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Europäische Länder verschleppen laut Marty Folter-Ermittlungen

(Keystone-SDA) Der Vizepräsident der Weltorganisation gegen die Folter, Dick Marty, übt harsche Kritik an der mangelnden strafrechtlichen Verfolgung der Verbrechen des US-Geheimdienstes CIA in Europa. In vielen Staaten würden die Ermittlungen absichtlich verschleppt.

Besonders stossend sei die Situation in Rumänien. «Rumänien hat immer alles abgestritten. Dort herrscht ein unglaubliches Klima. Informanten zitterten buchstäblich, als sie mit mir sprachen. So verängstigt waren sie», sagte Marty in einem Interview mit den Zeitungen «Tages-Anzeiger» und «Der Bund» vom Mittwoch.

Mit der Schweiz verbunden

Auch im Fall von Polen und Litauen, denen ebenfalls eine besonders aktive Rolle bei der Verschleppung von Terrorverdächtigen vorgeworfen wird, habe er den Eindruck, dass man die Strafuntersuchungen einstellen wolle, sagte Marty. Der Tessiner FDP-Ständerat hatte als Sonderermittler des Europarats die illegalen Aktivitäten der CIA in Europa aufgedeckt.

Bewusst kriminell gehandelt

Bei der Aufklärung am weitesten gegangen sei die italienische Justiz, welche 22 US-Agenten verurteilte, die an der Verschleppung des mutmasslichen Terroristen Abu Omar beteiligt waren. Auch die Verantwortlichen des italienischen Geheimdienstes Sismi seien benannt worden, sagte Marty.

«Doch die italienische Regierung tat alles, um die Untersuchung zu boykottieren», erklärte Marty. Die Verantwortlichen in Europa seien sich bewusst gewesen, dass sie kriminell handelten. «Aber die Länder hatten sich in der NATO zur Geheimhaltung verpflichtet und den US-Beamten Straflosigkeit zugesagt», kritisierte der 66-Jährige.

«Vorbildfunktion verloren»

«Für mich ist 9/11 eine Katastrophe, weil wir die Vorbildfunktion in Sachen Menschenrechte aus Selbstverschulden verloren haben», erklärte Marty anlässlich des 10. Jahrestags der Terroranschläge in den USA.

«9/11 hat ein Klima geschaffen, in dem sich rechtspopulistische und nationalistische Bakterien boomartig entwickeln konnten». Auch in der Schweiz sei das Völkerrecht ausgehöhlt worden.

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