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Ein Schweizer Film im Rennen um Goldenen Löwen

"Tout un hiver sans feu", Schweizer Beitrag am Filmfestival Venedig. SP

Am Filmfestival Venedig ist auch der Erstling des schweizerisch-polnischen Regisseurs Greg Zglinski, "Tout un hiver sans feu", zu sehen. Damit ist die Schweiz nach 15 Jahren wieder im Wettbewerb vertreten.

Am Mittwoch wird die 61. Mostra mit dem neuesten Film von Steven Spielberg eröffnet.

Die Jury der Mostra Internazionale d’Arte Cinematografica, präsidiert vom britischen Regisseur John Boorman, wird sich zwischen 21 Filmen entscheiden.

Für eine Auszeichnung am ältesten Filmfestival der Welt bewirbt sich auch ein Schweizer Film. “Tout un hiver sans feu” – ein Familiendrama, das im Schweizer Jura spielt. Es handelt sich um den ersten Spielfilm des schweizerisch-polnischen Regisseurs Greg Zglinski, eines Schülers von Krzysztof Kieslowski.

Erstmals wieder seit Alain Tanner 1989

Damit ist dieses Jahr erstmals seit 1989, als Alain Tanners “La Femme du Rose Hill” im Wettbewerb figurierte, wieder ein Schweizer Werk in die engere Wahl aufgenommen worden.

“Tout un hiver sans feu” erzählt die Geschichte von Jean und Laure, die ihre kleine Tochter Marie beim Brand ihres Bauernhauses verloren haben. Dabei umgibt sie die Kälte des jurassischen Winters.

“Die Selektionskommission von Venedig liess sich wahrscheinlich durch die sehr persönliche filmische Ausdrucksweise vereinnahmen”, sagt Gérard Ruey von CAB Productions. “Der Film wirkt sehr tiefgründig”.

Der Lausanner Produzent Ruey entdeckte den Regisseur 2001. “Damals war ich Mitglied der Jury, welche die Zuwendungen des Bundesamts für Kultur vergab. Eines Tages erhielten wir einen Film, die Diplomarbeit eines gewissen Greg Zglinski. Ich fand seine Arbeit ausgezeichnet.”

Gérard Ruey nahm daraufhin sofort Kontakt mit dem jungen Cineasten auf. Gleichzeitig besass Ruey auch ein Drehbuch – das eines anderen Newcomers in der Welt des Films: Pierre-Pascal Rossi.

Zwei Newcomer vereinen

Rossi, ein ehemaliger Journalist der Télévision Suisse Romande (TSR), hatte sich dem Schreiben zugewandt.

Der Produzent nahm sich vor, die beiden zusammenzuführen. “Ein Projekt aufzugleisen, ist der aufregendste Teil meines Metiers. Nachher haben wir alles gemeinsam gemacht. Die Korrektur des Drehbuchs, das Casting, das Szenario.”

Was das Szenario betrifft, fiel die Wahl auf den Schweizer Jura. Ein Landstrich, den Greg Zglinski bestens kennt.

Früh übt sich…

1968 in Warschau geboren, lebte er die ersten zehn Jahre in Polen, bis seine Familie in die Schweiz emigrierte. Zglinski begeisterte sich schon früh für die “siebte Kunst” – den Film.

“Die ersten kinematografischen Gemütsregungen verdanke ich einer Tagesmutter. Statt in den Kindergarten führte sie mich von Zeit zu Zeit ins Kino.”

Die erste grosse Offenbarung war der “Krieg der Sterne, das Imperium schlägt zurück”, erzählt der Regisseur.

Als 15-Jähriger realisierte er seine ersten Kurzfilme. Mit 25 Jahren kehrte er nach Polen zurück, um an der staatlichen Schule für Film, Fernsehen und Theater in Lodz zu studieren. Dort traf er Krzysztof Kieslowski.

Zufall der Bekanntschaft

Ein Zufall, hatte doch CAB Productions für die Trilogie “Drei Farben: Blau, Weiss Rot” schon mit diesem Regisseur zusammengearbeitet. “Das war ein Glück für uns gewesen. Dieses Projekt zähle ich zu den Höhepunkten meiner Karriere”, sagt Gérard Ruey.

Und Greg Zglinski gehörte zu Kieslowskis letzten Schülern. “Ein Zufall? Sicher, aber wahrscheinlich auch so etwas wie ein Vater-Sohn-Verhältnis”, so Ruey. “Ich finde dies um so erstaunlicher, als der Zufall ja zu den Lieblingsthemen von Kieslowski gehörte.”

An der Seite von Spielberg, Wenders, …

Ab Mittwoch wird der Schüler in den Fussstapfen der ganz Grossen stehen. Eine einmalige Gelegenheit, Steven Spielberg in Venedig über den Weg zu laufen, oder Wim Wenders, Spike Lee, Mike Leigh, François Ozon und all den anderen.

Am Montag nächster Woche dann wird “Tout un hiver sans feu” zur Aufführung kommen. “Es war unser Ziel, den Film an einem Festival zu zeigen. Das haben wir nun erreicht”, so Gérard Ruey. “Nun setzen wir die Latte noch etwas höher. Weshalb nicht einen Preis gewinnen?”

Zglinskis Film kandidiert gleichzeitig in der Kategorie der Erstlings-Filme: Eine Hoffnung auf die Auszeichnung mit der “Goldenen Kamera”. Doch das wichtigste bleibt für Ruey, dass sein Film herumkommt.

“Am besten wäre es, wenn uns das Festival in Venedig Flügel verleiht, wie man auch auf polnisch sagt, Flügel, um mit dem Film in die weite Welt hinaus zu gelangen.”

swissinfo, Alexandra Richard
(Übertragen aus dem Französischen von Alexander Künzle)

Greg Zglinski wird am 8. April 1968 in Warschau geboren, wo er die ersten zehn Lebensjahre verbingt.

Dann emigriert seine Familie in die Deutschschweiz.

Mit 15 Jahren realisiert er seine ersten Kurzfilme.

Mit 25 Jahren kehrt er nach Polen zurück, um an der staatlichen Schule für Film, TV und Theater in Lodz zu studieren.

Dort trifft er Krzysztof Kieslowski. Zglinski gehört zu den letzten Schülern dieses polnischen Regisseurs.

“Tout un hiver sans feu” wird am 6. September in Venedig im Rahmen des Wettbewerbs gezeigt.

Ausser Wettbewerb zeigt der Schweizer Marc Forster (Monster Balls”) seine neue Produktion “Finding Neverland” mit Johnny Depp in der Hauptrolle.

Der neue Festivaldirektor Marco Müller war von 1991 – 2000 Direktor des Flimfestivals Locarno.

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