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Entschädigungen: Pauschalreisende sind besser dran

Hat Anrecht auf angemessene Unterkunft: Gestrandeter Passagier am Flughafen Frankfurt. Reuters

Fünf Tage Flugstopp über Europa, 95'000 ausgefallene Flüge, Millionen gestrandeter Passagiere: Die Aschewolke aus dem Vulkan unter dem Eyjafjalla-Gletscher hat viele Teile der Welt lahmgelegt. Aber nicht alle, die Entschädigungen fordern, haben gleich gute Karten.

Die Folgen des Vulkanausbruchs unter dem isländischen Eyjafjalla-Gletscher von letztem Donnerstag zeigen sich praktisch in allen Bereichen des Lebens in Europa, aber auch in Übersee.

So auch in Olten im Kanton Solothurn, genauer: Im Büro von Beat Dannenberger.

“Bei uns sind in den fünf Tagen markant mehr Anfragen von Reisenden eingegangen. Sie haben sich schon andernorts informiert, wollten sich aber noch bei uns absichern”, sagt der Ombudsman der Schweizer Reisebranche gegenüber swissinfo.ch.

Nicht beeinflussbar

Für den Branchenaufseher ist die Aschewolke ein typischer Fall höherer Gewalt, vergleichbar etwa mit demjenigen, wenn die Schweiz unter einer meterdicken Schneedecke liegen würde.

“Eine solche Situation kann niemand beeinflussen. Und im Flugverkehr geht nichts mehr.”

Auch höhere Gewalt, aber einer anderen Art, sind Flugannullationen infolge von technischen Defekten am Flugzeug, Streiks oder terroristischer Anschläge wie “9/11” im Jahr 2001.

Der Mensch von heute ist globaler Bürger. Dass diese Eigenschaft eine komplexere Absicherung verlangt als die simple Reiseversicherung, wird einem gerade angesichts der fünftägigen Schliessung des Himmels über Europa bewusst.

Gegenwärtige Aufgabe von Dannenberger und seines Teams ist es, betroffenen Reisenden möglichst Klarheit über ihre rechtlichen Ansprüche zu verschaffen.

Rückerstattung oder Entschädigung

“Kann ein Kunde angesichts der Flugausfälle infolge der Aschewolke die Reise nicht antreten, hat er Anrecht auf Rückerstattung des Tickets”, sagt der Ombudsman.

Wer reisen will oder muss, hat grundsätzlich Anrecht auf eine Entschädigung. Dazu gehören Getränke, Mahlzeiten und eine angemessene Unterkunft. Eine Woche in einem Fünfsternhotel gibt es laut Dannenberger also nicht.

Zusätzliche Entschädigungen wie Folgekosten, beispielsweise bei zu spätem Erscheinen bei der Arbeit, können gestrandete Reisende aber nicht fordern.

Ebenfalls keine Forderungen mehr können Reisende stellen, die alternative Transportmittel akzeptieren. Etwa, wenn Reiseunternehmen den Umstieg vom Flugzeug auf den Bus anbieten.

Lob für kulante Haltung

Wer eine Pauschalreise gebucht hat, etwa mit Flug, Unterkunft und Mietwagen, für den ist der Veranstalter primärer Ansprechpartner.

“Die Pauschalanbieter haben sehr entgegenkommende Lösungen angeboten, indem sie sich trotz höherer Gewalt möglichst kulant gezeigt haben”, gibt es Lob seitens des Chefs der Beschwerde-Instanz.

Wer dagegen im Internet gebucht hat und so einige Franken sparen wollte, hat dagegen laut Beat Dannenberger “Pech gehabt”.

Da sämtliche Leistungen in separaten Verträgen geregelt sind, muss der Kunde auch mit jedem Anbieter separat verhandeln. Was seine Position nicht unbedingt stärkt.

Renat Künzi, swissinfo.ch

Die von der Schweiz aus operierende Airline Swiss, die zur deutschen Lufthansa gehört, räumt Kunden die kostenlose Annullation der Flüge mindestens bis Freitag, 23. April ein sowie die Rückerstattung des Ticketpreises.

Die meisten Anbieter von Pauschalreisen zeigen sich generell kulant, solange das Flugverbot galt: Annullationen oder Umbuchungen waren kostenlos.

Kuoni übernimmt laut Sprecher Peter Brun auch “sämtliche Mehrkosten bei Pauschalreisenden”, und auch die Versicherungen würden sich an den Kosten beteiligen.

Hotelplan (Migros) erstattet gestrandeten Kunden ebenfalls sämtliche Kosten für Pauschal- und Individualbuchungen zurück bis zur Wiedereröffnung der Flughäfen am Dienstag.

Auch gestrandete Pauschalreise-Kunden von TUI Suisse erhalten ihr Geld zurück, Kosten für Zusatznächte werden ebenfalls übernommen.

Hunderttausende gestrandete Passagiere hätten am Montag wieder an ihrem Arbeitsplatz sein sollen.

In vielen Ländern fiel der Ausfall der Flüge zudem zusammen mit dem Ende der Osterferien.

Wie viele Arbeitskräfte insgesamt gefehlt haben, wurde bisher aber noch nicht berechnet.

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