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Staatliche Schweizer Parteienfinanzierung – nicht direkt, aber indirekt

Die Ausnahme: Jungparteien erhalten direkte Fördergelder aus der Bundeskasse.
Vertreter der Schweizer Jungparteien bei einer Debatte 2015. Als einzige erhalten die Jungparteien direkte Fördergelder aus der Bundeskasse. Deren Höhe fällt mit unter 300'000 Franken aber bescheiden aus. Keystone

Und es gibt sie doch: die Finanzierung der Schweizer Parteien durch die öffentliche Hand: Auf rund 20 Millionen Franken pro Jahr schätzen zwei Politikforscher die staatlichen Zuschüsse. Ihr Merkmal: Sie erfolgen indirekt.

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Der Schweizer Staat finanziert keine politischen Parteien. Punkt. Parteienfinanzierung ist, so das Mantra, strikte Privatsache.

Damit stellt die Schweiz weltweit eine Ausnahme dar: Nicht weniger als 130 Länder kennen die direkte Finanzierung der Parteien, wie eine Übersicht des Electoral Knowledge NetworkExterner Link zeigt.

In Europa fördern praktisch alle Länder die Parteien mit staatlichen Mitteln, und dies meist in hohem bis sehr hohem Umfang.

Externer Inhalt

Doch trotz des Tabus für direkte Zahlungen fliessen in der Schweiz Gelder aus öffentlichen Kassen in jene der Parteien. Dies via sechs indirekte Kanäle, schreiben Lukas Leuzinger und Claudio Kuster, zwei junge Politikwissenschaftler, in ihrem Politblog Napoleon’s NightmareExterner Link. Im Beitrag “Wie war das nochmal mit ‘keine staatliche Parteienfinanzierung’?” schätzen sie die Summe auf jährlich 20 Millionen Franken.

1 Fraktionsbeiträge

Diese gehen an die Fraktionen im Schweizer Parlament. Fraktionsstärke besteht ab fünf Volksvertretern einer Partei.  Doch davon profitieren auch die Parteien. Total: aktuell 7,5 Mio. Franken, Tendenz: steigend.

2 Mandatsbeiträge

Die Parteien verpflichten ihre Amtsträger (Bundesräte, Parlamentarierinnen, Richter, Politikerinnen auch auf Kantons- und Gemeindeebene), einen Teil ihres Einkommens in die Parteikasse abzuführen. Total: rund fünf Mio. Franken.

3 Steuerabzug

Wer eine Partei finanziell unterstützt, kann den Betrag von der Einkommenssteuer abziehen. Aus diesem Steuerrabatt resultiert in der Bundeskasse ein Loch von rund 10 Mio. Franken.

4 Direktzahlungen an Jungparteien

Ausnahme I: Aufgrund der gesetzlichen Jugendförderung kommen die Jungparteien in den Genuss direkter Fördergelder vom Staat. Total: knapp 290’000 Franken.

5 Rückerstattung der Wahlkampfkosten

Ausnahmen II: Die Kantone Freiburg und Genf zahlen nach Wahlen direkte Parteienzuschüsse. Dafür müssen die Parteien resp. deren Kandidaten Hürden überspringen: 20% Wählerstimmen im Kanton Genf, 1% im Kanton Freiburg (gilt auch bei nationalen Wahlen).

6 Beitrag an die Wahlwerbung

Einige Kantone erlassen den Parteien die Kosten für den Versand von Wahlpropaganda. Diese wird im behördlichen Kuvert mit den offiziellen Unterlagen verschickt. Ferner können die Parteien vor Wahlen auf öffentlichem Grund ihre Plakate aushängen.

Fazit der Autoren

Die indirekte Parteienförderung sei an sich nicht problematisch, halten Leuzinger und Kuster fest. Aber es sei “heuchlerisch”, Forderungen nach mehr Transparenz mit dem Verweis abzulehnen, dass staatliche Parteienfinanzierung in der Schweiz nicht existiere.

Ewiges Thema Parteienfinanzierung

Die Rufe internationaler Gremien nach mehr Transparenz innerhalb der Schweizer Parteienfinanzierung verhallen Jahr für Jahr ungehört.

Angemahnt wird die Offenlegung neben Transparency International vor allem von Greco, der Staatengruppe des Europarates gegen Korruption.

Nun aber kommt Bewegung in die Sache. Nicht aufgrund von Druck von aussen, sondern von innen: Anfang August kam die Volksinitiative  “Für mehr Transparenz in der Politikfinanzierung” zustande. Urheber ist die politische Linke. Per Unterschrift verlangen über 120’000 Schweizerinnen und Schweizer, dass Parteien die Herkunft von Spenden ab 10’000 Franken deklarieren müssen.

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