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Diplomatie: Die Reform von Calmy-Rey geht voran

DEZA-Direktor Walter Fust mit der Bundesrätin Micheline Calmy-Rey. Keystone

An der diesjährigen Botschafter-Konferenz nehmen neben den Botschaftern im Ausland zum zweiten Mal auch Verantwortliche der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) teil.

Aussenministerin Micheline Calmy-Rey will die Einheit der Tätigkeiten im Ausland verstärken: Ihre Reform schreitet voran.

Bisher herrschte im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), dem die DEZA untersteht, eine strikte Trennung: Die Diplomatie auf der einen Seite, die Entwicklungs-Zuammenarbeit auf der anderen.

Im letzten Jahr allerdings hat die Departements-Vorsteherin Calmy-Rey entschieden, diese Mauer einzureissen. Sie sorgte sich um die Effizienz und die Geldmittel.

Ihre wichtigste Neuerung ist, Vertretern der DEZA diplomatische Aufgaben zu übertragen. Auch sollen in gewissen Ländern die Botschaften mit den DEZA-Büros zusammen gelegt werden.

Beobachter ausserhalb des Departements versteckten ihre Sorge nicht, dass in Zukunft Spezialisten der Entwicklungs-Zusammenarbeit das Heft der Schweizer Aussenpolitik in die Hand nehmen könnten.

“Micheline Calmy-Rey erachtet die Entwicklungs-Zusammenarbeit als integralen Teil der Schweizer Diplomatie”, ruft Pierre du Bois, Professor am Genfer Institut für Internationale Beziehungen in Erinnerung.

Mehrwert liegt auf der Hand

Seit letztem Jahr schreitet die Reform langsam aber sicher voran. So wurde der Chef des DEZA-Büros in Mosambik zum Botschafter in der Hauptstadt Maputo ernannt.

Auch in Madagaskar wurden die Bereiche zusammengelegt. Dieses Jahr soll dasselbe in Mazedonien geschehen und im Jahr darauf voraussichtlich auch in Bangladesch. “Es funktioniert”, versichert Benoît Girardin, Geschäftsträger der Schweizer Botschaft in der madagassischen Hauptstadt Antananarivo. “Meine Beziehungen in Politik und Wirtschaft können dem Entwicklungs-Programm helfen. Und umgekehrt.”

Nicht für alle Länder

Dass das System auch seine Grenzen hat, stellt er nicht in Abrede. “Die Bewältigung der diplomatischen Aufgaben fordert bei einem grossen Entwicklungs-Programm Opfer bei dessen Überprüfung. Man arbeitet vermehrt auf einer strategischen anstatt auf einer operativen Ebene.”

Damit ist diese Methode nur für eine Handvoll Länder brauchbar, in denen die diplomatischen Interessen der Schweiz eher gering und die Hilfsprogramme eher klein sind.

Abstand nehmen können

Girardin weist auf eine weitere Bedingung hin, die erfüllt sein muss. “Der DEZA-Vertreter verteidigt sein Programm hundertprozentig. Der Botschafter hingegen muss Kritik akzeptieren können.” Man müsse also Abstand nehmen können, wenn man beide Rollen einnimmt.”

“In einigen Ländern gelingt es unseren Partnern nicht immer, die Unterscheidung zwischen Diplomat und Entwicklungs-Helfer zu machen”, gibt er zu bedenken. “Es besteht ein Risiko, dass gewisse Vorschläge als Einmischung betrachtet werden. Es ist aber noch zu früh, um das abzuschätzen.”

Grundsätzlich sei der Ansatz der Reform richtig, kommt der Mann vor Ort zum Schluss. Der Mehrwert durch die Zusammenführung der Bereiche werde im EDA erkannt und verstanden, sagt Girardin.

Horizonte erweitern

Das bestätigt auch EDA-Sprecher Alessandro Delprete. “Vor allem erlaubt es sowohl Diplomaten wie DEZA-Vertretern, ihren Horizont zu erweitern.”

Offiziell spricht man denn auch nicht von einer Reform, sondern von der besseren Ausnutzung von Synergien im Auslandnetz. “Im Moment sammeln wir Erfahrungen, die wir nachher auswerten müssen”, sagt Delprete.

Prioritäten richtig gesetzt

Der ehemalige Staatssekretär und Ex-Botschafter Edouard Brunner zeigte sich beeindruckt von der Arbeit von Bundesrätin Calmy-Rey in den vergangenen zwei Jahren. “Sie setzt die Prioritäten, wo sie gesetzt werden müssen.”

Die klassische, bilaterale Diplomatie habe zugunsten des multilateralen Ansatzes an Terrain verloren, sagte Brunner. Parallel dazu habe die Entwicklungs-Zusammenarbeit ihre Wichtigkeit in der Schweizer Politik beibehalten.

“Um Einsparungen zu ermöglichen und Doppelbesetzungen zu verhindern, kam man auf die Zusammenführung. Das war keine Negativ-Wahl. Aber sie gilt nicht für alle Länder”, sagt Brunner. “In Ländern wie Frankreich, Italien oder Deutschland etwa hat die DEZA nichts zu sagen – sie ist ganz einfach nicht dort.”

swissinfo, Pierre-François Besson
(Aus dem Französischen von Philippe Kropf)

Das Netz der Schweiz im Ausland:

93 Botschaften
12 Missionen
46 Konsulate und General-Konsulate
5 Verbindungsbüros
57 Büros für Zusammenarbeit und humanitäre Hilfe
153 Honorar-Konsulate

Jährlich kommen die Schweizer Botschafter in Bern zur Botschafterkonferenz zusammen.

Dieses Jahr nehmen rund 100 Botschafterinnen und Botschafter oderGeschäftsträger sowie 30 Leiterinnen und Leiter von Koordinationsbüros der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) teil.

Das Budget des EDA beträgt dieses Jahr 1,875 Mrd. Franken, 1,243 Mrd. davon für die DEZA.

Die Gelder für die Hilfe an Osteuropa werden sukzessive gekürzt: Um 33 Mio. im Jahr 2005, um 57 Mio. 2006, um 81 Mio. 2007 und um 66 Mio. 2008.

Zwischen 2006 und 2008 muss das EDA durch Aufgaben-Abbau weitere 16,6 Mio. sparen.

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