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Ein Stern am Tessiner Gastro-Himmel

Ivo Adam, Wunderkind und Weltmeister-Koch.

Kreativ, unternehmungslustig und mehrfach ausgezeichnet: Ivo Adam, der junge Schweizer Kochweltmeister, lässt sich in Ascona im Tessin nieder.

Adam, der südlich der Alpen ein neues Restaurant gepachtet hat, wird zu den leuchtenden Hoffnungssternen der Landes-Gastronomie gezählt – im Interview mit swissinfo.

Noch keine dreissig, und schon ein Stern am Gastro-Firmament: Ivo Adam kombiniert Professionalität mit Passion.

Denn für ihn ist die Küche gleichzeitig Freude und Lust, aber auch Strenge und Disziplin.

Seine Inspiration und seine solide Ausbildung haben ihm schon einige Preise an internationalen Kochwettbewerben eingetragen, unter anderem drei Gold-Medaillen des Weltbunds der Kochverbände.

Sicher gehört Adam auch zu den Sympathie-Trägern der Jungen, hat er ihnen doch eine Rezeptesammlung mit Rap-Rhythmen gewidmet, um ihnen eine gesunde Ernährung näher zu bringen. Mitte Juli hat er sein Ristorante Seven in Ascona eröffnet.

swissinfo: Wie findet ein Jugendlicher heute zum Kochberuf?

Ivo Adam: Die Küche hat einige Eigenheiten, die mir immer schon zugesagt haben. Sie ist kreativ, offen für Experimente, für Kombinationen und Kompositionen.

Sie hat auch spielerische Elemente. Mich erinnert sie an das Lego-Spiel. Nach diesem Vergleich wage ich zu behaupten, dass die Passion fürs Kochen schon ein Kindheits-Traum sein kann.

swissinfo: Wie muss man es angehen, um zur Elite der Köche vorzustossen?

I.A.: Bevor man sich irgendwelche Elite-Gedanken macht, braucht es die Ausbildung. Ich habe mich in diversen Bereichen ausgebildet, als Koch, als Konditor und als Chocolatier.

In diesen Bereichen habe ich auch meine Lehre gemacht. Das Diplom habe ich an der Hotelfachschule in Thun abgeschlossen.

Wenn sich die Leidenschaft für einen Beruf mit dem Stolz und der Entschlossenheit verbindet, es zu schaffen, lässt der Erfolg nicht lange auf sich warten. Oder es nehmen zumindest die Möglichkeiten zu, erfolgreich zu werden.

swissinfo: Bei Ihnen hat dies offensichtlich zu zahlreichen Auszeichnungen geführt.

I.A.: Das stimmt. Ich war Mitglied der Schweizer Koch-Nationalmannschaft und konnte in diesem Kontext zeigen, was in der Küche alles möglich ist. So fand ich meinen eigenen Stil.

swissinfo: Ist die Schweiz ein guter Boden für die Küche? Wie steht es um das Niveau der schweizerischen Gastronomie?

I.A.: Das Niveau liegt hoch, wie die verschiedenen internationalen Wettbewerbe zeigen.

In der Schweiz lassen sich verschiedene wichtige Zutaten gut kombinieren: Qualität, Ernsthaftigkeit, Fantasie, Organisation, Raffiniertheit und Einfachheit. Auch auf die Präsentation wird stark geachtet.

swissinfo: Doch sind in der Küche auch die Sinne stark gefordert. Welche Sinne wollen Sie mit ihrer Küche wachrütteln?

I.A.: In der Küche muss die Verführung klar sein und alle Sinne umfassen. Begonnen bei den Augen – ein schön präsentierter Teller ist immer ein guter Anfang – und weitergeführt im Mund, wo jeder Geschmackston harmonisch wahrgenommen wird.

Natürlich spielt auch der Geruchssinn eine wichtige Rolle. Man soll sich vom Geruch anziehen lassen. Der Koch muss wissen, wie er in diesem Bereich alle Vorgaben ins Gleichgewicht bringt – salzig, pikant, sauer, süss, warm und kalt.

swissinfo: Sinn, Geschmack und Geruch – aber auch Rhythmus, denn Sie sind ja ein Koch-Rapper!

I.A.: Sicher. In der Hotelfachschule habe ich eine Diplomarbeit vorgelegt, die sich mit Nahrungsmittel-Analyse befasst. Um an die Jungen heranzukommen und mit meiner Botschaft der korrekten und gesunden Ernährung anzukommen, dachte ich, es wäre angebracht, ihr Bewusstsein mit neuen Kommunikationsmethoden etwas durchzuschütteln.

Und da Rap eine Ausdrucksart ist, die den Jungen gefällt, habe ich mich durchs Kochen gerappt und Kochrezepte in Rap-Form aufgelegt.

Die Jungen können die CD hören und erhalten alle nützlichen Informationen, die es für eine gute Pasta, ein feines Birchermüesli oder etwas ähnliches braucht. Auf diese Weise können sie auch ihren Arbeitsrhythmus nach ihrem Gusto ausgestalten.

swissinfo: Was bedeutet denn das Kochen für Sie? Freude, Kreativität, Strenge, Improvisation?

I.A.: Fürs Kochen sind diese Eigenschaften allesamt gefragt. In der Küche braucht es ausserdem Disziplin, Konzentration, Organisation, perfekte Vorbereitung und Sauberkeit. Darüber hinaus ein gutes Nervenpaket, da immer einige Probleme gleichzeitig gelöst werden müssen.

Kochen bedeutet immer auch einen Bezug zu anderen Leuten. Dies verbindet. Andererseits fehlt es in den Familien immer mehr an Zeit.

Aber in der Küche finden sich immer Momente, während denen diskutiert werden kann oder auch solche Probleme zu lösen sind, die nichts mit Essen zu tun haben.

swissinfo: In welchen Bereichen lässt sich das Kochen noch erneuern?

I. A.: Wie in jedem Beruf gibt es beim Kochen immer Möglichkeiten zur Innovation. Es ist wie in der Mode: Aufmerksamkeit und Anpassungsfähigkeit sind gefragt. Zum Beispiel gibt es viele alte Kochmöglichkeiten, die neu aufbereitet werden können.

Ich denke auch an die Molekularküche, bei der die Nahrungsmittel mit Laborinstrumentarien aufbereitet werden. Auch das hat seinen Reiz und eröffnet neue Perspektiven.

swissinfo: Was führt Sie nach Ascona? Ist diese Gegend für Sie eine Inspiration?

I.A.: Die Region offeriert vor allem ausgezeichnete Produkte. Die Leute haben ausserdem ein gutes Verhältnis zur Ernährung, sie schätzen die Gastronomie und sind Neuem gegenüber offen.

swissinfo: Was kocht ein Koch-Star für sich selbst oder für Freunde?

I.A.: Etwas mit einfachen und frischen Produkten. Ich liebe eine Portion Pasta mit einer frischen Sauce, mit gutem Olivenöl, bestem Parmesan und etwas Chilischote. Ich neige eher zum Weglassen als zum Anhängen.

swissinfo: Was tun Sie, wenn Sie nicht kochen?

I.A.: Ich schlafe, ruhe mich aus… (lacht). Denn mein Beruf fordert wirklich viel Einsatz.

Und bleibt noch etwas Zeit, bin ich mit meiner Freundin Aurelia zusammen, oder verwalte meine privaten Angelegenheiten.

swissinfo: Haben Sie Hobbys?

I.A.: Kochen, kochen, kochen. Auch Sport, um mich zu bewegen. Ich jogge gern, und auch Wasserski fahren gefällt mir.

swissinfo-Interview: Françoise Gehring, Ascona
(Übertragung aus dem Italienischen: Alexander Künzle)

Der Bieler Ivo Adam wurde am 4. November 1977 geboren. 1994 begann er mit seiner Ausbildung, 2004 diplomierte er an der Hotelfachschule in Thun.

Danach feilte er weiter an seiner Ausbildung – in der Schweiz und im Ausland.

Die solide Ausbildung hat ihn beruflich in die hohen Sphären der Gastronomie gebracht. Zwischen 1996 und 2004 erhielt er rund 15 Preise.

So erhielt er 2003 den Schweizer “Milestone”-Preis für Nachwuchskräfte. Dieser wird jährlich von der Fachzeitung “hotel + tourismus revue” verliehen.

Ivo Adam war unter anderen zwei Mal Weltmeister, einmal im Schweizer Team in Singapur und Chicago, und einmal in Singapur in der individuellen Einzel-Meisterschaft.

Der Autor von Rezepten und “Rezept-Rapper” ist mit 15 Gault Millau-Punkten ausgezeichnet.

Köche liefern sich auch untereinander Wettkämpfe. Auf internationalem Niveau sind die Anlässe zahlreich.

Dem Weltbund der Kochverbände, der World Association of Cooks Societies (WACS), sind 70 Länder auf 5 Kontinenten angeschlossen, darunter auch die Schweiz.

Um von der WACS anerkannt zu werden, braucht es die Partizipation an den Weltmeisterschaften in Luxemburg, an der kulinarischen Olympiade und den nationalen Wettkämpfen, die in allen Mitgliedsländern stattfinden.

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