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Das Letzigrund-Oval, Ort der WM-Revanchen

Die Sprinter sind die Stars des Abends, auch wenn Asafa Powell (vorne rechts) fehlt. Keystone

Kaum sind die Leichtathletik-Weltmeisterschaften von Helsinki vorbei, haben die Unterlegenen Gelegenheit zur Revanche: Am Meeting Weltklasse Zürich.

Die Sportgala von Freitagabend bringt 15 frischgebackene Weltmeister ins Letzigrund-Stadion und ist eine erstklassige Visitenkarte der Limmatstadt.

Als Top-Affichen wurden die Sprints über 100 Meter angekündigt. Doch der Haupt-Event des Abends, das Duell zwischen dem neuen Doppel-Weltmeister Justin Gatlin aus den USA und Asafa Powell ist geplatzt. Der Weltrekordhalter aus Jamaica, der schon in Finnland passen musste, ist nach einer Adduktorenverletzung noch nicht fit genug und musste kurzfristig absagen.

Bei den Frauen dagegen steht die Revanche: Die Französin Christine Arron will ihre schmerzliche Niederlage gegen Lauryn Williams (USA) wettmachen.

So oder so: Der Zuschaueraufmarsch ist für den veranstaltenden Leichathletik-Club Zürich (LCZ) gesichert. Die 22’000 Sitzplätze im Letzigrund werden ausverkauft sein, wie immer in den letzten Jahren.

Stars hautnah

Athleten aus der Schweiz werden beim Publikum in Zürich kaum für Jubel sorgen. André Bucher, der Ex-Weltmeister von 2001, ist zwar im hochkarätigen Feld über 800 Meter dabei, wird aber mit den Schnellsten kaum mithalten können.

Freuen dagegen konnten sich bereits am Mittwoch 1500 per Los ausgewählte Schülerinnen und Schüler: Im Rahmen von “Jugend trainiert mit Weltklasse” erhielten sie von Top-Stars wie der 200m-Weltmeisterin Allyson Felix Tipps aus erster Hand. Und natürlich die begehrten Autogramme.

Der Anlass für die Jugend sei zum äusserst populären Event geworden, erklärte Christoph Schmid, Medienchef des Meetings, gegenüber swissinfo. Es lägen jeweils sehr viel mehr Anfragen vor als die 1500 zu vergebenden Tickets. “Wir betreiben damit aber auch Nachwuchsförderung für die Leichtathletik im allgemeinen und für den LC Zürich im Speziellen.”

Ob sich diese event-orientierte sportliche Jugendarbeit bereits auszahle, konnte Schmid – zumindest für den LCZ – nicht in Zahlen ausdrücken, da viele der 1500 Kinder nicht aus Zürich selber stammten. “Sie hat aber sicherlich schon Früchte getragen.”

Harte Konkurrenz, auch für Organisatoren

Mindestens ebenso gefordert wie die Athletinnen und Athleten sind am Freitag die Organisatoren des Anlasses. Das Produkt Golden League, in dem die sechs wichtigsten Leichtathletik-Meetings gemeinsam vermarktet werden, hat sich nicht durchgesetzt.

Die Veranstalter der Edel-Serie wollen deshalb für 2007 das Produkt Spitzenleichtathletik neu lancieren. Genaueres wird in den kommenden Wochen erwartet.

Harter Verteilkampf

Der Grund für die Neuausrichtung: Die harte TV-Konkurrenz durch die Champions League, den Spitzen-Wettbewerb des europäischen Klubfussballs, und die Formel 1.

Diese hochprofessionell vermarkteten Serien binden bei den TV-Anstalten mittlerweile dermassen viel Geld für die Übertragungsrechte, dass die Leichtathletik zum Stiefkind der Unterhaltungs-Industrie abzusinken droht.

Dabei haben die Zürcher mit ihrem Budget von knapp sechs Mio. Franken noch gute Karten: Sie haben über die Jahre ein Paket geschnürt, das aus starker TV-Präsenz, erstklassiger Athletenbetreuung, komfortabler Rückendeckung durch Sponsoren und einem treuen und begeisterungsfähigen Publikum besteht.

Die Veranstalter vom LCZ rühmten sich nicht von ungefähr, im Letzigrund den besten Anlass der Welt auszurichten. Doch mittlerweile mussten auch sie Abstriche hinnehmen: Im Ranking des Internationalen Leichtathletikverbandes (IAAF) wurde Weltklasse Zürich vom Golden-League-Meeting in Brüssel übertrumpft.

Was bringen die Scheinwerfer auf Zürich?

Die alljährliche Glamour-Show der austrainierten Körper ist ein erstklassiger Werbespot, in dem sich Zürich während drei Stunden dem globalen TV-Publikum als “lässige Sportstadt” präsentieren kann, wie Maurus Lauber von Zürich Tourismus gegenüber swissinfo sagt.

Zwar kann der Marketingleiter nicht beziffern, wie viele Franken der Anlass der Stadt bringt. “Gibt es Weltrekorde oder herausragende Jahresweltbestleistungen, geht das um die Welt, und daraus resultiert im Tourismus eine imagemässige Wertschöpfung”, glaubt Lauber.

Nicht zu kurz kommt natürlich auch der Veranstalter selber: Jedes Jahr fliessen aus den Meeting-Einnahmen 500’000 Franken in die Kasse des LCZ. Im Gegensatz zum Nachwuchs mit konkret messbaren Folgen: Die Athleten des LC Zürich dominieren seit Jahren die Schweizer Vereins-Meisterschaft.

swissinfo, Renat Künzi

Weltklasse Zürich wurde erstmals 1928 ausgetragen und ist damit eines der traditionsreichsten Leichtathletik-Meetings.
Bisher wurden auf dem Letzigrund 23 Weltrekord aufgestellt.
Das Budget beträgt 5,8 Mio. Franken.
Sponsoringanteil: 80 Prozent inklusive Verkauf von TV-Rechten.
TV-Übertragung in über 150 Länder.
Anzahl akkreditierte Medienschaffende: 465.

In Zürich sind 15 Weltmeister von Helsinki am Start.

Die Golden League – die Serie der sechs wichtigsten Meetings – wird Ende 2006 eingestellt.

Wer in seiner Disziplin alle sechs Golden-League-Meetings gewinnt, knackt den Jackpot von einer Mio. Dollar.

Nach den ersten drei Meetings sind nur noch zwei Athletinnen im Rennen: Christine Arron (F, 100 m) und die russische Dreispringerin Tatjana Lebedewa.

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