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economiesuisse wieder auf Präsidentensuche

Andreas Schmid: Weg von Kuoni, nicht zu economiesuisse. Keystone

Andreas Schmid ist per sofort als Präsident des Reisekonzerns Kuoni zurückgetreten. Er verzichtet auch auf das Präsidium des Wirtschaftsdachverbands economiesuisse.

Laut Schmid braucht der Dachverband gerade heute einen Präsidenten mit starkem unternehmerischem Rückhalt. Er hätte sein Amt im September antreten sollen.

Schmids Kuoni-Rücktritt kommt einem Eklat in der Schweizer Wirtschaftselite gleich. Der Wirtschafts-Topshot zieht damit die Konsequenzen aus einem Hauskrach bei Kuoni, der Nummer 1 in der Schweizer Reisebranche.

Differenzen in der Beurteilung

Schmid schrieb in einer persönlichen Mitteilung von intensiven Diskussionen innerhalb des Verwaltungsrates und der Konzernleitung in den letzten Wochen sowohl über strategische Fragen als auch über Führungsstrukturen.

“Nach der heutigen Aussprache zwischen Verwaltungsrat und Konzernleitung ist deutlich geworden, dass eine Mehrheit des Verwaltungsrates die Lage anders bewertet als ich”, erklärte Schmid und fügte hinzu, er respektiere selbstverständlich die Haltung des Kuoni-Verwaltungsrates.

Konsequent

“Entsprechend habe ich für mich die Konsequenzen gezogen. Das ist mir nicht leicht gefallen, fühle ich mich doch Kuoni, seinen Aktionären und seinen Mitarbeitenden verbunden”, hiess es in der Erklärung Schmids. Er wollte keine weiteren Kommentare zu seinen Rücktrittsmotiven abgeben.

Er sei sich aber sehr wohl bewusst, dass auch er in der Vergangenheit Fehler gemacht habe, die zu dieser Zuspitzung der Lage bei Kuoni geführt hätten.

Dienste verdankt

In einer knappen Mitteilung von Kuoni wurde der abrupte Abgang des Verwaltungsratspräsidenten mit grundsätzlichen Meinungsverschiedenheiten über Fragen der Führung des Unternehmens begründet.

Der Verwaltungsrat habe mit grossem Bedauern vom Rücktritt Schmids Kenntnis genommen, hiess es. Für seine Dienste sprach ihm der Verwaltungsrat den “aufrichtigen Dank” aus.

economiesuisse kommt nicht zur Ruhe

Schmid gab gleichzeitig bekannt, dass er “mit Blick auf die Situation bei Kuoni” das Präsidium des Dachverbandes der Schweizer Wirtschaft am kommenden 1. September nicht antreten könne. economiesuisse brauche gerade in der heutigen Zeit einen Präsidenten mit einem starken unternehmerischen Rückhalt.

economiesuisse nahm den Verzicht mit grossem Bedauern zur Kenntnis. Man werde sich mit der neuen Situation auseinander setzen und zu gegebener Zeit die nötigen Entscheidungen treffen.

Für den Wirtschaftsdachverband, der seit Monaten mit Negativschlagzeilen wegen drohender Mitgliederaustritte kämpft, bedeutet dies einen weiteren Rückschlag. Mit Schmid hätte auf den St. Galler Textilunternehmer Ueli Froster ein Vertreter der grossen Konzerne und der Zürcher Wirtschaft die Spitzenposition übernehmen sollen.

Über Alleingang gestolpert?

Der 49-jährige Jurist und Ökonom hatte bestätigt, dass er im letzten Frühling ohne Wissen des Kuoni-Managements Fusionsgespräche mit der britischen First Choice geführt hatte.

Laut Medienberichten fühlte sich das Management um Konzernchef Armin Meier durch diesen von Schmid vorangetriebenen und inzwischen wieder abgebrochenen Fusionsversuch desavouiert.

Der Eklat kam nun einen Tag vor Bekanntgabe des Halbjahresabschlusses von Kuoni. Der führende Schweizer Reisekonzern bestimmte sein VR-Mitglied Henning Boysen zum neuen Präsidenten.

Der Top-Manager

Schmid präsidiert auch die Flughafenbetriebsgesellschaft Unique und den Schokoladekonzern Barry Callebaut. Er will mit den zuständigen Gremien nun über seine Aufgaben in diesen und anderen Verwaltungsräten und in Beiräten “die für mich veränderte Situation” besprechen. Schmid erklärte sich aber bereit, diese Aufgaben weiterzuführen.

swissinfo und Agenturen

economiesuisse erlebt momentan eine schwierige Phase, denn mehrere Mitglieder haben den Dachverband verlassen (Aluminiumindustrie, Schweizerischer Arbeitgeberverband) oder einen Rückzug angekündigt (Metallbranche).

Als Gründe wurden die Mitgliederbeiträge angeführt.

Viscom, der Schweizerischer Verband für visuelle Kommunikation, hat seine Meinung revidiert und will Mitglied von economiesuisse bleiben.

Die Kuoni Reisegruppe wurde 1906 gegründet.

Kuoni ist auf Ferien- und Geschäftsreisen spezialisiert.

Kuoni ist einer der grossen Reiseveranstalter Europas und der grösste der Schweiz. Das Unternehmen ist in 25 Ländern aktiv.

Das Unternehmen beschäftigt 6’400 Personen, 1’600 davon in der Schweiz.

Der Verband der Schweizer Unternehmen ist der grösste Dachverband der Schweizer Wirtschaft.

Er wird von über 30’000 Unternehmen unterschiedlichster Grösse unterstützt, die über 1,5 Millionen Menschen in der Schweiz beschäftigen.

Seine Aufgabe ist es, optimale Bedingungen für die Schweizer Wirtschaft zu schaffen.

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