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Dr. Doom setzt auf Asien und Rohstoffe

Die Länder Asiens lösen die USA als Wirtschafts-Lokomotive ab, sagt Marc Faber. Keystone

Für den Schweizer Finanz-Guru Marc Faber gehen die USA auf eine Rezession zu. Ausgelöst durch schwachen Konsum.

Asien profiliere sich vor allem wegen des Gewichts von China als neue Wirtschafts-Lokomotive. Und die Schweiz? Keine Besserung in Sicht.

Wenn die Weltwirtschaft Tritt fast, werden nach Ansicht Faber die Rohstoff-Preise und die Zinsen steigen: In einem Interview mit swissinfo bezeichnet Faber einen erneuten Einbruch der Wirtschaft als “distinkte Möglichkeit”.

Faber ist wegen seiner Prognosen, die oft dem allgemeinen Trend und der traditionellen Wirtschaftslehre zuwiderlaufen, bekannt als “Dr. Doom” (Doktor Untergang). So hatte Faber den Einbruch der Börsenmärkte von 1987 und 2000 prophezeit, als die Märkte sich noch von der Sonnenseite zeigten.

Bei einer Veranstaltung der Credit Suisse Asset Management legte Faber seine Einschätzungen zur Lage der Weltwirtschaft und der längerfristigen Wachstums-Perspektiven dar.

Vor einem vollen Haus erklärte Faber, er rechne damit, dass der Dollar längerfristig an Kaufkraft verlieren werde, während Wachstum und Reichtum in Asien steigen würden. Die Zukunft der Schweizer Wirtschaft sieht Faber nicht eben rosig.

Nach der Veranstaltung vertieft Marc Faber im Gespräch mit swissinfo einige seiner Gedanken.

swissinfo: Wie sehen Sie den aktuellen Zustand der Weltwirtschaft?

Marc Faber: Es gibt bedeutende Unausgewogenheiten. In den USA zum Beispiel steigt die Verschuldung rasant. Es kommt zwar zu einem “künstlichen Wachstum”, das neu gebildete Kapital wird nicht ausgegeben. Anders in Asien, vor allem in China. Auch als Produktionssektor hat Asien die Nase vorn.

Oder anders gesagt: In den USA sehen wir ein grosses Handelsbilanzdefizit und eine hohe Staatsverschuldung, während sich in Asien Reichtum anhäuft. Dies schlägt sich in wachsenden Fremdwährungs-Reserven der asiatischen Zentralbanken nieder und zum Teil auch in wachsenden Vermögenswerten. In einigen Fällen dürften auch die Währungen stärker werden.

swissinfo: Wenn Sie in Ihre Kristallkugel schauen, wohin geht die Reise?

M.F.: Die Entwicklung der Weltwirtschaft dürfte weiter von Turbulenzen geprägt sein. Die USA werden voraussichtlich die derzeitigen Wachstums-Raten nicht aufrechterhalten können. Wahrscheinlich werden wir in den USA im Jahr 2004 oder 2005 eine von einer Konsumflaute iniziierte Rezession sehen.

Etwas anders sieht es in Asien aus, wo die Volkswirtschaften heute schon gross sind. Chinas Volkswirtschaft wächst sehr rasch; für 2004 liegt das Wachstum in der Industrieproduktion bei 20%. Generell glaube ich, dass Asien sich dieser Rezession entziehen dürfte.

Im Finanzmarkt haben wir aufgrund der global verwalteten Aktien-Portefeuilles eine hohe Korrelation. Das heisst: Wenn der Dow-Jones-Index um 500 Punkte fällt, schwächt dies auch die Märkte in Asien. Langfristig betrachtet sehe ich die Tendenz, dass Asiens Finanzmärkte gegenüber den USA die Oberhand haben werden.

swissinfo: Wo werden gewitzte Investoren in den nächsten Jahren ihr Geld anlegen?

M.F.:Mir fällt auf, dass viele Investoren in der letzten Zeit vermehrt auf Ressourcen, auf harte Werte setzen, oder anders gesagt auf Immobilen. Dies gilt vor allem für Werte in den aufstrebenden Staaten in Osteuropa sowie für Asien, wo das Preisniveau sehr niedrig ist. Daneben kaufen Investoren auch Rohwaren, darunter Gold – eine der Welt-Währungen.

Ausserdem gibt es noch vier weltweit wichtige Währungen: Den US-Dollar, den Euro, den Yen und den (chinesischen) Renminbi. Alles Papierwährungen, für deren Nachschub praktisch unendlich gesorgt ist, man kann immer wieder nachdrucken.

Anders beim Gold, das abgebaut werden muss. Die Jahresproduktion liegt bei 2500 Tonnen pro Jahr, mit einem Wert von rund 35 Milliarden Dollar.

Wir sehen also heute immer mehr Papiergeld pro Gold-Einheit und ich glaube, dass wir beim Gold die Anfänge eines Bullenmarktes sehen. Im April 2001 lag der Goldpreis für eine Unze bei 258 Dollar, heute bei rund 390. Und ich denke, dass er noch viel höher steigen wird.

swissinfo: Und was prophezeien Sie der Schweiz für die kommenden Jahre?

M.F.: Ich denke, dass die Investment-Aktivitäten, im Sinne von industriellen Investitionen, eher blutarm sein wird.

Anders gesagt, wenn Schweizer Unternehmen überleben wollen, müssen sie ihre Produktion in Länder wie China und Vietnam auslagern, wo die Kosten deutlich geringer sind. Zu einer Verschiebung kommt es aber auch bei den Dienstleistungs-Betrieben, wobei hier vor allem Indien von Interesse ist, wo die Kosten ebenfalls viel tiefer sind als in der Schweiz.

Das Wirtschafts-Wachstum dürfte in Zukunft eher enttäuschend sein. Im besten Fall kann die Schweiz ihren Lebensstandard aufrechterhalten.

swissinfo-Interview: Robert Brookes
(Übertragung aus dem Englischen: Rita Emch)

Nach Ansicht von Marc Faber werden Rohstoff-Preise und Zinsen anziehen, wenn die Wirtschafts-Erholung andauert. Seiner Ansicht nach kann aber auch ein erneuter Einbruch 2004 nicht ausgeschlossen werden. In welchem Rahmen ausländische Investoren auch in Zukunft zum Wirtschaftswachstum in den USA beitragen werden, hängt laut Faber vor allem von den Investitions-Möglichkeiten ausserhalb der USA ab. Den weltweiten Finanzmärkten prophezeit Faber eine volatile, sprunghafte Zukunft.

Der 57 Jahre alte Marc Faber wuchs in Zürich und Genf auf.
Im Alter von 24 Jahren schloss er sein Wirtschaftsstudium in Zürich summa cum laude ab.

Danach wandte er sich dem Bankengeschäft zu, was ihn über New York nach Hongkong führte.

Zwischen 1978 und 1990 war er Direktor bei Drexel, Burnham and Lambert in Hong Kong.

Im Sommer 1990 machte er sich als Anlageberater, Fondsmanager und Broker/Händler selbstständig.

Heute lebt Faber, der mit einer Thailänderin verheiratet ist, im Heimatland seiner Gattin; daneben unterhält er noch ein Büro in Hongkong.

Faber publiziert auch einen monatlichen Wirtschaftsbericht mit dem sinnigen Titel “Gloom, Doom & Boom Report” (Düsternis, Aufschwung & Niedergang).

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