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Die Rezepte des Doktor Couchepin

Auch bei Bandagen wird künftig gespart im Gesundheitswesen. Keystone

Innenminister Pascal Couchepin stellt ein Paket an Massnahmen vor, um die Kosten im Gesundheits-Wesen um mindestens 86 Mio. Franken zu senken.

Mit Unterstützung der Regierung sollen Patienten dazu gebracht werden, Generika statt teure Original-Medikamente zu wählen.

Den doppelten Selbstbehalt bezahlen muss, wer ab 2006 statt eines günstigen Generikums das teure Original-Medikament bezieht. Diese Massnahme ist Teil eines Pakets, mit dem der Bundesrat ab kommendem Jahr die Gesundheitskosten um mindestens 86 Mio. Franken senken will.

Die in mehrere Pakete aufgeteilte Teilrevision des Krankenversicherungs-Gesetzes (KVG) komme im Parlament “nicht sehr schnell voran”, sagte Bundesrat Pascal Couchepin am Mittwoch vor den Medien im Bundeshaus.

Unterdessen stiegen die Gesundheitskosten weiter. “Wir müssen deshalb handeln mit dem, was wir haben”, sagt Couchepin.

Lieber Markt als Befehle

Ein (nicht bezifferbares) Sparpotenzial sieht der Bundesrat in der Förderung der Generika.

Wer ohne ausdrückliche medizinische Indikation das Originalmedikament beziehen will, muss ab nächstem Jahr über die Franchise hinaus 20% selber bezahlen. Für die preisgünstigeren Nachahmerprodukte bleibt der Selbstbehalt wie bisher bei 10%.

“Wir handeln lieber über den Markt als mit Befehlen”, sagte Couchepin. Er zählt darauf, dass die Patienten Druck auf Apotheken und Ärzte machen.

Die Massnahme sei “sozial tragbar”, weil die Abgabe von Originalprodukten – etwa an seit langem daran gewöhnte ältere Patienten – mit dem tieferen Selbstbehalt nicht ausgeschlossen sei.

Bandagen, Krücken und Inkontinenz-Hilfen

26 Mio. jährlich will Couchepin bei den Medizinalprodukten wie Bandagen, Krücken und Inkontinenzhilfen einsparen. Die Höchstbeträge, welche die Krankenkasse heute gemäss der Mittel- und Gegenständeliste (MiGeL) vergüten müssen, werden im Sinne einer Sofortmassnahme generell um 10% gesenkt.

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) ist daran, die MIGeL bis Ende 2006 für die zwanzig Produktegruppen zu überprüfen.

Das Problem liegt darin, dass die Hersteller ihre Preise zunehmend auf den Höchstvergütungs-Betrag ausrichten. Auf dem Markt hingegen sind die Preise in vielen Fällen stark gesunken.

Einsparungen bei Labor-Analysen

Um 60 Mio. Franken sollen zudem die Kosten für die Laboranalysen gesenkt werden, die heute dank neuen Verfahren billiger durchgeführt werden können.

Als Sofortmassnahme wird der Taxpunktwert für diese Leistungen von einem Franken auf 90 Rappen reduziert. 2007 sind weitere Änderungen am Tarif vorgesehen.

Zur Behandlung ins Ausland?

Anfang 2006 will Couchepin ein zweites Paket in Konsultation schicken. Ein Thema ist die Lockerung des Territorialitätsprinzips, nach dem die Grundversicherung nur innerhalb der Schweiz erbrachte Leistungen vergütet.

Vorab im Raum Basel besteht ein Interesse, Patienten in Spitälern im benachbarten Baden-Württemberg behandeln zu lassen.

Laut Couchepin geht es darum, den Spielraum des KVG insbesondere mit Pilotversuchen so weit wie möglich auzunutzen und so den Wettbewerb zu stimulieren.

Zur Ankündigung der Krankenkasse Helsana, Behandlungen in ausländischen Reha-Kliniken zu bezahlen, sagte der Gesundheitsminister: “Wir werden nicht den Polizisten spielen.”

Mindestreserven-Diskussion

Mit dem zweiten Paket, das Anfang Mai 2006 in Kraft treten soll, wird auch die Reduktion der Mindestreserven der Versicherer zur Diskussion gestellt.

Nach Couchepins Plänen sollen die Reserven für grosse Kassen nur noch 10 statt 15% und für die andern Kassen nur noch 15 statt 20% betragen.

Eine drittes Paket ist für Anfang 2007 vorgesehen. Neben den erwähnten Korrekturen bei Medizinalprodukten und Laboranalysen soll es unter anderem Sanktionen gegen Versicherer und Qualitätsvorschriften bringen.

swissinfo und Agenturen

Die Gesundheits-Kosten in der Schweiz haben in den letzten Jahren immer nur zugenommen.

2003 machten sie bereits 11,5% des Bruttosozial-Produkts aus, 1995 waren es noch 9,7%, 1985 8%.

Die Kosten machen insgesamt fast 50 Mrd. Franken aus.

Das sind 6736 Franken pro Kopf der Bevölkerung im Jahr 2003.

Als Folge dieses Wachstums steigen die Prämien der Krankenversicherer jährlich. Sie entwickeln sich zur ständig steigenden Abgabe-Belastung für einen grossen Teil der Bevölkerung.

26 Mio. Franken Einsparungen werden bei der Rückerstattung der Produkte gemacht, die bei Diagnose und Behandlung einer Krankheit zur Anwendung gelangen (Bandagen, Krücken etc.).
60 Mio. werden mit einer Revision der Entschädigung für 1500 Arten von Labor-Analysen eingespart.
Weitere Einsparungen dürften erfolgen, wenn der Gebrauch von Generika statt teurer Original-Medikamente gefördert wird.

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