Schweizer Perspektiven in 10 Sprachen

Expressverbindung auf das Jungfraujoch

Mit der heutigen Zahnradbahn braucht man über eineinhalb Stunden um aufs "Top of Europe" zu gelangen. Keystone

Die Jungfraubahnen prüfen, wie Touristen mit einer neuen Bahn aus dem Lauterbrunnental schneller auf das Jungfraujoch transportiert werden können.

Die Stiftung für Landschaftsschutz hat ökologische Vorbehalte gegen das Grossprojekt angemeldet.

Von 850 auf 3580 Meter über Meer – in 20 Minuten. Mit dieser Vision wollen die Jungfraubahnen im Berner Oberland für rund 200 Mio. Franken ein Tunnel-Liftsystem installieren.

Dieser “Schnell-Lift” wäre eine Ergänzung zur historischen Zahnradbahn. Die Jungfraubahnen erhoffen sich mit einer solchen Verbindung neue Wachstumsperspektiven.

Man möchte die touristische Attraktivität der Jungfrau Region stärken. Das Jungfraujoch liesse sich damit auch als Halbtagesausflug vermarkten.

Position sichern

Eine Machbarkeitsstudie soll erst mal die Realisierbarkeit des Projekts aufzeigen. Sie soll zeigen, ob und wie eine Tunnelverbindung – als Schnellaufzug oder Standseilbahn – vom Lauterbrunnental auf das Jungfraujoch realisiert werden kann.

Die Jungfraubahnen möchten mit der 2600 Meter langen Verbindung ihre Position in den nächsten Jahrzehnten sichern. Erste Kostenschätzungen lauten auf 160 bis 200 Mio. Franken.

Baubeginn ist frühestens in sechs Jahren. Bisher unberührte Flächen im Hochgebirge möchte man dabei nicht tangieren.

Frühes Stadium

Bisher wurden erst geologische und technische Grobbeurteilungen vorgenommen, die Abklärungen befinden sich in einem sehr frühen Stadium. Ein Berner Ingenieurunternehmen wird die geologischen Abklärungen vornehmen.

Die Jungfraubahnen lassen auch prüfen, ob bei einer 20-minütigen Expressfahrt von 850 auf 3580 Meter über Meer medizinische Probleme für die Passagiere auftreten könnten.

Die Jungfraubahnen wollen nun mit Umweltorganisationen, Behörden und Landbesitzern Kontakt aufnehmenund die weiteren Abkärungen in Zusammenarbeit mit ihnen und der Region vornehmen.

Skeptischer Landschaftsschutz

Die Stiftung Landschaftsschutz Schweiz (SL) zeigt sich über das Projekt der Jungfraubahnen nicht begeistert. SL-Projektleiterin Christine Neff befürchtet, dass mit einer neuen Personenbeförderungs-Anlage der Druck auf die Landschaft zunehmen würde.

Wenn mehr Menschen aufs Joch gelangten, brauche es auf dem “Top of Europe” wahrscheinlich neue Anbauten, sagte Neff. Zudem geht sie davon aus, dass die Freizeitaktivitäten im Unesco-Welterbe Jungfrau-Aletsch-Bietschhorn zunehmen würden.

Auch die Jungfraubahnen gehen davon aus, dass die bestehenden Bauten auf dem Jungfraujoch nach dem Bau eines Schnellaufzugs ausgebaut oder unterirdisch erweitert werden müssten. Klar sei, dass eine Umweltverträglichkeits-Prüfung nötig sei.

Konkurrenz aus dem Wallis

Die Jungfrauregion befindet sich in einem harten Konkurrenzkampf mit der Walliser Matterhorn-Region. So planen die Zermatter Bergbahnen das Klein Matterhorn (3883 M. ü. M) um 120 Meter aufzustocken. Damit würde es zu einem Viertausender.

Die Viertausender-Marke soll mit einer Pyramide des Zermatter Künstlers Heinz Julen überschritten werden. Julen orientierte sich an Entwürfen von Kuno Krissler, der bereits in den 1930er-Jahren ähnliche Vorschläge machte. Baubeginn für das umstrittene Projekt war im Sommer 2007.

swissinfo und Agenturen

Die heutige Jungfraubahn (JB) ist eine Zahnradbahn im Berner Oberland. Sie führt von der Kleinen Scheidegg durch Eiger und Mönch bis aufs Jungfraujoch, überwindet auf einer Länge von rund neun Kilometern fast 1400 Höhenmeter. Etwas mehr als sieben Kilometer der Strecke liegen im Tunnel.

Die ersten Projekte für eine Verbindung auf das Jungfraujoch scheiterten ab 1860 an der Finanzierung. 1893 bewarb sich der Industrielle Adolf Guyer-Zeller um eine Konzession, die er 1894 vom Bundesrat auch erhielt.

1896 erfolgte der Spatenstich für die heutige Zahnradbahnstrecke, die in den folgenden Jahren in den Fels gesprengt wurde. An den gefährlichen Arbeiten beteiligten sich viele italienische Gastarbeiter.

1912 konnte die mit 3454 Metern höchste Bahnstation in Europa eröffnet werden. Die Baukosten wurden damals auf 14,9 Millionen Franken beziffert.

Geologische Gutachten
Planstudien
Prüfung der Marktchancen
Gespräche mit Umweltorganisationen
Gespräch mit Landeigentümern
Medizinische Abklärungen
Betriebskostenberechnungen

(Quelle: Walter Steuri, Vorsitzender Geschäftsleitung Jungfraubahn Holding AG)

swissinfo.ch

In Übereinstimmung mit den JTI-Standards

Mehr: JTI-Zertifizierung von SWI swissinfo.ch

Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!

Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft

SWI swissinfo.ch - Zweigniederlassung der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft