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E-Voting lässt auf sich warten

Abstimmungen über Internet sind realisierbar, aber teuer und sicherheits-technisch anspruchsvoll. Aus diesem Grund will der Bundesrat nichts überstürzen.

Die elektronische Ausübung politischer Rechte sei ein realisierbares und zukunftsfähiges Vorhaben, heisst in dem vom Bundesrat ans Parlament verabschiedeten Bericht. Die Einführung des E-Voting koste nicht nur Geld, Zeit, Personal und Material – sie setze auch den politischen Willen und die Mitarbeit aller Beteiligten in Bund, Kantonen und Gemeinden voraus.

Der Bundesrat fällte vorerst noch keinen Entscheid über die Einführung des E-Voting. Dieses soll dereinst ermöglichen, elektronisch abzustimmen und zu wählen, Referenden und Initiativen auf elektronischem Weg zu unterzeichnen sowie elektronische Wahl- und Abstimmungs-Informationen der Behörden abzurufen.

Rudolf Wyder, Leiter des Auslandschweizer-Organisation ASO, äusserte gegenüber swissinfo seine Enttäuschung über die Verzögerung: “So oder so steht aber fest, dass E-Voting früher oder später kommen wird. Wir sind uns auch bewusst, dass es noch einige technische Probleme und Sicherheits-Probleme zu lösen gibt. Wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, dass diese Probleme so schnell es geht gelöst werden.”

Attraktiv für Auslandschweizer

Die Bundeskanzlei, die den Bericht verfasst hat, sieht im E-Voting die Chance der erleichterten Teilnahme an Abstimmungen und Wahlen, insbesondere für Auslandschweizer.

Das politische Interesse der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer sei gross, betont Rudolf Wyder von der ASO. Da das Stimmmaterial häufig verspätet im Ausland eintreffe, könnten viele Interessierte nicht an den Abstimmungen teilnehmen. “Ich bin überzeugt, die Zahl der Auslandschweizer, die mitmachen, wird zunehmen, wenn der elektronische Weg offen ist.”

Die Bundeskanzlei macht aber auch Gefahren und Risiken aus. So könnten föderalistische Strukturen wie Ständemehr und Wahlkreise verwischt werden. Die beschleunigten Abläufe könnten zudem den Meinungsbildungs-Prozess beeinträchtigen.

Weiter weist der Bericht auf Missbrauchsgefahren hin: Aussenstehende könnten die neuen Technologien missbrauchen und in das Abstimmungs-Geschehen eingreifen. Technische Pannen und Fehlerquellen seien beim elektronischen Abstimmen zudem schwieriger zu eruieren als bei herkömmlichen Verfahren. Die öffentliche Kontrolle von Nachzählungen werde erschwert. Vor der Einführung des E-Voting müsse gewährleistet sein, dass dieses ebenso sicher sei wie das herkömmliche Verfahren.

Kosten belaufen sich auf hunderte von Milliarden

Die Einführung des E-Voting würde Gemeinden, Kantone und Bund laut Bundeskanzlei für die ersten zehn Jahre 400 bis 620 Mio. Franken kosten. Vorausgesetzt wird, dass weiterhin im Durchschnitt vier Urnengänge pro Jahr anstehen.

Das E-Voting wird aber auch Einsparungen ermöglichen. Diese dürften aber auf Jahrzehnte hinaus geringer ausfallen als die Kosten. Die Bundeskanzlei rechnet frühestens in zwanzig Jahren mit einem Sparpotenzial von 15 Millionen für die gesamte öffentliche Hand pro Jahr.

Schritt für Schritt

Sollten sich Bundesrat und Parlament für die Einführung des E-Voting entscheiden, schlägt die Bundeskanzlei ein etappenweises Vorgehen vor. Zunächst sollten die Pilotversuche in Genf, Neuenburg und Zürich durchgeführt werden. Diese dauern bis 2004.

Gestützt auf die parlamentarische Debatte über seinen Bericht wird der Bundesrat 2003 und 2004 die Vorbereitung erweiterter Rechsgrundlagen für die umfassende Harmonisierung der Einwohner- und Stimmregister in Auftrag geben können.

Erst nach der Harmonisierung des eidgenössischen Stimmregisters können Abstimmungen und Wahlen auf elektronischem Weg durchgeführt werden.

Es dürfte also noch eine Weile dauern – von einer Einführung “frühestens um das Jahr 2010” spricht die Bundeskanzlei.

Gaby Ochsenbein und Agenturen

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