Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Euro 2008: Kein Prostitutions-Anstieg in Sicht

Neue Rotlicht-Orte werden an der Euro 2008 kaum erwartet. Keystone

Die Fussball-Europameisterschaft dürfte zu keinem Anstieg der Prostitution führen - weder der legalen noch der Zwangsprostitution. Behörden und Hilfsorganisationen konnten bisher keine Anzeichen für ein Anwachsen feststellen.

Die Männer seien an der Euro 2008, um vor allem Fussball zu sehen, konstatiert Jacqueline Suter von Xenia, der Berner Beratungsstelle für Frauen im Sexgewerbe. Nach ihren Informationen dürften im Juni zwar einige Neue zum horizontalen Gewerbe stossen, neue Rotlicht-Orte dürften aber kaum entstehen.

Es sei sehr schwierig, Voraussagen zu machen, erklären Christoph Zingg von der Zürcher Anlauf- und Beratungsstelle Isla Victoria und Vicky Eberhard von Aliena in Basel. Es sei möglich, dass Prostituierte aus den Oststaaten zur Euro anreisten, aber keineswegs sicher.

Zingg verweist darauf, dass die starke Polizeipräsenz Freier und illegale Prostituierte gleichermassen abhalten könnte.

Nicht mehr Tänzerinnen-Bewilligungen

Auch die Cabaret-Szene erwartet keine erhöhten Aktivitäten wegen der Euro 08. Die Fremdenpolizeien von Bern, Basel, Zürich und Genf registrierten keinen Anstieg der Bewilligungs-Gesuche für Cabaret-Tänzerinnen.

Die Ordnungskräfte merkten von einem Wachstum des Sexgewerbes nichts, wie der Genfer Polizeisprecher Eric Grandjean sagt. Im Juni werde die Sittenpolizei die Szene aber aufmerksam überwachen.

Zürich intensiviert die Kontrollen ebenfalls. Dort sind neben der Polizei auch Strassenarbeiterinnen der Organisation Isla Victoria im Einsatz.

Erfahrungen der WM in Deutschland

Fussballfans, die Prostituierte aufsuchen, dürften eher die Ausnahme sein, wie Erfahrungen in Deutschland bei der Fussball-Weltmeisterschaft vor zwei Jahren zeigen. Wie eine eigens ausgearbeitete Studie erbrachte, gingen die Fans mit ihren Freunden, Partnerinnen und Partnern oder mit der ganzen Familie an die Spiele.

So konnten potentielle Freier höchstens bei wenigen Gelegenheiten diskret zu einer Prostituierten gehen. In einigen Gebieten war der Freierverkehr während der WM rückläufig, während er andernorts stabil blieb.

Beim Frauenhandel blieb es an der WM 2006 ebenfalls ruhig. Die Behörden deckten lediglich 26 Fälle auf. Verschiedene Prognosen waren noch von 40’000 Fällen ausgegangen. Die Zwangsprostitution und der Frauenhandel sind deswegen aber nicht vom Tisch.

Kampagne gegen Frauenhandel

Die in der Schweiz lancierte Kampagne “Euro 08 gegen Frauenhandel” nimmt das Sportereignis zum Anlass, auf das Thema hinzuweisen und Freier zu sensibilisieren.

Eine Petition, die vom Bund und den Kantonen einen besseren Schutz der Opfer fordert, wurde bereits von 20’000 Personen unterzeichnet, wie Doro Winkler, die Ko-Präsidentin der Kampagne sagt.

swissinfo und Agenturen

Die Kampagne “Euro 08 gegen Frauenhandel” ist eine Initiative von 25 Menschenrechts- und Frauenorganisationen, Fachstellen für Gleichstellung, Hilfswerken, kirchlichen Organisationen und Gewerkschaften in der Schweiz.

Sie informiert über die Hintergründe von Frauenhandel und Zwangsprostitution, trägt dazu bei, dass Opfer besser geschützt werden und enthält Hinweise für Freier.

Auch wenn Prostituierte an der Euro 2008 mehr Geld verdienen können, müssen sie das mit erhöhtem Risiko bezahlen. Fussballfans, in Gruppen unterwegs und alkoholisiert, sind häufig gewaltbereit, wie Hilfsorganisationen feststellten.

Die Aids-Hilfe Schweiz lancierte darum anfangs Monat die Kampagne “fair play”, die sich an Fussballfans richtet, welche bezahlten Sex haben wollen. An Match-Tagen verteilen Freiwillige Präservative und Karten. Die Karten rufen in Erinnerung, dass Regeln wie Freundlichkeit und Respekt auch für Freier gelten.

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft