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die schweiz im weltraum

Sonnenuntergang auf dem Mars: Die Himmelsfarbe erklärt sich durch die Abwesenheit von Sauerstoff. NASA/JPL-Caltech/Cornell

Von der Männeruhr auf dem Mond bis zu den Kometen-Staubfängern oder dem Sonnenwind ist die Schweiz im Weltraum sehr präsent. Und dies nicht erst heute.

Industrie und Forschung liefern zahlreiche Instrumente, die an Bord von Sonden mitreisen, welche den ausserirdischen Raum überwachen oder weit entfernte Welten erforschen.

November 1960. Bei der Reise in den Weltraum liefern sich die beiden Supermächte ein Wettrennen. Drei Jahre vorher hat die UdSSR die Welt mit dem “bib-bip” ihres Sputnik verblüfft, dem ersten künstlichen Satelliten der Geschichte.

Die USA reagieren mit der Erfindung von Telekommunikations- und Wettersatelliten. Einige Monate später ist der Sowjetrusse Yuri Gagarin der erste Mensch im Weltraum, und John Kennedy kündigt an: Die Amerikaner wollten noch vor dem Ende des Jahrzehnts auf dem Mond sein.

In diesem Klima des vom Kalten Krieg angefachten Wettbewerbs beruft die Schweiz eine Konferenz in Genf ein, die den Anfang der europäischen

Weltraumeroberung markieren wird. Zunächst gibt es zwei Behörden, je eine für Satelliten und Raketen, ab 1975 ist es noch eine einzige: Die europäische Weltraumbehörde (European Space Agency (ESA).

Die Extremuhr

21. Juli 1969: Die Mondfähre Apollo 11 landet auf dem Meer der Stille. Da die Borduhr nicht läuft, lässt Neil Armstrong seine Uhr dort, bevor er seinen “kleinen Schritt für einen Menschen” macht.

So ist es dann sein Kollege Buzz Aldrin, der als erster mit der berühmten Omega Speedmaster am Handgelenk, bis heute die Uhr der Weltraumfahrer, den Mond betritt. Damit die NASA sie akzeptierte, musste die Uhr beweisen, dass sie

den Erschütterungen des Starts, Temperaturunterschieden von 200 Grad, Druckunterschieden und sogar einem Bad in flüssigem Sauerstoff widerstehen kann.

Die Anforderungen sind die gleichen geblieben. Jede Mechanik, die in den Weltraum geschickt wird, muss lange funktionieren, ununterbrochen und unter extremen Bedingungen. Dies erst recht, wenn es um Teile für unbemannte Fahrzeuge geht, wo es einfach keine Pannen geben darf.

Besser als Boeing

Seit der Lancierung des europäischen Programms 1974 liefert die Schweiz die Nutzlastverkleidungen für die Ariane-Raumfähren. Diese riesigen

Verkleidungen werden nach einigen Flugminuten abgeworfen, aber sie sind entscheidend für den Schutz des Satelliten und die Stabilität der Rakete, solange diese in der Atmosphäre ist.

Obwohl 1997 auch der Riese Boeing anfing, Verkleidungen zu produzieren, bleibt die kleinere Zürcher Firma Contraves Marktleader. Auch Russen und Amerikaner zeigen jetzt Interesse an Contraves.

Die ersten Verkleidungen waren aus Aluminium. Heute werden aber eher Verbund- Materialien verwendet, die bis 30% leichter sind. Eine weitere Einschränkung des Weltraums: Jedes Kilo Gewichtsersparnis kostet ein Vermögen und jedes Gramm zählt. Die drei Kameras von Space-X

(Neuenburg), die bei der letzten ESA-Mission an Bord waren, wiegen weniger als 100 Gramm. Leider ging die kleine “fliegende Untertasse” Beagle 2, deren Augen die Kameras hätten sein sollen, auf der Oberfläche des roten Planeten vollständig verloren.

Die Schweizer Technologie war schon vor 2003 bereit für die ersten Schritte auf dem Mars. 1997 wurde der kleine amerikanische Roboter Sojourner von Motoren angetrieben, die bei Maxon (Obwalden) hergestellt wurden. Und diese Firma lieferte 2004 auch die Motoren für die beiden Mars-Minijeeps der NASA.

Ausser dem Mars – und der Venus, deren Atmosphäre in Kürze von einem Schweizer Messinstrument

analysiert werden soll, – wird das Know-how der Schweizer Weltraumbranche auch für noch weiter entfernte Missionen genutzt.

So soll die Sonde Rosetta im Mai 2014 am Jupiter vorbei zum Kometen Churyumov-Gerasimenko gelangen und dort eine Art Metallspinne mit drei Beinen absetzen. Unter den eingebauten Instrumenten ist ein von der Universität Bern entwickeltes Spektrometer, das den Kometenschweif untersuchen soll.

Eine weitere sehr ehrgeizige Mission war das Sammeln von Sonnenwindteilchen durch die Sonde Genesis. Nach einer Reise von 32 Mio. Kilometern zerschmetterte die Maschine in der Wüste von Utah, weil ein Fallschirm

nicht richtig funktionierte. Aber einige der Kollektoren überlebten den Schock, und ihre kostbare Ernte wird in der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich mit einer Technik analysiert, die sonst niemand beherrscht.

Auch Radar- und Optikausrüstungen für Satelliten zur Überwachung von Klima- und Naturkatastrophen kommen aus der Schweiz. Und im Positionierungssystem Galileo, das noch besser werden soll als das amerikanische GPS, werden Atomuhren “made in Neuchâtel” zu finden sein.

swissinfo, Marc-André Miserez (Übertragung aus dem Französischen: Chalotte Egger)

2006 beläuft sich der Schweizer Beitrag ans ESA-Budget auf 140 Mio. Franken.
2005 erarbeitete die Schweizer Weltraumindustrie einen Umsatz von 170 Millionen.

Die Schweiz ist Gründungsmitglied der Europäischen Weltraumbehörde (ESA).

Ihrer Weltraumindustrie gehören 54 Unternehmen an.

Im weiteren sind 28 Hochschulinstitute im Bereich der Weltraumforschung tätig.

Hauptspezialitäten sind Satellitenstrukturen, Bodenausrüstungen, Optik-, Telekommunikations- und Zeitmessgeräte, Robotik, biologische Forschung in der Mikroschwerkraft und Überwachung der Klimaveränderungen.

Die Schweiz ist auch das Heimatland des Astronauten Claude Nicollier, den die NASA als ersten Nichtamerikaner zum Missionsspezialisten ernannt hat.

Er hat 6’600 Flugstunden hinter sich, davon 4’000 im Jet und 1’020 an Bord des Weltraumshuttles (in 4 Missionen).

Ausserdem schwebte er 8 Stunden und 10 Minuten im Raumanzug im Weltraum.

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