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Ein Abend ganz für Franz

Mit zahlreichen befreundeten Künstlerinnen und Künstlern hat der Musiker, Kabarettist und Autor Franz Hohler am Freitag im ausverkauften Zürcher Volkshaus seinen 60. Geburtstag gefeiert.

Die Begeisterung des Publikums kannte keine Grenzen.

Nicht selten arten Geburtstagfeiern in Lobhudeleien aus. Vor allem bei populären Jubilaren vom Format eines Franz Hohler.

Diese Gefahr wusste Röbi Koller, der Initiator und Moderator des “Abends ganz für Franz”, von Beginn weg mit rhetorischem Geschick zu verhindern: Seine Fragen rückten nicht Hohler allein in den Mittelpunkt, sondern immer wieder auch dessen gemeinsame Erlebnisse mit den Gästen.

Celloträger Leuenberger



Und mannigfaltiger könnten diese Gemeinsamkeiten kaum sein. Die Freude am Bergsteigen etwa verbindet Hohler mit dem Bergführer Adolf Schlunegger, mit dem er nächstens über den Biancograt auf den Piz Bernina steigt.

Das Singen mit der Sängerin und Autorin Brigitte Schär, bei der Hohler immer wieder seine Stimmbänder trainiert. Und eine Zugsreise nach Bern mit Moritz Leuenberger, der 1979 als junger Nationalrat dem Franz das Cello ins Casino tragen musste.

Solche und andere Geschichten über Politik und Kultur gab der heutige Bundesrat zusammen mit seinem Bruder Dieter in umwerfend trockener Manier zum besten und geriet dabei in ebenso spritzige wie spitze Dialoge mit dem Jubilar, der ja bekanntlich auch nicht aufs Maul gefallen ist.

Biermanns kritische Töne

Und die Liedermacher: Darunter zählt Hohler eine ganze Palette zu seinen Freunden. Linard Bardill, Marco Zappa, Michel Bühler, Stephan Eicher, Dodo Hug.

Aus dem Norden Deutschlands reiste Hannes Wader an, den die Hohlers vor 35 Jahren, als er als junger Musiker in der Schweiz darbte, durchgefüttert haben. Und aus dem Osten der “Drachentöter” Wolf Biermann, der einst an der Berliner Chausseestrasse trotz politischer Uneinigkeiten “von Franz die Toleranz lernte”.

Sie alle sangen ihre Lieder und Balladen, politisch- hoffnungsvolle (Biermann), melancholisch-hoffnungslose (Wader), poetisch-zuversichtliche (Bardill), volkstümlich-lupfige (Zappa/Bühler/Hohler), “chäsig-fädenziehende” (Hug). Eicher konnte nicht kommen, gab aber ab Video mit kurzem Gruss Hohlers brisante Nachdichtung von Boris Vians wunderbarem “Déserteur” zum besten.

Neues aus Hohlers Material

Und dann die Schriftsteller und Kabarettisten: Sie fanden in Hohlers Werk ihr Material. Joachim Rittmeyer bastelte aus Hohlers Anfangs- und Schlusssätzen und aus seinen Titeln die Geschichte “Später Gast”, einen Krimi zum Kugeln.

Adolf Muschg manipulierte “franzhohler” und “franzhohlerursula” gentechnisch und kreierte ein zusammengewürfeltes Poem mit solchen Sätzen: “Herz, hol Farn!” oder “Raff mir zehn Dollar, Uhu!”

Lorenz Kaiser, der erstmals öffentlich sang, (Mini)Cello spielte, erstmals im Volkshaus und erst noch “mit Moritz Leuenberger als Vorgruppe” auftrat, variierte Hohlers wirtschaftspolitische Analyse der frühen 70-er Jahre. Nur Jürg Schubiger und Viktor Giacobbo trugen je etwas Eigenes vor: Jener die köstlich-tiefsinnige Geschichte “Das Schwein und das Papier”, dieser die schrille Parodie auf den Eventmanager Sonny Boppeler.

Letzter Höhepunkt: “Totemüggerli”

Zwischen den “Geschenken” liess Röbi Koller aber immer auch Eigenschaften des Jubilars aufblitzen. Politisch, grün, pazifistisch sei Hohler, liebevoll humorvoll und kreativ: kurz ein Menschen- und Naturfreund.

Um seinen Traum, “von und mit meinen Ideen zu leben”, verabschiedete er sich einst für ein Jahr von der Uni. “Dieses Jahr dauert bis heute.” Hohler ist ein “Reisender in Richtung”. In welche? Das will er nicht genauer bestimmen.

Ganz zum Schluss, nach einem Gespräch mit Emil, Dimitri und René Quellet übers Älterwerden und den Ruhestand, holte Hohler das “Totemüggerli” hervor, das berühmte “bärndütsche Gschichtli” vom Houderebäseler und Schöppelimunggi, das niemand und doch jeder versteht.

Es sei – so Peter von Matt in seiner nächtlichen “Vorlesung” – der Beweis dafür, dass sich die Schweizerinnen und Schweizer eigentlich nicht verstehen und sich gleichwohl so wohl fühlen wie ein Haufen von Brüdern und Schwestern.

swissinfo und Agenturen

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