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ECONOMICS/DE: Harter Winter trübt Jobwunder; Im Januar 3,61 Mio Arbeitslose (AF)

NÜRNBERG (awp international) – Der harte Winter hat die Zahl der Arbeitslosen im Januar kräftig steigen lassen und damit das deutsche Jobwunder inmitten der schwersten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten getrübt. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) vom Donnerstag stieg die Zahl der Erwerbslosen zum Jahresauftakt um 342.000 auf 3,617 Millionen. Der Januar-Anstieg, der fast ausschliesslich jahreszeitliche Gründe hat, fiel damit etwas stärker aus als im Schnitt der vergangenen drei Jahre. Im Vergleich zum Vorjahr nahm die Zahl der Jobsucher um 129.000 zu. Die Arbeitslosenquote kletterte im Januar um 0,8 Punkte auf 8,6 Prozent.
Bundesagentur-Chef Frank-Jürgen Weise betonte, auch zum Jahresbeginn präsentiere sich der Arbeitsmarkt in einer robusten Verfassung. “Der steile Anstieg der Arbeitslosenzahlen ist im Januar leider üblich”, sagte er. So würden anstehende Kündigungen häufig zum Jahresende ausgesprochen, zugleich würden Einstellungen verschoben. Zudem habe unter der kalten Witterung die Beschäftigung in Aussenberufen gelitten. Auf vielen Baustellen ruhe die Arbeit. Zugleich stellte Weise aber klar: “Die Wirtschaftskrise hat sich bislang weniger stark als befürchtet auf den deutschen Arbeitsmarkt ausgewirkt.”
VON DER LEYEN: NOCH KEINE ERHOLUNG
Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) kommentierte die jüngsten Arbeitsmarktdaten mit den Worten, von einer Erholung am Arbeitsmarkt könne keine Rede sein. “Der Arbeitsmarkt braucht daher auch weiterhin unsere ganze Aufmerksamkeit. Wir müssen genau beobachten, ob das Bemühen der Unternehmen, Beschäftigte im Betrieb zu halten, weiter trägt”, betonte sie laut Mitteilung.
Angesichts der – lediglich vom Winter getrübten – guten Entwicklung am Arbeitsmarkt hat die Bundesagentur ihre Prognose für das Jahr 2010 nach unten korrigiert. Nach Weises Angaben rechnet seine Behörde inzwischen im Jahresdurchschnitt nur noch mit 3,7 bis 3,8 Millionen Arbeitslosen. Bisher war die Bundesagentur noch von 4,1 Millionen Jobsuchern ausgegangen. Dadurch werde es immer unwahrscheinlicher, dass im Verlauf des Jahres 2010 die Vier- Millionen-Marke überschritten werde. Die Auswirkungen der Wirtschaftskrise seien weiterhin kaum spürbar. “Allerdings sind Branchen und Menschen von der Krise ganz unterschiedlich betroffen”, schränkte Weise ein.
KURZARBEIT WEITER KRISENPUFFER
Als Krisenpuffer bewährt sich nach Angaben von BA-Vorstandsmitglied Raimund Becker weiterhin der massive Einsatz von Kurzarbeit. Zur Überbrückung von Auftragsflauten ihrer Firmen hätten im Januar knapp eine Million Beschäftigte das sogenannte Konjunktur- Kurzarbeitergeld bezogen. Im Januar sei für 70 000 bis 100 000 Beschäftigte das Kurzarbeitergeld neu beantragt worden. “Die Nachfrage nach Kurzarbeit schwächt sich nach unserem Eindruck derzeit etwas ab”, erläuterte Becker. Hinweise, dass Firmen aus der Kurzarbeit aussteigen wollten und Entlassungen im grossen Stil planten, gebe es derzeit aber nicht.
Als Hinweis darauf, wie krisenfest sich der Arbeitsmarkt präsentiert, sieht BA-Chef Weise auch die Erwerbstätigenstatistik – das Spiegelbild der Arbeitslosenstatistik. Danach sind seit Januar 2009 lediglich 146.000 Arbeitsplätze weggefallen. “Diese Zahl zeigt neben den Auswirkungen der Wirtschaftskrise auch die Folgen des wirtschaftlichen Strukturwandels. Aber gemessen am Rückgang der Wirtschaftsleistung ist das ein relativ moderater Stellenabbau”, betonte Weise. Die Zahl der Erwerbstätigen lag zuletzt (im Dezember 2009) mit 40,42 Millionen um 222.000 unter dem Vorjahreswert.
Eine Kluft besteht weiterhin zwischen den Arbeitsmärkten in West- und Ostdeutschland. Dabei ist die Arbeitslosigkeit in den neuen Bundesländern mit einer Quote von 13,5 Prozent knapp doppelt so hoch wie in den alten Bundesländern mit 7,4 Prozent. Das entspricht im Westen 2,470 Millionen Männern und Frauen – zum Dezember 2009 ein Plus von 221.000. In Ostdeutschland gab es im Januar 1.148.000 Arbeitslose – und damit 121.000 mehr als Jahresende 2009. Abwanderungen von Jobsuchern nach Westdeutschland haben die Arbeitsmarktlage nach Erkenntnissen der Bundesagentur in den vergangenen Jahren etwas entspannt:/kt/DP/dr

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