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Der Balanceakt zwischen Beruf und Familie

Noch immer leistet die Frau weit mehr Familien- und Hausarbeit als der Mann, auch wenn sie arbeitet. Keystone

Der Wirtschaft geht es gut, die Arbeitslosenquote ist so tief wie schon lange nicht mehr. Im nahezu ausgetrockneten Stellenmarkt sind Frauen wieder gefragt. Auch Mütter. Für eine Frau mit Familie ist es aber immer noch ein Kraftakt, Beruf, Karriere und Kinder unter einen Hut zu bringen.

“Ich bin immer partiell in verschiedenen Bereichen tätig: Am Morgen bin ich Mutter und Hausfrau, dann fahre ich per Velo zur Arbeit, wo mich die nächsten Neuigkeiten erwarten, am Abend bin ich wieder Familienfrau. Das ist einerseits sehr interessant, andererseits auch energieraubend.”

Barbara Breitenstein ist 40 Jahre alt, Mutter eines 10-jährigen Knaben und arbeitet zu 70 Prozent als Berufsschullehrerin im Gesundheitswesen in Bern. Gefragt sei eigentlich ein Organisationstalent: ihr Partner und sie müssten sich ständig absprechen, um die Hausarbeit und die Betreuung des Sohnes aufzuteilen.

Als Barbara Breitenstein Mutter wurde, studierte ihr Partner noch, und sie musste für die Familie aufkommen. Das bedingte, einen Krippenplatz zu finden, was nicht einfach war, fehlen doch alleine in der Stadt Bern zur Zeit mehrere Hundert Krippenplätze.

“Mit der Mutterschaft begann die Karriere”

Zunächst arbeitete Barbara Breitenstein zehn Jahre als Krankenschwester. Als ihr Sohn ein Jahr alt war, begann sie eine zweieinhalbjährige Ausbildung zur Berufsschullehrerin. Die Ausbildung wurde vom Betrieb bezahlt. In den letzten Jahren bildete sie sich kontinuierlich weiter.

Verbesserung der familienexternen Betreuung

“Um den Frauen ihren Alltag zwischen Berufs- und Familienarbeit zu erleichtern, ist eine professionelle Kinderbetreuung nötig, welche die Hauptarbeitszeiten der Gesellschaft abdeckt.” Zudem, so Barbara Breitenstein, müssten mehr Teilzeitstellen, auch in Kaderposition, geschaffen werden. Dass die Frauen in der Arbeitswelt wieder gefragt seien, sei zwar positiv. Die Frage aber bleibe: “Wer nimmt der Frau die innerhäusliche Arbeit ab und das ganze Jonglieren mit den Kindern von Punkt A nach Punkt B, wenn sie wieder ins Erwerbsleben einsteigt?”

Die Rolle des Mannes

“Man kann immer noch vom altbekannten Klischee ausgehen: die Frau schaut, dass es der Familie gut geht. Sie packt dort an, wo sie gebraucht wird.” Der Mann, so Barbara Breitenstein, sei zielorientiert und karrierebewusst. Wenn man erreichen könnte, dass die Männer, um weiterzukommen, auch ihren Teil innerhalb der Familie oder des sozialen Kontextes leisten müssten, dies fast eine Bedingung wäre, könnte es einen Anreiz schaffen. “Ich denke, für Männer braucht es Anreize, um Familienarbeit zu erledigen.”

Engagement für Chancengleichheit

Die Beratungsstelle “und…” hat sich die Verwirklichung der Chancengleichheit zum Ziel gemacht. “Erwerbsarbeit und Familienarbeit gehören zusammen. Das “und” im Label verbindet diese zwei Bereiche sowie die beiden Geschlechter Mann und Frau”,sagt Daniel Huber, Geschäftsführer der Beratungsstelle.

Die Beratungsstelle “und…” hat einen Kriterienkatalog entwickelt, der Firmen und Verwaltungen dabei helfen soll, familienfreundliche Arbeitsbedingungen zu schaffen. Geprüft werden Arbeitszeit-Modelle, Anstellungsbedingungen und Kinderbetreuung.

Familienfreundlicher Betrieb

Gemäss Barbara Breitenstein und Daniel Huber zeichnet sich ein innovativer Betrieb dadurch aus, dass er Teilzeitarbeit auf allen Ebenen fördert, flexible Arbeitszeitmodelle und Weiterbildungs-Möglichkeiten anbietet sowie Betriebs-Krippen unterstützt.

Gaby Ochsenbein

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