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Die positiven Punkte der Migration anerkennen

DEZA-Direktor Fust mit Safiye Cagar von der UNFPA bei der Präsentation des Bericht. Keystone

Ein zu strenges Ausländergesetz könnte den eigenen Interessen der Schweiz zuwider laufen, warnt der Chef der Schweizer Entwicklungshilfe, Walter Fust.

Die Schweiz müsse auch ihren künftigen Bedarf an ausländischen Arbeitskräften im Auge behalten, sagte Fust bei der Veröffentlichung des UNO-Weltbevölkerungsberichts in Genf.

Er sei angehalten, die Position der Landesregierung mitzutragen, so Fust. Und diese unterstütze die strengere Gesetzgebung im Ausländer- und Asylbereich, über welche das Schweizer Stimmvolk am 24. September abstimmt,

Aber er müsse eingestehen, dass es auf beiden Seiten Argumente gebe, denen er “aus dem Blickpunkt der internationalen Entwicklungshilfe” widersprechen müsse.

Das neue Ausländergesetz will den Zugang zum schweizerischen Arbeitsmarkt für Personen von ausserhalb der EU und der EFTA erschweren und teilweise kontingentieren.

Das verschärfte Asylgesetz sieht unter anderem vor, dass Asylsuchende, welche nicht innerhalb von 48 Stunden ein Identitätsdokument vorweisen können, ausgeschafft werden und ihren Anspruch auf humanitäre Aufnahme verlieren.

Die Schweiz braucht Migration

Fust warnte davor, die Migration mit der Debatte um das Asylrecht zu vermischen. Mit der Überalterung der Bevölkerung müsse sich das Land auch die Frage der zukünftigen Arbeitskräfte stellen.

“Leider wird die Notwendigkeit der Migration nicht auf eine positive Weise betrachtet. Wenn wir die Schweiz wohlhabend und ihre Wirtschaft gesund erhalten wollen, dann brauchen wir Migration und es ist an der Zeit, dass unsere Bürgerinnen und Bürger das zur Kenntnis nehmen”, sagte DEZA-Direktor Walter Fust, gegenüber swissinfo.

Gemäss dem am Mittwoch in Genf veröffentlichten UNO-Weltbevölkerungsbericht 2006 leben 191 Mio. Menschen fern ihrer Heimat – mehr als je zuvor. Fast die Hälfte davon sind Frauen. Als Opfer von Menschenhandel und Ausbeutung seien sie besonders verwundbar, heisst es im Bericht.

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Deza

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) ist die Agentur für internationale Zusammenarbeit im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA). Sie ist Teil der Schweizer Behörden (Verwaltung) und zuständig für die Gesamtkoordination der Entwicklungs- und Ostzusammenarbeit mit andern Bundesämtern sowie für die humanitäre Hilfe der Schweiz.

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Menschenhandel – eine lukrative Branche

Vor allem ausländische Hausangestellte litten unter schlechter Bezahlung, Missachtung ihrer Privatsphäre und häufig auch Gewalt.

Jedes Jahr werden Millionen von Migrantinnen Opfer von Menschenhandel, Misshandlungen und Ausbeutung am Arbeitsplatz. Dies gelte insbesondere für Frauen auf der Flucht.

Schätzungsweise 1,2 Mio. Menschen würden jedes Jahr über Staatsgrenzen hinweg verschleppt und verkauft. Die meisten landen in der Sexindustrie. 80% von ihnen seien Frauen und Mädchen.

Gemäss dem UNO-Bevölkerungsfonds (UNFPA) ist der Menschenhandel nach dem Drogen- und Waffenhandel weltweit die drittlukrativste illegale Branche. Geschätzter Jahresumsatz: zwischen 7 und 9 Mrd. US-Dollar.

Schweiz: Doppelmoral

Die Probleme würden von den politischen Verantwortlichen zum grossen Teil ignoriert, heisst es weiter. Die restriktive Einwanderungspolitik vieler Länder verhindere eine sichere und legale Immigration. Dadurch würden Millionen von Migranten, darunter auch Frauen und Kinder, Opfer von skrupellosen Schleppern.

Der UNFPA appelliert deshalb an die Staaten, dazu beizutragen, dass die Migration weniger gefährlich und gerechter wird. Menschenhändlern müsse das Handwerk gelegt werden.

Auch die Schweiz sei mit ihrem “doppelten Standart” bei den so genannten Kabarett-Tänzerinnen kein Musterland, kritisierte Walter Fust.

“Hier haben wir verschiedene Massstäbe in der Wahrnehmung und auch verschiedene moralische Massstäbe. Meines Erachtens muss sich die Politik früher oder später mit diesem Thema beschäftigen.”

Die Situation sei nicht vereinbar mit den Menschenrechten und “sogar mit der eigenen Gesetzgebung”.

swissinfo

68% der Angestellten im Gesundheitswesen von Zimbabwe wollen auswandern.

Nur 19 Länder – darunter die Schweiz – kennen eine gesetzliche Regelung für die Arbeit von Hausangestellten.

Junge Menschen zwischen 10 und 24 Jahren machen rund einen drittel der Migranten aus.

Nächste Woche findet zum Thema Migration in New York eine Konferenz der UNO statt.

Gemäss dem UNO-Bevölkerungsfonds sind fast die Hälfte aller Migranten Frauen. Weltweit sind es 95 Millionen.

Indem sie ihre Familien in der Heimat materiell unterstützen, leisten diese Frauen einen wichtigen Beitrag zur Armutsbekämpfung in den Entwicklungsländern.

Sie haben gemäss dem Bericht im Jahr 2005 schätzungsweise 232 Mrd. US-Dollar in ihre Heimatländer überwiesen.

Die Migrantinnen stammen aus Asien, Lateinamerika, der Karibik und Afrika und wandern nach Europa, Nordamerika und den Golf-Staaten aus.

Gemäss dem Bericht sind die arbeitsrechtlich kaum geschützt.

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