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Die Menschenrechte werden stark politisiert

Vierte Session des Menschenrechtsrates ist zu Ende. Keystone

Zum Abschluss der vierten Session des Menschenrechtsrats stellt Andrew Clapham fest, dass diese Institution die Politisierung ihrer Arbeiten kaum vermeiden könne.

Der zukünftige Direktor der Akademie für Internationales humanitäres Recht und Menschenrechte relativiert allerdings die Bedeutung von politischen Blöcken im Rat.

Bis Mitte Juni soll der Menschenrechtsrat über die Annahme einer Reihe von Arbeitsmethoden abstimmen, die er von der ehemaligen Menschenrechtskonvention übernehmen könnte.

Zu diesen gehören Untersuchungen von unabhängigen Experten (Sonderberichte) und die Einsetzung eines neuen Instruments (universelle periodische Tests), welche die Menschenrechts-Situation weltweit prüft.

Am Ende der vierten Session des Menschenrechtsrats nimmt Andrew Clapham, ab September neuer Direktor der Akademie für Internationales humanitäres Recht und Menschenrechte, Stellung zu den wichtigsten Kritikpunkten, denen sich der Rat ausgesetzt sieht.

swissinfo: Den Mitgliedern des Rates wird oft vorgeworfen, einem Blockdenken zu folgen. Teilen Sie diese Kritik?

Andrew Clapham: Hin und wieder spricht ein Land im Rat im Namen einer Gruppe, so geschehen bei der Europäischen Union (EU). Das hat die afrikanischen und islamischen Ländern bewogen, das gleiche zu tun. Doch das Blockdenken geschieht nicht systematisch.

Nach meiner Erfahrung arbeiten die Mitglieder bei Fragen des Ablaufs und der Strategien des Rats immer weniger in Blöcken.

Diese haben sich vor allem bei der Diskussion über Israel herausgebildet, etwas weniger stark beim Thema Darfur.

swissinfo: Findet in dieser Institution nicht eine Konfrontation zwischen Demokratien und Diktaturen statt? Warum spielen Kuba und Algerien eine so wichtige Rolle im Rat?

A.C.: Die Diplomaten dieser Länder haben mehr Erfahrung als viele andere. Die kubanischen Diplomaten haben sich diese in ihrem Kampf gegen das Embargo der USA erworben.

Wenn sie im Menschenrechtsrat so kämpferisch sind, kommt dies daher. Ohne die unabhängige Expertin Christine Chaney, die die Situation der Menschenrechte in Kuba überprüft, würden sie sicher anders reagieren.

swissinfo: Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Dynamik des Sicherheitsrats und derjenigen des Menschenrechtsrats?

A.C.: Tatsächlich versuchen einzelne Länder, den Menschenrechtsrat als Gegenkraft zum Sicherheitsrat einzusetzen, weil sie dort ihre Resolutionen nicht durchsetzen können.

Bei einem Veto des Sicherheitsrats über eine Resolution gegen Israel erscheint das Thema anschliessend in Genf.

swissinfo: Die Menschenrechte laufen also einmal mehr Gefahr, instrumentalisiert zu werden.

A.C.: Wenn Sie Regierungen in einer Menschenrechts-Institution zusammen bringen, werden die ihre je eigene Aussenpolitik verteidigen. Sie werden nie objektiv sein wie Experten oder Richter. Das Thema wird immer politisiert.

Aus diesem Grund hoffe ich, dass die weltweiten periodischen Kontrollen zur Teilnahme der unabhängigen Experten im Rat führen, um eine gewisse Objektivität zu garantieren.

Falls dies gelänge, hätten wir ein Instrument, das die Situation der Menschenrechte weltweit untersuchen könnte – erstmals seit Schaffung der UNO.

swissinfo-Interview: Frédéric Burnand, Genf
(Übertragung aus dem Französischen: Susanne Schanda)

Andrew Clapham hat bis 1997 Amnesty International am Sitz der Vereinten Nationen in New York vertreten. Seither ist er Professor für internationales Recht am Institut für Internationale Studien.

Im September wird er Direktor der Akademie für Internationales humanitäres Recht und Menschenrechte, die das ehemalige Centre Universitaire de Droit International Humanitaire (CUDIH) in Genf ablöst.

Das Institut bietet Universitäts-Diplome, Forschung und Weiterbildung für die UNO-Diplomaten.

Sein Ziel ist eine Annäherung zwischen der akademischen Welt und dem UNO-Menschenrechtsrat.

Der UNO-Menschenrechtsrat hat am Freitag eine Resolution zu Darfur angenommen.

Ohne Gegenstimme verabschiedete das Gremium die Resolution, die eine Arbeitsgruppe einsetzt. Diese soll die Empfehlungen der UNO zur Lösung der Krise umsetzen.

Die Europäische Union (EU) und – stellverstretend für die afrikanischen Länder – Algerien haben sich auf einen Kompromiss geeinigt.

Die Schweiz hat ihre Zufriedenheit ausgedrückt und Sudan eingeladen, mit der am Freitag geschaffenen Arbeitsgruppe zusammenzuarbeiten.

Diese wird sich an der nächsten Sitzung des Rats vom 11. bis 18. Juni äussern.

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