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Die Spiele der Euro 08 auf dem Handy

Demnächst auf dem Handy: Fussballspiele der EURO 08 in verbesserter Qualität. RDB

Fussballfans können sich freuen: Dank der neuen Technologie DVB-H können sie die Spiele der Europameisterschaft auf ihrem Handy in sehr hoher Bildqualität verfolgen.

Dieses “mobile Fernsehen” wird ab Juni in den grossen Städten verfügbar sein. Dazu braucht es lediglich einen neuen Terminal. Abzuwarten ist auch noch das Angebot der Provider.

Mit der UMTS-Technologie ist Fernsehen auf dem Mobiltelefon seit beinahe zwei Jahren verfügbar. Mit den Geräten der dritten Generation (3G) können nun Fernsehprogramme direkt empfangen werden. Doch die Nutzer sind nicht zufrieden mit der noch mittelmässigen Qualität. Der Bildfluss ist gestört und der Ton näselnd.

Das Problem ist, dass UMTS für jeden Abonnenten einen exklusiven Kanal reserviert. Diese sogenannte “Punkt-für-Punkt-Übertragung” lässt nur eine begrenzte Anzahl von gleichzeitigen Verbindungen zu und eignet sich lediglich für das Schauen von kurzen Sequenzen. Deshalb haben sich bis jetzt nur wenige Konsumenten für diesen Dienst entschieden.

Ohne den Ball aus den Augen zu verlieren

Die Situation wird sich mit der DVB-H-Technologie, die auf dem selben Prinzip wie das Radio basiert, schlagartig verbessern. Dieses Netz funktioniert nach dem Prinzip der “Mehrpunktübertragung”, das heisst, ein von einer Antenne direkt übertragenes Programm ist für alle Nutzer ständig verfügbar.

Es genügt, den eigenen Terminal zu vernetzen, und schon empfängt man über einen Fernsehkanal ein scharfes Bild, auch wenn man unterwegs ist.

Das DVB-H ist eine Erweiterung von TNT, der bereits verwendeten Technologie für die terrestrische Versorgung von digitalem Fernsehen. Mit dieser Norm wird es möglich sein, die Untertitel der Börsenkurse zu lesen oder den Ball bei einem Match nicht aus den Augen zu verlieren.

Ein Projekt mit vielen Unbekannten

Die Eidgenössische Kommunikationskommission hat der Swisscom Broadcast AG, einer Filiale der Swisscom, die nationale Konzession für mobiles Fernsehen erteilt.

Ihr Ziel ist es, die ersten Sendungen während der Euro 08 in den Städten Basel, Bern, Zürich und Genf zu verbreiten. Bis Ende 2008 sollte das Unternehmen 44% und bis 2012 60% der Bevölkerung erreichen können.

Swisscom Broadcast muss allen Providern von Telekommunikationsdiensten den gleichen Zugang zur Verbreitungsplattform gewährleisten. Es ist anzunehmen, dass die Swisscom, Orange und Sunrise die Euro 08 nutzen werden, um diesen Service zu lancieren. Die Konkurrenz ist gross, und keine dieser Firmen deckt vorderhand ihre Karten auf.

“Die dreimonatige Testphase, die Anfang 07 in Bern durchgeführt wurde, hat gezeigt, dass ein reelles Interesse des Publikums besteht”, bestätigt die Swisscom. Doch einige Monate vor der Lancierung des mobilen Fernsehens bleibt es ein Projekt mit vielen Unbekannten.

Unsichere Finanzierung

Zu bestimmen bleibt die Wahl des wirtschaftlichen Modells, des Inhalts, und ob der Dienst gratis ist oder nicht. Zudem müssen die Konsumenten zum Kauf eines neuen Mobiltelefons mit grossem Bildschirm animiert werden.

In Frankreich wären gemäss einer Umfrage die Nutzer bereit, für rund zwanzig Kanäle monatlich zwischen 5 und 10 Euro auszugeben. Preis und Qualität werden die Schlüsselfaktoren sein, die über Erfolg oder Misserfolg dieses Dienstes entscheiden werden.

In Asien schauen Millionen von Menschen auf ihrem Mobiltelefon fern. Südkorea zählt mehr als sechs Millionen Empfänger. Die Kunden zahlen nichts für den Empfang der Programme, es ist die Werbung, die dafür aufkommen muss.

Zur Zeit jedoch deckt die Werbung die Kosten nicht und die Betreiber suchen ein probates Mittel, um die Erträge zu steigern. In Japan ist das Fernsehen auf dem Handy bereits Alltag geworden.

Italien und England

Italien war das erste europäische Land, das 2006 in der Euphorie der Fussball-Weltmeisterschaft einen kommerziellen Fernsehsender via DVB-H angeboten hatte.
Er sendet rund zehn Programme für 19 Euro pro Monat. Der Betreiber “3” erhebt Anspruch auf eine Million Kunden. Doch die Begeisterung scheint in den letzten Monaten etwas zu erlahmen.

In England hat British Telecom ihr Projekt nach einigen Monaten gestoppt, das Kundeninteresse war zu gering. Die französischen Betreiber wollen diesen Dienst im Sommer 2008 anlässlich der Olympischen Spiele von Beijing anbieten.

Das mobile Fernsehen muss also noch seinen Platz finden. Wo und wann werden die Kunden ihren kleinen Bildschirm benutzen? Wie viel sind sie bereit, dafür zu bezahlen? Welche interaktiven Dienste können zusätzlich integriert werden? Nicht zu vergessen das Problem der leistungsschwachen Akkus.

Trotzdem glauben die Akteure an eine Entwicklung des Marktes. Die Firma Nokia schätzt, dass in einem Jahr 300 Millionen Menschen die Norm DVB-H nutzen könnten.

Bis ins Jahr 2010 müsste dieser Markt in Europa 700 Millionen Abonnenten aufweisen und einen Ertrag von geschätzten 18 Milliarden Euro generieren. Doch ohne Produkt und vernetzbare Dienste ist der Erfolg noch weit entfernt.

swissinfo, Luigino Canal
(Übertragung aus dem Französischen: Christine Fuhrer)

Die Fussball-Europameisterschaft 2008 wird vom 7. bis 29. Juni in der Schweiz und in Österreich ausgetragen.

Von 31 Begegnungen werden 15 in der Schweiz stattfinden (sechs in Basel, drei in Zürich, Bern und Genf) und 16 in Österreich. Der Final wird in Wien ausgetragen.

Die Partien werden in 170 Länder übertragen, und man rechnet mit insgesamt rund 5 Millionen Zuschauern in den Stadien und in den speziell eingerichteten Fanzonen, darunter 1,4 Millionen aus dem Ausland.

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