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Die Parlamentswahlen: wie funktionieren sie?

Am 23. Okober wählt das Stimmvolk 200 Nationalräte und fast alle Ständeräte neu. Keystone

Der 23. Oktober 2011 ist in nächster Zeit der wichtigste Termin auf der politischen Agenda der Demokratie Schweiz. An diesem Sonntag bestellt das Schweizer Stimmvolk das Eidgenössische Parlament neu.

Das Schweizer Parlament besteht aus zwei Kammern, wie viele Parlamente in andern Ländern. Der Nationalrat ist die Volkskammer, die grosse Parlamentskammer, der Ständerat ist die Kantonskammer, die dem Senat anderswo entspricht.

Im Vergleich zu den USA oder Frankreich kann das Eidgenössische Parlament zwar nicht einzelne Minister absetzen, aber es hat etwas mehr Macht, weil es die Zusammensetzung der Landesregierung (Bundesrat) und damit die politische Ausrichtung des Landes bestimmen kann.

Dies wird Anfang Dezember erneut der Fall sein. In diesem Zusammenhang spricht man von einer halbdirekten Demokratie.

Jeder Kanton ein Wahlkreis

Am 23. Oktober 2011 wählt das Schweizer Stimmvolk im In- und Ausland den Nationalrat (200 Sitze) und praktisch den gesamten Ständerat neu.

Die Stimmberechtigten können nur Kandidierenden die Stimme geben, die in ihrem Wohnkanton zur Wahl stehen. Auch Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer wählen in jenem Kanton, in welchem sie im Wahlregister eingetragen sind.

Stimm- und wahlberechtigt sind alle Schweizer Bürgerinnen und Bürger ab 18 Jahren. Sie dürfen auch kandidieren (passives Wahlrecht). Auch Schweizerinnen und Schweizer im Ausland können sich seit 1977 beteiligen. Dieses Jahr kandidieren einige von ihnen für den Nationalrat.

Differenzierte Möglichkeiten

Bei der Gesamterneuerungswahl des Nationalrats wird das Proporzwahl-System angewendet. Dieses soll für eine möglichst gerechte Verteilung der erhaltenen Stimmen auf die einzelnen Parteien sorgen.

Denn die Wählenden geben ihre Stimme in erster Linie an eine Partei und erst in zweiter Linie an Personen. Bei der Auszählung werden zuerst die Parteistärke pro Kanton ermittelt und die Sitze entsprechend auf die Parteien verteilt. Erst dann erhalten jene Kandidierenden mit den meisten Stimmen einen Sitz.

“In vielen Proporz-Systemen des Auslands können Sie bestenfalls eine Vorzugsstimme für einen Kandidaten abgeben und daneben eine Stimme für die Partei”, erklärt Hans-Urs Wili, Leiter der Sektion Politische Rechte der Bundeskanzlei, gegenüber swissinfo.ch.

“Bei uns kann man je nach Grösse des Kantons die Stimme weiter differenzieren und sagen, ich gebe vier Fünftel dieser Partei und einen Fünftel jener Partei, weil ich da noch einen Kandidaten der Gegenpartei recht gut finde.”

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Nationalrat

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Der Nationalrat ist die Schweizer Parlamentskammer (Legislative) der Volksvertreter oder Abgeordneten (Grosse Kammer). Der Rat zählt 200 Parlamentarierinnen und Parlamentarier und vertritt das Schweizer Volk. Auf je 35’000 Einwohnerinnen und Einwohner eines Kantons kommt derzeit ein Mitglied im Nationalrat. Das einzelne Ratsmitglied wird “Nationalrat” oder “Nationalrätin” genannt. Nationalrat und Ständerat bilden zusammen die Vereinigte Bundesversammlung…

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Mehr Einwohner, mehr Sitze

Die 200 Sitze der grossen Kammer werden je nach Grösse der Bevölkerung eines Kantons zugeteilt. Als Grundregel gilt: ein Nationalratssitz pro 36’000 Einwohnerinnen und Einwohner.

Jeder Kanton hat als eigener Wahlkreis jedoch Anrecht auf mindestens einen Sitz, auch wenn er kleiner ist. So stellt beispielsweise der Kanton Zürich 34 Abgeordnete, der Kanton Uri nur eine Person. Änderungen in der Verteilung werden alle zehn Jahre aufgrund der neusten Volkszählung vorgenommen.

Der Nachteil dieses Systems: Kleinere Parteien haben nur in grösseren Kantonen eine Chance auf einen Sitzgewinn. “Die grossen Parteien haben dann einen Vorteil, wenn die kleinen sich nicht durch Listenverbindungen ebenfalls gross gemacht haben”, bemerkt Wili dazu.

Ständerat: Nur für die Grossen

Noch weniger Chancen haben kleine Parteien in der Kantonskammer, dem Ständerat. Denn hier ist die Anzahl Vertreterinnen und Vertreter auf zwei limitiert. Uri und Zürich haben also das gleiche Gewicht.

Nur einen Sitz erhalten die Halbkantone Obwalden, Nidwalden, Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden.

Derzeit sind 43 der 46 Sitze im so genannten “Stöckli” von Vertreterinnen und Vertreter der vier Regierungsparteien besetzt: 15 stellt die Christlichdemokratische Volkspartei (CVP), 12 die Freisinnig-Demokratische Partei (FDP), 9 die Sozialdemokratische Partei (SP) und 7 die Schweizerische Volkspartei (SVP).

Ausser im Kanton Jura wird bei der Wahl in den Ständerat das Majorz-System angewendet. Gewählt ist, wer die meisten Stimmen erhält.

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Ständerat

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Der Ständerat ist die Schweizer Parlamentskammer (Legislative) der Kantonsvertreter (Senat, Kleine Kammer). Er zählt 46 Mitglieder, welche die Kantone vertreten. Jeder Kanton ist ungeachtet seiner Einwohnerzahl mit zwei, die Halbkantone mit einem oder einer Abgeordneten vertreten. Als Halbkantone gelten Obwalden, Nidwalden, Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden. Das einzelne Ratsmitglied wird “Ständerat” oder “Ständerätin”…

Mehr Ständerat

Wahlsystem Nationalrat: Proporz
Anzahl Sitze: 200
Der Nationalrat vertritt das Schweizer Volk

Wahlsystem Ständerat: Majorz
Anzahl Sitze: 46
Der Ständerat vertritt die Schweizer Kantone

Schweizerinnen und Schweizer, die im Ausland leben, können sich eine Heimat- oder eine ihrer früheren Wohnsitz-Gemeinden als Stimmgemeinde auswählen und sich dort registrieren lassen.

Von den rund 700’000 Schweizerinnen und Schweizern im Ausland haben sich rund 130’000 in einem Stimm- und Wahlregister eingetragen.

Schweizerinnen und Schweizer im Ausland dürfen auch gewählt werden (passives Wahlrecht).

Bis heute aber ist niemandem der Sprung aus dem Ausland ins Parlament gelungen.

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