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Diskriminierender Weg zum Roten Pass

Keystone

Wer Schweizer werden will, muss sich je nach Gemeinde einiges gefallen lassen. In Regensdorf ZH und in Emmen LU durchleben Einbürgerungswillige zweifelhafte und diskriminierende Verfahren. Das Bundesgericht hat am Donnerstag (22.03.) im Fall Emmen ein Machtwort gesprochen.

Die Abstimmung über die Einbürgerungs-Gesuche in Emmen fand vor etwas mehr als einem Jahr statt. Von 56 Einbürgerungs-Gesuchen hiessen die Stimmbürger lediglich acht gut. Alle gutgeheissenen Gesuche stammten von Menschen aus Italien. Alle andern Einbürgerungsgesuche – überwiegend von Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien – wurden dagegen abgelehnt.

Die Betroffenen erachteten dieses Abstimmungs-Ergebnis als diskriminierend und verfassungswidrig. Die Gemeinde Emmen stellte sich jedoch auf den Standpunkt, dass gegen die Ablehnung der Einbürgerungs-Gesuche keine Rechtsmittel möglich seien. Der Rechtsdienst des kantonalen Justizdepartements erklärte dann aber vier Wochen nach der Abstimmung, möglicherweise sei gegen die Nicht-Einbürgerung eine Gemeinde-Beschwerde möglich.

Der Anwalt von fünf Abgewiesenen reichte umgehend eine Gemeinde-Beschwerde ein. Der Regierungsrat trat jedoch nicht auf die Beschwerde ein und begründete dies mit der verspäteten Einreichung.

Diese Argumentation konnte das Bundesgericht nicht nachvollziehen. Da die Gemeinde Emmen den Beschwerdeführern mehrfach ausdrücklich die falsche Auskunft erteilt hatte, es gebe kein kantonales Rechtsmittel gegen den Nicht-Einbürgerungsentscheid, kommt laut Bundesgericht der Grundsatz des Vertrauensschutzes zum Zuge. Die Beschwerdefrist begann deshalb erst dann zu laufen als die Möglichkeit einer Beschwerde bekannt war.

Der Regierungsrat muss nun den Fall noch einmal prüfen. Der Kanton Luzern muss den Beschwerdeführern eine Parteientschädigung von 2’500 Franken zahlen.

Regensdorf: Kandidaten stellen sich vor

In der Zürcher Gemeinde Regensdorf mussten sich am Montag (19.03.) Gesuchsteller erstmals an einer Gemeinde-Versammlung persönlich vorstellen. Vor einem Jahr hatte die Versammlung sieben von zehn Einbürgerungs-Gesuchen abgelehnt.

Laut NZZ kam es an der sehr gut besuchten Gemeinde-Versammlung zu tumultartigen Szenen mit rassistischen Äusserungen. Die Stimmung im Saal eskalierte, als ein Stimmbürger den Antrag stellte, allfällige positive Entscheide noch der Urnenabstimmung zu unterbreiten. Mangels gesetzlicher Grundlagen nahm die Gemeindepräsidentin den Antrag nicht entgegen.

Abgelehnt wurde auch ein Antrag, die Abstimmungen über die Gesuche geheim durchzuführen. Zum Teil diskriminierende Bemerkungen heizten die Stimmung weiter an. Erst nach der Drohung der Vorsitzenden, die Versammlung abzubrechen, beruhigte sich die Situation.

Vielen Gesuchstellern bereitete der Auftritt im Saal offensichtlich Mühe. Sie waren nervös und referierten mit zittriger Stimme. Sämtlichen zehn Gesuchen wurde mit unterschiedlichen Stimmenzahlen stattgegeben, auch jenen, die von der gleichen Versammlung vor zwei Jahren abgelehnt worden waren.

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