Frühen Raubsauriern auf der Spur
Paläontologen vom Naturhistorischen Museum Basel haben im Bündner Naturpark Ela neue Dinosaurierspuren entdeckt. Fusslänge: 40 Zentimeter. Es sind die weltweit ältesten Spuren grosser Raubsaurier. Sie befinden sich senkrecht in einer Felswand.
“Steigeisen hat der Saurier vor 205 bis 210 Millionen Jahren keine getragen”, witzelt Paläontologe Christian A. Meyer vom Naturhistorischen Museum Basel, “das würden wir sehen”.
Dass die am Piz Ela in Kanton Graubünden entdeckten Saurierspuren praktisch senkrecht die Felswand hinaufführen, liege daran, dass aus einem flachen Meeresboden in der Zeitepoche Trias (vor 251-199.6 Millionen Jahren) durch plattentektonische Einwirkungen 140 bis 150 Jahrmillionen später das höchste Gebirge Europas, die Alpen, entstand.
Dinosaurier sind an vielen Orten auf dem Urkontinent herumspaziert. Warum ausgerechnet diese Spuren erhalten blieben, erklärt der Forscher so: Der Strand war mit Kalkschlamm bedeckt, der sich mit Blaugrünalgen und Bakterien zu “Matten” verfestigte. “Diese Matten waren fast wie Watte, konsistent und zäh.”
Dank Überlagerungen wurde der Schlamm in Jahrmillionen zu Gestein. “Es kam mehr Schlamm darauf, und noch mehr Schlamm und noch mehr Schlamm. Dadurch entstanden erhöhter Druck und veränderte Temperaturen, und es kam zu einer Gesteinswerdung dieses ehemaligen Strandes.”
Zwischen 4,5 bis 7 Meter grosse Fleischfresser
Die Fährte im Ela-Naturpark wird den Forschern Einiges verraten: “Wir werden in den nächsten Wochen die Auswertung machen. Wir können dann sagen, wie gross dieses Tier war und wie schnell es gegangen ist. Dies, weil wir mehrere Schrittfolgen hintereinander haben.”
Es sei nicht schwierig, “aufgrund der Schuhgrösse die Hüfthöhe zu berechnen”, erklärt Meyer.
Es gebe sowohl bei Säugetieren als auch bei Reptilien bestimmte Längenverhältnisse. Anhand der Schrittlänge kann anschliessend auch die Geschwindigkeit errechnet werden. Grosse Raubsaurier waren Fleischfresser und wurden zwischen 4,5 bis 7 Meter gross.
Um die Spur überhaupt erkennen zu können, braucht es viel Erfahrung und auch die richtigen Lichtverhältnisse. Bei voller horizontaler Lichteinstrahlung nehme man diese Abdrücke nicht wahr. Man könne sie nur mit Schatten überhaupt sehen.
Besonders interessant an dem neusten Dinosaurier-Fährtenfund ist die Grösse: “Neu ist, dass solch grosse Raubsaurier bisher gar nicht bekannt waren aus diesem Zeitabschnitt. Es gibt ein einzelnes Skelett aus Norddeutschland, das ein bisschen jünger ist. Normalerweise sind in dieser Zeit die Fussabdrücke höchsten 20 Zentimeter gross.”
Es seien auch Abdrücke von anderen Urreptilien gefunden worden, von pflanzenfressenden Dinosauriern und mittelgrossen Raubsauriern.
Grosse Raubsaurier früher als angenommen
“Wir können jetzt diesen Zeitabschnitt genauer untersuchen. Wir können mit der Fährte nachweisen, dass die Entwicklung grosser Raubsaurier offensichtlich früher in der Evolution stattgefunden hat als bisher angenommen.” Bisher waren solch grosse Raubsaurierspuren erst aus der unteren Jura-Zeit (vor 199,6 bis 175,6 Millionen Jahren) bekannt.
Für die Öffentlichkeit zugänglich wird die Fährte in der Felswand nie sein. Es braucht eine achtstündige Wanderung, um überhaupt in die Nähe davon zu gelangen. “Wir werden nächstes und übernächstes Jahr aber Abgüsse dieser Spuren anfertigen. So können sie die Besucher im Naturpark Ela oder im Museum in Chur besichtigen”, sagt Meyer. Falls genug Geld vorhanden sei, würden auch auch Modelle der entsprechendenden Raubsaurier ausgestellt.
Eveline Kobler, swissinfo.ch
Die geologische Auffaltung der Alpen als mehrstufiger Prozess begann vor etwa 135 Millionen Jahren und fand ihren Abschluss vor etwa 30 bis 35 Millionen Jahren.
Aus dem Urkontinent Pangaea brach ein Teil heraus (afrikanische Platte). Dieser wurde in einer Drehbewegung gegen Europa gedrückt.
Dadurch wurden die Gesteinsschichten des ehemaligen Meeres aufgerichtet und übereinandergeschichtet. Das Gebirge entstand.
Die weltweit meisten Dinosaurierspuren (4000 Quadratmeter) werden an den Wochenenden vom 22./23. und 29./30. August ein erstes Mal der Öffentlichkeit gezeigt.
Die Spuren wurden während der Vorgrabungen für die Nationalstrasse A16 durch den Kanton Jura entdeckt.
Sie gelten als eine der international bedeutendsten Fundstellen und wurden seither intensiv untersucht.
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