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El-Kaida-Fall: Bundesanwaltschaft in der Kritik

Terrorismus-Fall: Bundesanwalt Valentin Roschacher (rechts) einmal mehr unter Druck. Keystone Archive

Die Bundesanwaltschaft muss vom Bundesstrafgericht Kritik für ihr Vorgehen im Verfahren gegen einen mutmasslichen El-Kaida-Financier einstecken.

Sie muss nun bis Ende Mai entweder das Verfahren einstellen oder die Voruntersuchung beantragen.

Die Bundesanwaltschaft (BA) als Anklagebehörde der Schweiz hatte nach den Anschlägen vom 11. September 2001 ein gerichtspolizeiliches Verfahren eröffnet. Ab dem 24. Oktober wurde das Verfahren gegen zwei Manager der “Nada Management Organization SA” (früher “Al Taqwa”) in Lugano geführt, unter anderem wegen Unterstützung einer kriminellen Organisation.

Frist bis zum 31. Mai

Die beiden Männer, unter ihnen der ägyptische Geschäftsmann Youssef Nada, sollen gemäss Informationen der Bundeskriminalpolizei die Köpfe eines Firmenkonglomerats zur finanziellen Unterstützung von El Kaida sein. Sie sollen in der Schweiz Kanäle zur Finanzierung des islamistischen Terrorismus eingerichtet haben.

Seit 2002 hatte Nada über seinen Berner Anwalt regelmässig die Einstellung des Verfahrens verlangt. Am vergangenen 11. Januar gelangte er schliesslich mit Beschwerde ans Bundesstrafgericht.

Die Richter in Bellinzona haben diese nun im Grundsatz geschützt und die BA aufgefordert, das Verfahren bis zum kommenden 31. Mai entweder einzustellen oder dann beim eidgenössischen Untersuchungsrichter die Voruntersuchung zu beantragen. Grundsätzliche Kritik an der Vorgehensweise der BA sei zwar unbegründet.

Mangelnde Information…..

Zu Recht sei vom Beschwerdeführer indessen kritisiert worden, dass er von der BA nie in ausreichender Form über die gegen ihn erhobenen Vorwürfe informiert worden sei. Gerade weil die BA das Verfahren schon weit vorangetrieben habe, hätte sie ihn über den konkreten Tatverdacht informieren müssen.

Der blosse Vorwurf der Finanzierung von Personen, die zur Al-Kaida gehören würden, möge für die ersten paar Monate des Verfahrens ausreichend gewesen sein. Nach mehr als drei Jahren, umfangreichen Einvernahmen und zahlreichen Rechtshilfen wären aber präzisere Angaben zu erwarten gewesen.

… und verzögertes Verfahren

Als zweiten Punkt wirft das Bundesstrafgericht der BA unbegründete Verzögerungen des Verfahrens vor. Zwar könne nicht davon gesprochen werden, dass die BA untätig geblieben sei. In den Jahren 2002 und 2003 könne das Verfahren in Anbetracht der aufwändigen Abklärungen nicht beanstandet werden.

Kritischer zu beurteilen sei jedoch das Verhalten der BA für das zweite Halbjahr 2004. In dieser Phase habe sie dem Beschwerdeführer mehrfach den Abschluss des Verfahrens, beziehungsweise die Übergabe des Dossiers an den eidgenössischen Untersuchungsrichter in Aussicht gestellt.

Bundesanwaltschaft sieht sich bestätigt

Angesichts noch hängiger Rechtshilfeverfahren seien gewisse Verzögerungen zwar verständlich. Wegen der mangelnden Angaben zum Sachverhalt sei die Notwendigkeit dieser Schritte indessen nicht nachprüf-oder nachvollziehbar. Daraus ergebe sich, dass das Verfahren bei der Beschwerdeerhebung ungebührlich verzögert gewesen sei.

BA-Sprecher Hansjürg Mark Wiedmer nimmt mit grosser Befriedigung davon Kenntnis, dass die Grundsatzkritik an der Verfahrensführung der BA als unbegründet zurückgewiesen wurde. Man habe vom Entscheid mit Befriedigung Kenntnis genommen. Allerdings würden offene Türen eingerannt, da die BA ohnehin bis Ende Mai über das weitere Vorgehen habe entscheiden wollen.

swissinfo und Agenturen

15. September 2001: Die Bundesanwaltschaft eröffnet nach den Anschlägen in den USA ein Verfahren gegen Unbekannt.
24 Oktober 2001: Die Untersuchung richtet sich gegen zwei Verantwortliche des im Tessin ansässigen Unternehmens Nada Management Organization, das früher unter dem Namen Al Taqwa operierte.
7 November 2001: Das Unternehmen wird versiegelt und die Dokumente beschlagnahmt.
Anfang Mai 2004: Die Bundesanwaltschaft ist immer noch mit Vorabklärungen beschäftigt.
Sie hat bis am 31 Mai Zeit, um eine Voruntersuchung zu beantragen oder das Verfahren einzustellen.

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