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Einsatz für sichere Wasserversorgung weltweit

Janet Hering gilt als ausgewiesene Wasser-Expertin. (Eawag)

Janet Hering, neue Direktorin des Wasserforschungs-Instituts der ETH, spricht über die Rolle, die das Institut bei den weltweiten Bemühungen für eine sichere, hygienische Wasserversorgung spielt.

Im Gespräch mit swissinfo äussert sich die amerikanische Umwelt-Professorin über die globalen Herausforderungen, vor denen die Wasser-Spezialisten stehen.

Hering ist Spezialistin für Methoden zur Aufbereitung von verunreinigtem Wasser zu Trinkwasser und für das biogeochemische Verhalten von Spurenmetallen.

Sie kennt die Eidgenössische Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz (Eawag) bereits von ihrem Studium her.

Das Institut, an dessen Spitze sie seit dem 1. Januar dieses Jahres steht, habe nicht nur international einen guten Ruf, sondern sei das einzige, das sich derart konzentriert auf den Bereich Wasser fokussiere, unterstreicht Hering.

Und dank der grosszügigen Bundesgelder könne die Eawag innovative, qualitativ hoch stehende Forschung betreiben.

swissinfo: Was sind Ihrer Ansicht nach zurzeit die grössten Herausforderungen bei der Versorgung und Verteilung von Wasser?

Janet Hering: Die Herausforderungen unterscheiden sich von Region zu Region. Die Versorgung der Menschen mit sicherem Trinkwasser und sanitären Einrichtungen wie Abwassersystemen ist in unterentwickelten Staaten und Entwicklungsländern von grosser Bedeutung.

Die sichere Versorgung mit Trinkwasser gehört daher auch zu den von der UNO festgelegten Millenniums-Zielen (zur Verringerung der Armut). Ich denke, dass unser Institut in dem Bereich wichtige Beiträge leisten kann.

Aber auch die Industriestaaten müssen einige Probleme in den Griff bekommen. Viele der klassischen Fragen im Zusammenhang mit der Wasserqualität sind zwar gelöst. Aber in der Schweiz und in anderen Ländern gibt es zum Beispiel das Problem, dass einheimische Fischarten aussterben.

Dazu kommen Fragen wie die Renaturierung von Fluss- und Bachbetten, vor allem bei Flüssen, die kanalisiert wurden, um gegen Fluten anzugehen. Dabei gilt es, unterschiedliche Interessen unter einen Hut zu bringen.

Der Schutz gegen Überschwemmungen muss aufrechterhalten bleiben, auch wenn Flussläufe vermehrt in einen naturnahen Zustand zurück versetzt und Lebensräume für einheimische Arten geschaffen werden.

swissinfo: Das Institut hat unter anderem beträchtliche Erfolge mit sanitären Projekten wie Trinkwasserversorgung, Abwasser- und Fäkalentsorgung in Entwicklungsländern.

J.H.: Ja, eines der schon länger erfolgreichen Projekte ist Sodis, ein Projekt zur einfachen Desinfektion von Wasser mit Hilfe von Sonnenlicht. Denn wenn die Entsorgung von Fäkalien und Abfällen ungenügend ist, wird leider das Trinkwasser mit krank machenden Keimen verseucht.

Die hauptsächliche Todesursache von Kindern unter fünf Jahren in Entwicklungsländern sind Durchfall-Erkrankungen, die meist durch verschmutztes Wasser übertragen werden.

Mit Sodis kann eine dringende Not der Bevölkerung gelindert werden und zwar auf relativ einfache Weise: Wasser wird in einer Pet-Flasche in die Sonne gelegt. Durch die Wärme- und Sonneneinwirkung werden die Keime abgetötet.

swissinfo: Im Zusammenhang mit dem Wasser wird teilweise von einer drohenden weltweiten Krise gesprochen. Sind wir tatsächlich so weit?

J.H.: Ich denke, in gewissen Regionen der Welt herrscht tatsächlich bereits heute eine Wasserkrise. In einigen Gegenden gibt es sehr komplizierte grenzüberschreitende Fragen wie etwa im Fall von Äthiopien und Eritrea.

Und im Nahen Osten ist die Wassernutzung in Israel und den umliegenden Ländern einer der vielen komplizierenden Faktoren. Sogar in den USA gibt es zwischen einzelnen Bundesstaaten einige Probleme.

Viele dieser Probleme drehen sich um Menge und Qualität des Wassers. Und die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Situation in Zukunft verschärfen könnte ist hoch, nicht zuletzt wegen des Bevölkerungsdruckes. Dazu kommt die grosse Ungewissheit im Zusammenhang mit dem Klimawandel.

Global betrachtet haben wir heute eine ziemlich gute Vorstellung über die Auswirkungen des Klimawandels. Wie sich dieser allerdings auf regionaler Ebene genau auswirken wird, ist bisher offen.

Es ist sehr schwierig vorauszusagen, ob es in einer Region mehr oder weniger Regen geben wird. In der Schweiz sind die Gletscher bereits substanziell geschrumpft, dies könnte sich auf die Wasserversorgung auswirken.

swissinfo: Also hat sogar das “Wasserschloss” Schweiz Probleme oder muss mit solchen rechnen?

J.H.: Es gibt einige Fragen zur Grundwasserqualität. Vor allem wegen des Nitrat-Gehalts und wegen der Rückstände von Pestiziden und Herbiziden, die übrigens nicht nur aus der Landwirtschaft, sondern auch aus urbanen Räumen kommen.

Aber im Vergleich mit andern Ländern muss sich die Schweiz keine grossen Sorgen machen. Das Land hat sicher genug Wasser-Ressourcen.

swissinfo: Wie sehen Sie die Zukunft der weltweiten Wasser-Vorräte?

J.H.: Ich hoffe, dass wir in der Zukunft den Wert dieser Ressourcen mehr und mehr anerkennen – und wie wichtig es ist, diese zu schützen. Das ist vor allem im Kontext der rasanten Wirtschaftsentwicklung in China, Indien und andern Regionen der Welt besonders wichtig.

Glücklicherweise wächst unterdessen die Einsicht, dass man wohl in den ersten Jahren des Entwicklungsschubs zu wenig Gewicht auf Umweltfragen legte, aber dass es auf die Dauer schlicht nicht so weitergehen kann.

swissinfo-Interview: Isobel Leybold-Johnson, Dübendorf
(Übertragen aus dem Englischen: Rita Emch)

Das Wasserforschungs-Institut Eawag ist auf zwei Standorte aufgeteilt: Dübendorf bei Zürich und Kastanienbaum bei Luzern.

Das Institut wurde 1936 als Beratungsstelle für Abwasser-Reinigung der ETH Zürich gegründet.

Heute gehört das Institut zum Forschungsnetzwerk der Eidgenössischen Technischen Hochschulen. Es arbeitet national und international zusammen mit anderen Forschungs-Institutionen, dem privaten und dem öffentlichen Sektor sowie mit Nicht-Regierungsorganisationen.

Die Eawag hat rund 400 Mitarbeitende. Das Institut arbeitet inter-disziplinär, es bietet wissenschaftliche Zusammenarbeit, Beratungsdienste und ein breit gefächertes Weiterbildungs-Angebot an, um sein Wissen und Know-how weiterzuvermitteln.

Kernpunkte der Forschungsarbeit sind die Wasser-Ökosysteme, urbanes Wasser-Management, chemische Verbindungen und deren Auswirkungen auf den Wasserhaushalt.

Die US-Amerikanerin Janet Hering wurde 1958 geboren.

Sie studierte an den Universitäten Cornell und Harvard und promovierte am Massachussetts Institute of Technology (MIT). Von 1988-1991 absolvierte sie ein Post-Doktorat an der Eawag.

Bevor sie die Stelle als Eawag-Direktorin antrat, war sie seit 2002 Professorin am California Institute of Technology (Caltech).

Janet Hering sitzt zudem im redaktionellen Beirat des Journals
Environmental Science and Technology.

Seit dem 1. Januar 2007 steht sie an der Spitze der Eawag.

Ihre Forschungstätigkeit konzentriert sich auf Methoden zur Aufbereitung von verunreinigtem Wasser zu Trinkwasser und auf das biogeochemische Verhalten von Spurenmetallen.

Neben ihrem Amt als Eawag-Direktorin hat Hering auch eine Professur für Umwelt-Biogeochemie an der ETH Zürich.

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