung den Versuch zurück, die sudanesische Regierung für die anhaltenden Gräuel in Darfur verantwortlich zu machen. Der Rat entschied sich für eine weniger scharfe Formulierung und rief alle Partein auf, die Übergriffe zu beenden.

Diese schwächere Formulierung war das Resultat einer geschickten Lobbyarbeit der Regierung in Khartum, welche vor Beginn der Sitzung in Genf die Botschafter der afrikanischen Länder zu Konsultationen einlud.

swissinfo und Agenturen

Der UNO-Menschenrechtsrat in Genf, welche die oft kritisierte Menschenrechtskommission ersetzt, hat sich bislang fast ausschliesslich mit der Lage im Nahen Osten befasst.

Die Sitzung zu Darfur ist die vierte Dringlichkeitssitzung, nach zwei Sitzungen zu Palästina und einer zum Libanon.

Der UNO-Menschenrechtsrat tritt mindestens drei mal pro Jahr für mindestens zehn Wochen zusammen. In Dringlichkeitssitzungen reagiert er auf Krisen.

Die Schweiz wurde am 9. Mai 2006 für drei Jahre in den Rat gewählt.

Wenn ein Land eine Sondersession einberufen will, muss es von 16 Mitgliedsstaaten unterstützt werden.

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft