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Ein Kränzchen für den Bundesrat

Gesetzesvorlage "too big to fail": Massgeschneidert für die beiden Grossbanken UBS und Credit Suisse. AFP

Die Schweizer Zeitungen sprechen dem Bundesrat unisono ein gutes Zeugnis aus für seinen Gesetzesvorschlag, der die Grossbanken stärker an die Kandare nehmen will. Kein Verständnis aber erhalten die UBS und die SVP für ihren Widerstand dagegen.

Für die Basler Zeitung ist die Vorlage des Bundesrates “too big to fail”. Sie begrüsst, dass die Schweizer Grossbanken  Credit Suisse und UBS stärker an die Zügel genommen würden und stellt die Frage, ob denn deren Freiheit zu stark eingeschränkt werde?

Ihre Antwort: “Vergessen wir nicht: Jene Bank, die sich am lautesten über die neuen Kapitalvorschriften beklagt, gäbe es wohl nicht mehr, hätte der Staat ihr nicht von einem Tag auf den anderen Kredite zur Verfügung gestellt und ihr Schrottpapiere abgekauft, für die es keine Käufer mehr gab. Die UBS hatte ihre Reserven aufgebraucht.”

Die Vorlage des Bundesrats werde wahrscheinlich ohne grosse Änderungen Gesetzeskraft erlangen, meint die Neue Zürcher Zeitung. “Umso wichtiger muss es für die CS und in weit grösserem Ausmass für den Saurier UBS sein, sich auf die neuen Rahmenbedingungen einzustellen. Beide Banken haben in der neuen Welt intakte Chancen, vorausgesetzt, dass sie die alte zügig hinter sich lassen.”

Hindernis Wahljahr?

Es sei normal, dass Finanzministerin Eveline Widmer Schlumpf die Regeln eines Ehevertrags mit solch launischen Gatten, die ewig Junggesellen bleiben möchten, bestimmen wolle, schreibt die Tribune de Genève. “Hoffentlich wird das Parlament im Wahljahr nicht versuchen, das Paket zu zerzausen, aus politischen Motiven, und somit die Substanz des Bundesratsentwurfes zu verwässern.”

Ins selbe Horn stösst Le Temps und verlangt von den Politikern, “kühlen Kopf zu bewahren”. Auch sie fragt sich, wie weit dies in einem Wahljahr wohl möglich sei. “Spekulieren sie über die Abwahl von Eveline Widmer-Schlumpf, die bei dieser Vorlage den Takt vorgegeben hat, aber nur eine schwache politische Unterstützung geniesst?”

Das Boulevardblatt Blick fragt auch, wie die Finanzministerin vom Parlament unterstützt werden wird. “Man wird in den nächsten Wochen genau hinhören müssen, wer mit welchen Argumenten die Lösung des ‘Too-big-to-fail’-Problems verzögern will. Denn Abstriche und Verzögerungen nutzen nur den Gier-Bankern. Diese würden nämlich nur zu gerne mit einer faktischen Staatsgarantie im Rücken risikoreiche Geschäfte betreiben und sich die Taschen vollmachen wie vor der von ihnen verursachten Krise.”

Auch die Berner Zeitung begrüsst das bundesrätliche Gesetzespaket. Für sie ist jedoch noch nicht absehbar, “wie die Rettung des systemrelevanten Bereichs im Krisenfall funktionieren soll”.

Scharfe Kritik

Gar nicht gut kommen bei den Zeitungen die Opposition von UBS und SVP gegen das Bankengesetz an. So meint die Südostschweiz: “Hätte die UBS geschäftet, wie es sich für eine anständige Bank gehört, müsste sie sich jetzt nicht mit verschärften Anforderungen auseinandersetzen.”

Und die Aargauer Zeitung schimpft: “Die Fundamentalopposition der UBS gegen die strengen ‘Too big to fail’-Regeln ist ein ungeheuerlicher Affront gegenüber dem Land und seinen Bürgern. Ausgerechnet von der UBS!”

Als “kindisch” und “undankbar” definiert der Kommentator der LaRegioneTicino UBS-Chef Oswald Grübel, der schon seit Monaten gegen die Gesetzesrevision Stimmung macht. Die Zeitung begrüsst die am Mittwoch vom Bundesrat vorgestellten Massnahmen und sieht darin “keine aussergewöhnlichen Regeln, aber gesunden Menschenverstand”.

Der Kommentator in Tages-Anzeiger und Bund kann zwar nachvollziehen, dass UBS-Chef Grübel seit Monaten über die geplante Regulierung herzieht, “ist der Mann doch von seinem hochgesteckten Ziel getrieben, im Jahr 2014 wieder 15 Milliarden Franken Gewinn einzufahren”.

Aber er fragt nach dem Verbleiben von Verwaltungsratspräsident Kaspar Villiger: “Wenn einer Verständnis dafür haben müsste, dass das Land Schweiz seine Volkswirtschaft gegen das Risiko Grossbanken absichern muss, dann ist es – sollte man meinen – der ehemalige Vorsteher des Eidgenössischen Finanzdepartements.” Doch dieser überlasse in dieser Sache das Feld seinen Frontleuten, den Bankern.

Und dass sich die Schweizerische Volkspartei SVP gegen den “äusserst gedrängten Zeitplan” wehre, begreift der Kommentator überhaupt nicht. “Mit Verlaub: Wir zählen das Jahr drei nach der Krise. Die SVP schielt auf das internationale Umfeld, will Konkurrenznachteile für die Schweizer Banken verhindern. Ausgerechnet die SVP orientiert sich neuerdings am Ausland, an EU-Staaten.”

Eine von Peter Siegenthaler, dem früheren eidgenössischen Finanzverwalter, geleitete Expertengruppe hat dem Bundesrat Ende 2010 Vorschläge unterbreitet, wie die Schweiz mit Grossbanken umgehen soll, die im Konkursfall die gesamte Volkswirtschaft gefährden könnten.

Die Experten-Kommission hat ihre Empfehlungen zuhanden des Bundesrats einstimmig gefällt.

Vorgeschlagen wurden vier Kernmassnahmen zu Eigenmitteln, Risikoverteilung, Organisation und Liquidität. Sie bilden laut Siegenthaler ein Ganzes.

Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf hat am 20. April einen auf die Arbeit der Expertengruppe basierenden Entwurf für einneues Bankengesetz der Öffentlichkeit vorgestellt.

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