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Das Jahrhundert des Bildes – Der surrealistische Cocktail

Wie hat die Photographie das Jahrhundert wiedergegeben? Mit welchen Werkzeugen, welchen Tricks? Das elfte der zwölf vom Musée de l'Elysée in Lausanne ausgewählten Bilder: "Le violon d'Ingres" (1924) von Man Ray.

Ingres hat eine berühmte Odaliske gemalt. Und in seinen Mussestunden spielte er Geige. Das war sein “violon d’Ingres”, sein Hobby also. Man Ray liebte die Malerei ebenso sehr wie die Photographie. Und die Frauen. Und er hatte surrealistische Freunde. All diese Elemente zusammen und gut durchmischt führen uns zu diesem sehr berühmten Bild des schönen Rückens einer Odaliske, harmonisch verziert mit zwei Schallöffnungen. Das ist kultiviert, intelligent und spassig.

Man Ray wurde am 27. August 1890 als Emmanuel Radnitsky in Philadelphia geboren. Zunächst widmete er sich dem Zeichnen und dem Malen von Aquarellen. Seinen ersten Photoapparat kaufte er übrigens, 1915, um seine Bilder aufzunehmen …

Mit dem Dadaismus kam Radnitsky zum ersten Mal durch Marcel Duchamp in den USA in Kontakt. Dann traf Man Ray 1921 in Paris all die Freigeister an, um die man damals nicht herumkam: Tristan Tzara, Erik Satie, Jean Cocteau, dann Picasso, Eluard… Von da an gehörte Man Ray zu den unzähligen Künstlern jener Jahre, welche der Stadt ihren Glanz verliehen. Zwar verliess er Paris 1940 – aus verständlichem Grund – 1951 aber kehrte er zurück und lebte dort bis zu seinem Tod, im November 1976.

Gemälde. Photographien. Montagen. Bücher. Filme. Die Kunst von Man Ray ist vielfältig. Und “Le violon d’Ingres” ist recht repräsentativ für seine vielgestaltige Produktion. “Dieses Bild zeigt einen wichtigen Augenblick in der Photographie: den Surrealisten ist jedes Ausdrucksmittel recht, um Kunst zu machen. Es ist eine Art, die künstlerischen Praktiken ans Licht zu bringen. Die Malerei ist nicht über alles erhaben, die Photographie nicht leicht minderwertig, das war keine Frage mehr. Interessant ist die Mischung von verschiedenen möglichen Ausdrucksmitteln”, führt Daniel Girardin, der Konservator des Musée de l’Elysée, aus.

Und das stiess bei der Öffentlichkeit auf grosses Interesse: die Violinenfrau von Man Ray ist ein Star. Sie ist überall anzutreffen, so wie er sie aufgenommen hat oder abgeändert, je nach Anlass oder Geschmack. Die Mona Lisa der Photographie?

Bernard Léchot

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