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Durchzogene Bilanz nach Brasilien-Chile-Reise

Johann Schneider-Ammann, stolzer Träger des Trikots der brasilianischen Fussball-Nationalmannschaft mit der legendären Nr. 10 von Pélé. swissinfo.ch

Schweizer Unternehmen sollten sich stärker in Brasilien und Chile engagieren. Dies wünschte sich Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann bei seinem Besuch der beiden aufstrebenden Länder. Das anvisierte Freihandelsabkommen kam nicht zustande.

Nach Stationen in Brasilien hat Johann Schneider-Ammann seine Reise am Montag mit einem Treffen mit den Wirtschafts- und Aussenministern von Chile abgeschlossen.

Beide Seiten sprachen sich in Santiago für die Erneuerung des Freihandelsabkommens aus, das die Länder der Europäischen Freihandels-Assoziation (Efta), zu der die Schweiz zählt, und Chile 2004 abgeschlossen hatten.

Zu Beginn seiner Reise hatte Schneider-Ammann in Brasilien ein Abkommen über den erleichterten Austausch von Praktikantinnen und Praktikanten unterzeichnet.

Zuvor hatte der Bundesrat von seinen Gastgebern ein Leibchen der brasilianischen Fussball-Nationalmannschaft mit der Zehn erhalten, der legendären Rückennummer Pélés. Der Bundesrat bedankte sich mit den launigen Worten, dass die Schweiz junge Fussballer nach Brasilien schicken könne, um die Kunst mit dem runden Leder zu perfektionieren.

Der Bundesrat wurde von einer hochrangigen Wirtschaftsdelegation begleitet. Ihr gehörten Vertreter von Schweizer Spitzenverbänden und Grossunternehmen an. Deren oberste Priorität lag darin, einen Einblick in die äusserst komplexen Prozesse der brasilianischen Wirtschafts-Administration zu erhalten.

Freihandels-Korb 

Der Schweizer Wirtschaftsminister ist aber ohne das angestrebte Freihandelsabkommen im Gepäck zurück gekommen. Er wurde mit der Zusage für exploratorische Gespräche vertröstet. Brasilien sperrt sich gegen ein Freihandels-Abkommen der südamerikanischen Mercosur-Staaten mit der europäischen Efta, weil deren Mitglieder an ihren Subventionen zugunsten der eigenen Landwirtschaft festhalten.

“Bei meinem Treffen mit vier brasilianischen Ministern bat ich sie, neuen Schwung in die Freihandelsgespräche zwischen der Efta und den Mercosur-Staaten zu bringen”, resümierte der Bundesrat.

Als weiterer Punkt ganz oben auf Schneider-Ammanns Agenda stand die Vertiefung der gegenseitigen Wirtschaftsbeziehungen. Brasilien ist wichtigster Handelspartner der Schweiz in Lateinamerika.

Im vergangenen Jahr betrug das Handelsvolumen zwischen den beiden Ländern 3,2 Mrd. Franken, was ein Anstieg von 19% gegenüber 2009 bedeutet.

In Sao Paulo betonte Schneider-Ammann gegenüber führenden brasilianischen Wirtschaftsvertretern, dass ein stärkerer Handelsaustausch der Schweiz helfen würde, das Problem des starken Frankens zu bewältigen. 

Viel Potenzial

Schweizer Unternehmen könnten noch viel aktiver werden, sagte der Vizepräsident der Industrievereinigung in Sao Paulo, der brasilianische Geschäftsmann Benjamin Steinbruch.

Dem pflichtete Schneider-Ammann bei. “Ich bin überzeugt, dass Investitionen durch ein Freihandelsabkommen gefördert würden, und dies in beide Richtungen.”

Auch Jean-Daniel Pasche, Leiter der Verbandes der Schweizer Uhrenindustrie und Mitglied der Delegation, ist dieser Überzeugung: “Abkommen über Freihandel und rechtliche Absicherungen, wie eines mit Chile besteht, reduzieren nicht nur die Kosten für Importe und Exporte, sondern stärken das Vertrauen der Unternehmen für Investitionen”, so Pasche.

Vorzeigebeispiel Chile

Die Schweizer Delegations-Mitglieder betonten, dass Chile dank der bestehenden Abkommen eine ideale Investitions-Plattform darstelle. 2002 wurde ein Investitionsschutz-Abkommen unterzeichnet, 2004 folgte das Freihandelsabkommen. Und seit letztem Jahr ist das Doppelbesteuerungs-Abkommen unter Dach.

“Chile ist ein sehr offenes Land und für Geschäfte vielversprechend”, sagte Daniel Kündig. Der Präsident des Verbandes der Schweizer Ingenieure und Architekten (SIA) kehrt nicht mit leeren Händen aus Chile zurück. Die Behörden der Stadt Valparaiso wollten bei der Erneuerung der Stadtbahn auf Schweizer Hilfe und Know-how zurück greifen, berichtet Kündig.

2010 erreichten Brasilien und Chile ein Wirtschaftswachstum von 7.5% resp. 5.3%.

Im vergangenen Jahr betrug das Handelsvolumen zwischen der Schweiz und Brasilien 3,2 Mrd. Franken, was ein Anstieg von 19% gegenüber 2009 bedeutet.

Die Exporte machten 2,3 Mrd. Franken aus, die Importe beliefen sich auf 849 Mio. Franken.

2009 tätigten Schweizer Unternehmen in Brasilien Investitionen von 12,8 Mrd. Franken und beschäftigten 106’000 Menschen.

2010 exportierte die Schweiz Waren für 206 Mio. Franken nach Chile, die Importe machten 150 Mio. Franken aus.

2009 tätigten Schweizer Firmen in Chile  Investitionen von 1,5 Mrd. Franken und beschäftigten 13’300 Angestellte.

Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann weilte vom 12. bis 18. Oktober in Brasilien.

Er traf den brasilianischen Vizepräsidenten Michel Termer, Wirtschaftsminister Fernando Pimentel, Aussenminister Antonio Patriota und Aloizio Mercadante, den Minister für Wissenschaft und Technologie.

In Chile wurde er von Präsident Sebastián Piñera, Wirtschaftsminister Pablo Longueira und Aussenminister Alfredo Moreno empfangen.

Auf dem Programm standen in beiden Ländern auch Treffen mit Vertretern von örtlichen Wirtschaftsverbänden.

Schneider-Ammann unterhielt sich auch mit Vertretern von Schweizer Firmen, die in den beiden Ländern aktiv sind.

(Adaptiert von Simon Bradley)

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