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Die Aussenministerin will Volkes Stimme hören

Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey will wissen, was die Leute denken. Keystone

Schweizerinnen und Schweizer, die bei aussenpolitischen Themen mitreden wollen und können: Das wünscht sich Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey.

Um den Puls des Volkes zu fühlen, hat das Aussenministerium eine Broschüre veröffentlicht, mit Fragen zu aktuellen Themen wie Friedensbemühungen, Neutralität oder Entwicklungszusammenarbeit.

Ist die Neutralität ein alter Zopf? Wird die Schweiz im Ausland gut vertreten? Sollte sie mehr für den Frieden tun? Die Bundespräsidentin und Aussenministerin möchte die Meinungen und Anliegen der Bevölkerung erfahren. Sie wünscht sich einen Dialog über die Schweizer Aussenpolitik.

Deshalb hat das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) die Broschüre “Die Aussenpolitik im Dialog” publiziert.

Auch online

Die Broschüre enthält einen Fragebogen, der per Post oder Internet ans EDA retourniert werden kann.

An sechs verschiedenen Themen zeigt das EDA seine Arbeit auf. Vorgestellt werden Aktivitäten in den Bereichen Neutralität, Friedens- und Europapolitik, die Schweiz und internationale Organisationen, Entwicklungszusammenarbeit und Schweizer Botschaften im Ausland.

Zu diesen sechs Pfeilern der Schweizer Aktivitäten auf der politischen Weltbühne können die Bürgerinnen und Bürger ihre Meinungen abgeben.

Kein Abseitsstehen

“Es ist wichtig, dass die Bevölkerung versteht, wie die Schweizer Aussenpolitik funktioniert”, betonte Calmy-Rey bei der Präsentation des Büchleins in Bern. Sie wünsche sich aber auch, dass Bürgerinnen und Bürger Fragen stellten, Kritik übten oder Vorschläge ausarbeiteten.

“Wir sind keine Insel und die Welt verändert sich rasant. Um Probleme zu lösen, braucht es Zusammenarbeit”, legte die Bundespräsidentin dar. Wenn die Schweiz nicht aktiv mitarbeite, handle sie nicht nur unsolidarisch, sondern sie müsse auch passiv Lösungen übernehmen, ohne mitsprechen zu können.

Mit der Broschüre sind jetzt alle Menschen in der Schweiz eingeladen, von ihrer Möglichkeit zur Mitsprache Gebrauch zu machen.

“Nichts Aussergewöhnliches, aber nötig”

So ein Pulsfühlen sei nichts Aussergewöhnliches, und auch nichts Neues, sagte Hans Hirter vom Institut für Politikwissenschaft der Universität Bern. “Anderseits ist die Pulsfühlung beim Volk in der Aussenpolitik nötiger als bei innenpolitischen Themen, bei denen sich die Leute besser auskennen.”

Man dürfte aber auch nicht zuviel erwarten. Die recht umfangreiche Broschüre müsse man ja selbst bestellen, also schränke dies den Kreis auf die ohnehin an Aussenpolitik Interessierten ein, schätzt Hirter.

“Es läuft keine breite Kampagne ab, wie bei anderen Anliegen, beispielsweise dem Kampf gegen Aids.” Hirter hofft, dass die Medien das Thema aufnehmen, so dass die Diskussion hinausgetragen werde.

“Echter Dialog”

Der Politikwissenschafter Laurent Goetschel, Professor am Europainstitut der Universität Basel, hält die Initiative des EDA für einen echten Versuch, mit den Bürgern in einen Dialog zu treten und nicht für ein PR-Manöver. Ihn würde namentlich interessieren, wie viele Personen mitmachten, wie er gegenüber swissinfo sagte.

Dem Volk nicht aufs Maul schauen

Es handle sich nicht um eine Umfrage unter der Bevölkerung, präzisierte die Bundespräsidentin. Vielmehr wolle das EDA herausfinden, was die Leute denken.

Der verstärkte Einbezug der Menschen bedeutet auch nicht, dass sie bei der Aussenpolitik dem Volk künftig nach dem Maul reden will. Nach wie vor ist sie es, die den aussenpolitischen Kurs der Schweiz bestimmt. Die Antworten würden aber sicher Einfluss auf Entscheidungen des EDA haben, sagte sie.

swissinfo und Agenturen

Diskutieren Sie mit!
swissinfo trägt mit einem Blog zum Dialog bei. Äussern Sie dort ihre Meinung zur schweizerischen Aussenpolitik.

Per Fragebogen oder Internet sind alle Menschen in der Schweiz aufgerufen, sich zu folgenden Fragen zu äussern:

Die Neutralität – ein alter Zopf?

Wird die Schweiz im Ausland gut vertreten?

Sollte die Schweiz nicht viel mehr für den Frieden tun?

Hat die Schweiz mit dem UNO-Beitritt an Ansehen gewonnen?

Der EU beitreten oder die heutige Politik weiterführen?

Was nützt die Entwicklungszusammenarbeit?

Die Aufklärung setzt den “räsonierenden” (mündigen, emanzipierten) Bürger ins Zentrum politischer Debatten. Diese sollen leidenschaftlich, aber dennoch rational geführt werden.

Dieses so genannte Bottom-Up-Modell (von unten herauf) löste das Top-Down-Modell ab, in welchem eine Obrigkeit Befehle hierarchisch nach unten gab.

Grundlegend für eine politische Öffentlichkeit sind Medien, welche die Verbreitung von Informationen ermöglichen.

Das Medium Internet stellt eine moderne Möglichkeit dar, sehr viele Menschen in einen Dialog einzubinden.

Genau dies beabsichtigt das Schweizerische Aussenministerium mit der Broschüre und dem Internetauftritt “Aussenpolitik im Dialog”.

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