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EU: Sparen würgt griechisches Wachstum nicht ab (Zus)

BRÜSSEL/ATHEN (awp international) – Die EU hat Kritik an ihren Sparvorgaben für Griechenland zurückgewiesen. Einschnitte bei Gehältern und Steuererhöhungen würden nicht zwangsläufig das Wirtschaftswachstum abwürgen, sagte ein Sprecher der EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel: “Das eine schliesst das andere nicht aus.” Die EU sei darauf angewiesen, dass die Steuerpolitik der Mitgliedsländer Wachstum ermögliche.
In Griechenland warnt vor allem der konservative Oppositionsführer Antonis Samaras vor den Folgen eines zu heftigen Sparkurses. Dies werde den privaten Konsum abwürgen und die staatlichen Einnahmen aus der Mehrwertsteuer sinken lassen, was die angespannte Haushaltslage noch verschärfe, lautet sein Argument. Ministerpräsident Giorgos Papandreou traf sich am Mittwochabend mit Samaras und dem Präsidenten der ultrakonservativen Partei Völkische Orthodoxe Gesamtbewegung (LAOS), Giorgos Karatzaferis.
REGIERUNGSCHEF PAPANDREOU
Der sozialistische Regierungschef Papandreou habe nach Medieninformationen Zustimmung der zwei konservativen Politiker für weitere harte Spar-Massnahmen gefordert. Die Rede war von rund zehn Prozent weniger Lohn für alle Staatsbediensteten und Kürzungen bei Sozialleistungen. Samaras wolle kommende Woche nach Brüssel reisen, um den EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso über die Lage in Griechenland zu informieren. Für Spannung sorgte der Plan der Regierung, eine Untersuchung zu den Schuldigen an der Übertragung von falschen Daten an die EU sowie für die “konstruktive Buchführung” des Schuldensünders Griechenland einzuleiten.
Die vergangenen Oktober abgelöste konservative Partei befürchtet, dass sie als Sündenbock für alle Versäumnisse der vergangenen Jahrzehnte dargestellt werden könnte. Sie fordert, dass der Untersuchungsausschuss auch die Regierungszeit der Sozialisten von 1981 bis 1989 und danach von 1993 bis 2004 untersucht. Der Chef der rechten Partei (LAOS), Karatzaferis, warnte die beiden Politiker der grossen Parteien davor. In dieser für Griechenland ungünstigen Zeit sollten “Leichen im Keller gelassen werden”, sagte er im Fernsehen.
HARTES SPARPROGRAMM
Nach Prognosen der europäischen Statistikbehörde Eurostat schrumpfte die griechische Wirtschaft 2009 erstmals seit Jahren um 1,1 Prozent, für 2010 gehen die Statistiker von einem Minus von 0,3 Prozent aus.
Die EU-Finanzminister hatten am Dienstag ein hartes Sparprogramm für Athen beschlossen, das unter anderem für höhere Steuereinnahmen plädiert. Eine Anhebung der griechischen Mehrwertsteuer wird zudem als eine weitere Möglichkeit debattiert, um das Schuldenloch der Mittelmeerlandes in diesem Jahr zu stopfen. Athen wird in beispielloser Weise unter EU-Aufsicht gestellt./wag/tt/DP/jha

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