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EURO-KRISE/EZB/Stark: Europa bei Griechenlandhilfe nicht erpressbar

BERLIN (awp international) – Europa darf beim Thema Griechenlandhilfe laut EZB-Direktoriumsmitglied Jürgen Stark nicht erpressbar sein. “Nur auf der Basis einer glaubwürdigen mittelfristigen Konsolidierungsstrategie und eines ehrgeizigen Privatisierungskonzepts kann Griechenland auf die Auszahlung der nächsten Tranche hoffen”, sagte Stark am Montag in Berlin. “Solidarität darf nicht in der Weise missverstanden werden, dass die europäischen Partner und die internationale Gemeinschaft keine andere Wahl hätten, als die Finanzierung fortzusetzen. Niemand ist erpressbar und niemand darf erpressbar sein.” Am Mittwoch will das griechische Parlament über das Spar- und Reformpaket abstimmen.
Stark warnte jedoch eindringlich vor einer Umschuldung im Falle Griechenlands: “Die Auswirkungen einer Umschuldung für die Stabilität des Finanzmarktsystems in Europa sind nicht absehbar und könnten die Auswirkungen der Lehman-Insolvenz noch in den Schatten stellen.” Jeder, der etwas anderes behaupte, verkenne die Komplexität der Situation.
Zudem würden laut Stark durch eine Umschuldung die Haushaltsprobleme von Griechenland nicht nachhaltig gelöst. “Solange der Haushalt des griechischen Staates ein grosses Primärdefizit aufweist, würde ein Schuldenschnitt die Schuldentragfähigkeit nur vorübergehend verbessern.” Unter dem Primärdefizit versteht man das Haushaltsdefizit nach Zinszahlungen. “Sofort wegfallen würde jedoch der politische Druck auf die griechische Regierung, ihre Bemühungen zu intensivieren, Haushaltsdefizite abzubauen und durch Strukturreformen die Wirtschaft wieder wettbewerbsfähig zu machen”, sagte Stark. Die Verantwortung für die weitere Entwicklung in der Eurozone liegt laut Stark alleine in Griechenland./jsl/ajx

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