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Die Scheiche entdecken Zürich und die Schweiz

Scheich Nahayan Mubarak Al Nahayan, Minister für Hochschulbildung und Forschung der VAE (2. v.l.) mit Tobias Levey, Vizepräsident der Zurich Orient Foundation. Zurich Orient Foundation

Verschiedene Scheichtümer haben, wovon Schweizer Forscher und KMUs im Bereich der Biotechnologie und der Life-Science träumen: Mittel für Investitionen.

Beide Seiten verstehen, dass man sich gegenseitig braucht.

Die Beziehungen zwischen den USA und sechs Anrainerstaaten im persischen Golf haben seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 gelitten.

Scheiche und Investoren aus Saudi-Arabien, Oman, Bahrain, Kuwait, Katar und besonders aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) intensivieren seither ihre Beziehungen zu westeuropäischen Staaten und auch zur Schweiz.

Die Abkühlung zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und den Scheichen bekommen auch wichtige US-Universitäten und wissenschaftliche Institute zu spüren, die in arabischen Staaten traditionell eine namhafte Präsenz markieren.

Vom Meinungsumschwung in der Golfregion profitieren wissenschaftliche Institute und Biotechfirmen in der Schweiz.

Die Schweiz spart – die Scheiche schwimmen in Petrodollars

Während Bund und Kantone in der Schweiz seit Jahren sparen und auch Wissenschaftern und Forschern Budgets streichen, verfügen die Golfstaaten aufgrund der hohen Ölpreise über reichliche Mittel. Sie zeigen Interesse, auf dem Forschungs- und Denkplatz Zürich neue Projekte anzustossen und zu finanzieren.

Investitionen, Joint Ventures, der Austausch und die Ausbildung von Studenten und Professoren zwischen der Schweiz und den Golfstaaten erfordern solide Intermediäre und Beziehungsnetze.

Die Universität Zürich, die Eidgenössische Technische Hochschule (ETH), der Kanton Zürich und das Universitätsspital haben die “Zurich Orient Foundation” (ZOF) als Bindeglied zu den Golfstaaten gegründet.

An der ZOF ist auch die Gruppe HBM-Partners beteiligt, die auf Investitionen in den Bereichen der Biopharma- und der Medizinaltechnologie spezialisiert ist.

Zürich und Abu Dhabi rücken zusammen

Knapp zwei Jahre nach der Gründung der “Zurich Orient Foundation” liegen erste Resultate vor. Die Stiftung hat mit den Vereinigten Arabischen Emiraten einen Vorvertrag für eine zukünftige Zusammenarbeit abgeschlossen.

Die VAE gelten als fortschrittlich und prosperierend, weisen jedoch Nachholbedarf im Gesundheitswesen, in der Bildung und der Forschung auf.

Schweizer Hochschulabsolventen sollen im Rahmen eines neu zu schaffenden “Zurich Biomedical Funds” namhafte Mittel erhalten, um neue Biotech-Firmen zu gründen. Geplant ist auch ein gemeinsames Labor in Zürich und in Abu Dhabi, dessen Experten einst die Biodiversität in der VAE untersuchen sollen.

Die einen haben Zeit und Know-how, die andern Geld

Experten schätzen, dass in der biotechnologischen Forschung, der Entwicklung und in der Produktion die Wertschöpfung so hoch ist wie in kaum einer anderen Industrie.

“Die einen (arabische Investoren) geben Geld, die anderen (Zürcher Partner) investieren ihre Zeit in die neuen Projekte”, sagt Stephan Kux, der Leiter der Wirtschaftsförderung des Kantons Zürich, gegenüber swissinfo.

“Der Kanton Zürich kann bei den neuen Projekten nur eine Anschubfinanzierung bieten, das eigentliche Risikokapital für die Jungunternehmer müssen die übrigen Partner der Stiftung aufbringen”, so Kux.

Neben den Vereinigten Arabischen Emiraten interessiert sich auch Katar für den Denk- und Forschungsplatz Zürich. Eine Delegation der “Qatar-Foundation” war soeben in Zürich. Die Besucher haben sich für Projekte an der ETH interessiert.

Im Mai reisen Vertreter der Zürcher Universitäten und Unternehmer nach Abu Dhabi, um die bereits aufgegleisten Projekte der “Zurich Orient Foundation” voranzutreiben.

Auch Arme wollen Spitzenmedizin

Der Besuch der Delegation aus Zürich findet im Umfeld einer Konferenz des Global Medical Forums (GMF) statt, das vom 1. bis zum 3. Mai in Abu Dhabi stattfindet.

Das GMF beschäftigt sich mit Gesundheitsfragen und setzt sich dafür ein, dass auch Menschen in armen und weniger entwickelten Ländern von den Vorteilen der Spitzenmedizin profitieren können.

swissinfo, Erwin Dettling, Zürich

Der Biotech-Standort Schweiz umfasst gegenwärtig rund 330 Firmen, die etwa 13’000 Mitarbeiter beschäftigen.

Die Forschungs-Investitionen belaufen sich auf 975 Mio. Franken.

Der Umsatz beträgt 4,3 Mrd. Franken.

Zwei der weltweit grössten Biokonzerne, Roche und Serono haben ihren Sitz in der Schweiz.

Nicht nur Zürich ist Fokus der Life-Sciene-Industrie. Soeben haben Roche und Serono angekündigt, massiv in den Bau und in den Ausbau von Biotechproduktionsanlagen zu stecken.

Roche investiert 400 Mio. Franken in Basel, Serono 370 Mio. in Vevey.

Die grösste Biotechfirma der Welt, Amgen, evaluiert einen neuen Standort im Freiburgischen Galmiz. Wenn sich die Behörden und Amgen einig werden, entstehen rund 1200 neue Arbeitsplätze.

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