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Ewiger Sonnenlauf: Tutanchamun in Basel

Eingeweidesarg des Tutanchamun aus Gold, Glas und Halbedelsteinen. Antikenmuseum Basel

Basel öffnet seine Tore einem Gott: Für ein halbes Jahr wird im Antikenmuseum die Ausstellung "Tutanchamun – Das goldene Jenseits" gezeigt.

Erstmals seit über 25 Jahren sind wieder Objekte und Kunstschätze aus dem Tal der König in Europa zu sehen.

“King Tut is back” – Köng Tutanchamun ist zurück! Mit diesen Worten kündigte Zahi Hawass, Präsident des Supreme Council of Antiquities of Egypt, die Rückkehr des Kindkönigs und Pharaonen Tutanchamun nach Europa an.

Anders als die zwischen 1961 und 1981 letztmals in Europa gezeigten Schätze aus Ägypten ist die Basler Ausstellung bewusst anders konzipiert als ihre Vorgängerinnen in Deutschland und England. Das Antikenmuseum präsentiert die Grabausstattung Tutanchamuns in einem grösseren Kontext.

Das heisst, die Ausstellung zeigt nicht nur 50 der bedeutendsten Kunstwerke aus dem Grab des Tutanchamun, sondern auch Grabgegenstände aus den übrigen Königsgräbern der 18. Dynastie (15.-14. Jahrhundert v. Chr.)

“Eine Ausstellung mit einer solchen Fülle an hochkarätigen Kunstwerken hat es noch nie gegeben”, sagte Museumsdirektor Peter Blome.

Einen weiteren Höhepunkt bilden Leihgaben aus dem unversehrten Grab von Juja und Tuja, den Schwiegereltern von Amenophis III. Ihre Grabstätte wurde rund zwanzig Jahre vor Tutanchamun entdeckt und galt bis dahin als die Sensation aus dem Tal der Könige.

Der Duft des Vergänglichen

Star der Ausstellung ist aber unbestritten Tutanchamun. Im zarten Alter von neun Jahren bestieg er den Thron der Unsterblichen und regierte neun Jahre lang, bevor er verstarb. Als König von eher unbedeutendem Rang hat er seit seiner Entdeckung 1922 durch den Briten Howard Carter einen Siegeszug sondergleichen rund um die Welt angetreten.

Als einzig vollständig erhaltenes Pharaonengrab, ausgestattet mit Kunstwerken von unvergleichlicher Schönheit und dem betörenden Duft der Vergänglichkeit, lässt es den Fantasien und Jenseitsvorstellungen freien Lauf.

Essen und Trinken im Jenseits

Seit ältester Zeit wurde in Ägypten das Grab als ewiger Aufenthaltsort des Verstorbenen verstanden, und folglich mit allen Dingen ausgestattet, die ein Leben im Jenseits ermöglichen sollten.

Einerseits wurden den Gräbern Alltagsgegenstände aus dem Hausrat des Verstorbenen beigelegt, andererseits speziell angefertigte Gegenstände mitgegeben. Hinzu kamen Vorräte an Lebensmitteln, Getränken, Salbungsölen, Stoffen und Möbeln. Es sollte den Hoheiten an nichts fehlen im Reich der Unterwelt und dem ewigen Leben.

Atemberaubende Kunstwerke

Die in Basel ausgestellten Kunstwerke sind von einer Schönheit und Schlichtheit, die den Atem stocken lassen. Formvollendetes Kunsthandwerk. Materialien wie Gold, Edelsteine, Holz, Elfenbein und vieles andere mehr verbinden sich in einer Form, als wäre der Bauhaus-Leitspruch “Form follows Function” (Form dient der Funktion) den alten Ägyptern bereits bekannt gewesen.

Trotz ihres hohen Alters, die Gegenstände sind 3500 Jahre alt, erscheinen sie zeitlos schön. Zum Beispiel die Lebensschale in Fayence, jenem leuchtendem Blau, das als Farbe charakteristisch für das alte Ägypten ist. Die Schale heisst auch Nun-Schale, benannt nach dem ägyptischen Urozean Nun, aus dem nach einem Schöpfungsmythos alles Leben entstand.

Das wohl schönste Stück der Ausstellung ist Tutanchamuns Eingeweidesarg, eine Goldschmiedearbeit der Superlative. Karneol, Bergkristall, Obsidian, blaues Glas und Gold sind zu einem mumiengestaltigen König verarbeitet.

An der Stirne trägt er einen Geier- und Schlangenkopf, Vorder- und Rückseite umhüllen Geierflügel. Schwarzumrandet die eindrücklichen Augen, das Gesicht von einem langen Bart umrandet. In den Händen Krummstab und Geissel. Der Unterkörper ist mit einem Feder-Dekor bedeckt. Ziselierte Inschriften seiner Innenseiten geben Götterreden und einen Totenspruch wider.

Unmögliches möglich machen

Mit der Ausstellung in Basel hat Museumsdirektor Blome das Unmögliche möglich gemacht. Nach jahrelangen und teilweise schwierigen Verhandlungen hat sich das anfängliche “Don’t even think about Tut” der Agypter – Mit Tutanchamun müssen Sie gar nicht erst rechnen – in eine fruchtbare Zusammenarbeit gewandelt.

Ausser der weltberühmten goldenen Totenmaske, sie gilt als Nationalheiligtum und darf Ägypten nicht verlassen, sind zahlreiche der ausgestellten Stücke noch nie ausser Landes gezeigt worden.

Ihr Versicherungswert beträgt rund 850 Mio. Schweizer Franken. Eine relative Zahl. Da die Objekte nicht im Handel sind, ist ihr Wert auch nicht abzuschätzen. Rund 5 Mio. bezahlt Basel für die Ausleihgebühr.

Dieses Geld wird für den geplanten Neubau des Ägyptischen Museums in Kairo verwendet. Aus diesem Grunde ist auch denkbar, dass die in Basel konzipierte Ausstellung anschliessend auch an anderen Standorten gezeigt wird.

Wohlgesinnte Götter

Die alten Götter scheinen Basel bis jetzt wohl gesonnen. Der Vorverkauf ist gut angelaufen, bereits sind 50’000 Eintritte und 1200 Führungen gebucht. Anfängliche logistische Schwierigkeiten beim Internet- und Telefon-Buchungssystem sind behoben.

Das Antikenmuseum in Basel ist für den grossen Ansturm bereit. Innehalten in einer schnelllebigen Zeit und der Vergänglichkeit ins Antlitz schauen, das bietet “Tutanchamun – Das goldene Zeitalter” auf eindrückliche Art und in umfassender Schönheit.

swissinfo, Brigitta Javurek

Ausstellungsdauer vom 7. April bis 3. Oktober 2004
Öffnubngszeiten Montag bis Sonntag, 09.00 bis 19.00h, auch an Feiertagen.
Preise: 28 Franken für Erwachsene, 10 Fr. für Kinder von 13 bis 17 Jahren.-
AHV/IV: 22 Fr. (Montag bis Mittwoch)

Die Ausstellung in Basel ist chronologisch aufgebaut. Vom kleinsten Schmuckgegenstand bis zur tonnenschweren Skulptur: Die meisten der in Basel zu sehenden Leihgaben sind aus massivem Gold oder vergoldet. Gold stand für die Sonne. Die auf- und untergehende Sonne repräsentierte den goldenen Lauf der Zeit.

Transportiert wurden die zum Weltkulturerbe gehörenden Schätze in eigens angefertigten Kisten: Diese waren speziell gepolstert und teilweise klimatisiert.

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