Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Die Schweiz erzürnt Israel

Umstritten: Der Einmarsch Israels in den Gazastreifen. Keystone

Der Einmarsch Israels in den Gazastreifen sei ein Verstoss gegen das humanitäre Völkerrecht, kritisierte die Schweiz am Montag und verärgerte damit Israel.

Gegenüber swissinfo bezeichnet der israelische Botschafter in der Schweiz die Kritik als “klar unausgewogen”.

“Wir respektieren die Position der Schweizer Regierung, sind damit jedoch nicht einverstanden. Diese Art, die Dinge zu sehen, ist ganz klar unausgewogen”, sagt Aviv Shir-On. “Wir haben das den zuständigen Stellen deutlich gesagt.”

Damit reagiert der israelische Botschafter in der Schweiz auf eine Medienmitteilung des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) von vergangenem Montag.

Nach dem Einmarsch Israels in den Gazastreifen hat das EDA die militärischen Interventionen als Verstoss gegen das humanitäre Völkerrecht verurteilt.

Die Schweiz prangerte zudem die “willkürliche” Verhaftung von zahlreichen demokratisch gewählten Volksvertretern und Ministern sowie den Entzug des Residenzrechts dreier Parlamentarier und eines Ministers in Ost-Jerusalem an.

“Auch Hitler demokratisch gewählt”

“Die verhafteten Minister sind zwar demokratisch gewählt, aber die Hamas ist eine terroristische Bewegung, die nicht nur von Israel als solche wahrgenommen wird, sondern auch von den USA und der EU”, so der israelische Botschafter.

“Selbst wenn sie demokratisch gewählt sind, bleiben diese Leute Terroristen, und ich erinnere daran, dass auch Adolf Hitler demokratisch gewählt wurde”, argumentiert Aviv Shir-On im Gespräch mit swissinfo.

Die Beziehungen zwischen der Schweiz und Israel seien so gut und stark, dass sie durch die Affäre nicht beeinträchtigt würden, führt der Botschafter weiter aus.

Calmy-Rey: “kollektive Bestrafung”

Die Schweizer Aussenministerin Micheline Calmy-Rey hat am Mittwoch in einem Interview gegenüber Schweizer Radio DRS die Situation im Gazastreifen als “furchtbar” bezeichnet.

Die Leute hätten nichts zu essen, und 70 Prozent der Bevölkerung seien arm. Zudem habe sich die Sicherheitslage verschlechtert und es fehle auch an Elektrizität. Die Bevölkerung leide unter einer kollektiven Bestrafung der israelischen Armee. Dadurch werde das humanitäre Völkerrecht verletzt.

Israel habe wohl das Recht, mit militärischen Mitteln seine Gefangenen zu befreien, sagte Calmy-Rey. Dabei müsse aber das Prinzip der Proportionalität gewahrt werden und es dürfe keine kollektive Bestrafung stattfinden. “Ich finde das unerträglich”, fügte Calmy-Rey hinzu.

swissinfo

Das internationale Völkerrecht beinhaltet Regeln, welche die Auswirkungen bewaffneter Konflikte aus humanitären Gründen zu begrenzen versuchen.

Es stützt sich hauptsächlich auf die Genfer Konventionen von 1949, die den Schutz von verwundeten, kranken oder gefangenen Soldaten oder Zivilisten vorschreiben, und auf die Haager Konventionen, die das Führen von Kriegen regeln.

Das in der Schweiz ansässige Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) ist Hüter und Förderer des internationalen Völkerrechts.

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft