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EU bereitet Hilfe für Irland vor

BRÜSSEL/DUBLIN (awp international) – Europa bereitet sich auf eine Hilfsaktion für Irland und sein marodes Bankensystem vor. Die EU und der Internationale Währungsfonds (IWF) werden eine Expertengruppe nach Dublin schicken, um ein Finanzpaket für Irland auszuarbeiten. Das kündigte EU-Währungskommissar Olli Rehn am Dienstag nach einem Treffen der Euro-Finanzminister in Brüssel an. «Sie werden die laufenden Vorbereitungen verstärken – für den Fall dass Irland um Hilfe bittet.» Ob Irland als erstes Land Geld aus dem im Mai geschaffenen Euro-Rettungsschirm oder bilaterale Kredite erhalten wird, liess Rehn offen.
Zwar hat Dublin bislang noch keine Hilfsanfrage nach Brüssel geschickt, doch wird diese bald erwartet. Am Dienstag fassten die Finanzminister noch keine Beschlüsse, sicherten Irland aber ihre Solidarität zu. «Wir werden entschieden und koordiniert handeln, um das Finanzsystem des Euro-Raums zu sichern, falls es notwendig werden sollte», schrieben die Finanzminister in einer gemeinsamen Erklärung. «Wir bestätigen, dass wir dafür die notwendigen Finanzmittel haben.»
Konkrete Summen für das Hilfspaket nannte Rehn nicht, dafür sei es noch zu früh. Irland muss sein überdimensioniertes und kriselndes Bankensystem stützen und war deshalb in eine Schuldenspirale geraten. Investoren bezweifeln, dass Dublin seine Schulden zurückzahlen kann. Allein für die maroden Banken werden bis zu 50 Milliarden Euro benötigt.
Kredite für Irland könnten in kürzester Zeit fliessen. «Wenn die Bitte um finanzielle Unterstützung kommt, wird es möglich sein, einen substanziellen Betrag in kurzer Zeit bereitzustellen», betonte der Geschäftsführer des Luxemburger Krisenfonds EFSF, Klaus Regling. Das Geld könne in fünf bis acht Arbeitstagen bereitstehen.
Als weiterer potenzieller Kandidat gilt das hoch verschuldete Portugal. Allerdings hat auch Portugal noch kein Hilfsersuchen losgeschickt und wolle dies auch nicht tun, betonte Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker. «Die Lage ist sehr verschieden: In Irland geht es um Bankenprobleme, in Portugal um die Haushaltskonsolidierung und Strukturreformen», sagte Kommissar Rehn.
Im Frühjahr hatte die EU nach der milliardenschweren Hilfe für Griechenland einen Rettungsschirm für andere betroffene Länder geschnürt. Der Notfallfonds beläuft sich inklusive Gelder des Internationalen Währungsfonds (IWF) auf 750 Milliarden Euro. Er ermöglicht kriselnden Euro-Staaten, Milliardenbeträge auszuleihen, um eine Staatspleite zu umschiffen. Bevor der Fonds einspringen kann, müssen alle Euro-Länder Ja sagen.
Seit Tagen war hinter den Kulissen der Druck anderer EU-Staaten auf Dublin gewachsen. Irland benötigt nach eigener Darstellung bis Mitte 2011 aber kein frisches Geld. Noch kurz vor dem Treffen der Euro-Finanzminister betonte Premier Brian Cowen in Dublin: «Irland hat keinen Antrag auf fremde Hilfe gestellt». Die Euro-Länder fürchten aber, dass die Krise sich auf andere Wackelkandidaten wie Portugal oder Spanien ausweiten könnte und drängen Irland daher, Hilfe anzunehmen.
«Wir sollten besser als im Fall Griechenland und vor allem schneller reagieren», sagte der österreichische Finanzminister Josef Pröll zu Beginn des Treffens. «Zu lange zu warten, wird zu teuer.» Nicht nur die Finanzmärkte sind nervös, auch viele Banken haben grosses Interesse daran, dass Irland den Rettungsschirm in Anspruch nimmt – denn sie sind mit Milliardensummen in dem Land engagiert/mt/DP/he

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