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Gegen eine Einheitskrankenkasse

Bürgerliches Nein-Komitee gegen die Einheits-Krankenkasse. Keystone

Parlamentarier des bürgerlichen Nein-Komitees gegen die Volksinitiative "für eine soziale Einheits-Krankenkasse" haben in Bern die Kampagne für die Abstimmung vom 11. März 2007 lanciert.

Sie wenden sich vor allem gegen das damit entstehende Monopol. Eine Einheits-Krankenkasse sei inkompatibel mit den gängigen Einsparungs-Instrumenten wie der Franchise.

Im Komitee “Nein zur Scheinlösung Einheitskasse” machen über 100 Parlamentarier mit. Stellvertretend für sie haben am Dienstag in Bern aus dem Nationalrat der freisinnige St. Galler Andreas Zeller, die liberale Genferin Martine Brunschwig Graf, der Bündner Hansjörg Hassler von der Schweizerischen Volkspartei und die christlich-demokratische Freiburgerin Thérèse Meyer den Abstimmungskampf eröffnet.

Die staatliche Einheitskasse schaffe nur neue Probleme, ohne die alten zu lösen, hiess es vor den Medien. Vor allem schalte ein Monopol mit Einheitsprämien jegliche Sparanreize aus.

“Dies bedeutet das Ende aller originellen und kostengünstigen Lösungen.” Die Versicherten hätten keine Wahl mehr und würden so zu blossen Bittstellern.

Verdoppelung der Steuern?

Nein sagt das Komitee vor allem auch zu Prämien “nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit” anstelle der Kopfprämien. Weil sich die Initiative über die Details ausschweige, kauft das Volk laut Zeller die Katze im Sack. Je nach Finanzierungssystem treffe es unterschiedliche Bevölkerungsgruppen.

Sollten die Prämien tatsächlich vom Einkommen abhängig gemacht werden, drohe dem Mittelstand eine Verdoppelung der kantonalen Steuern, sagte Meyer.

Gleichzeitig müssten die Prämienermässigungen abgeschafft werden. Im Übrigen habe der Souverän vor gut drei Jahres einkommens- und vermögensabhängige Prämien wuchtig abgelehnt.

Entweder werde die “Gesundheitssteuer” dauernd angehoben oder die Leistungen würden rationiert, argumentiert das Komitee. Der Weg in die Zweiklassenmedizin sei damit vorprogrammiert.

Am Ende wären nur noch jene gut versorgt, die sich eine teure Privatversicherung leisten könnten. “Die Initiative setzt die Gesundheit der Bürger und Bürgerinnen aufs Spiel.”

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Krankenversicherung

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Seit 1996 das Krankenversicherungs-Gesetz (KVG) in Kraft ist, muss sich jede in der Schweiz wohnhafte Person obligatorisch bei einer Krankenkasse für die Krankenpflege versichern. Die Kassen werden privatwirtschaftlich geführt. Die Versicherten sind in der Wahl des Krankenversicherers frei. Dieser muss einen Versicherten annehmen, unabhängig von dessen Alter und Gesundheitszustand. Die Tarife sind je nach Kanton…

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Auf dem richtigen Weg

Die Gegner glauben auch nicht, dass mit einer Einheitskasse administrative Kosten eingespart werden könnten. Die tripartite Zusammensetzung des Verwaltungsrates aus Leistungserbringern, Behörden und Versicherten werde zu Zielkonflikten führen, der Systemwechsel zu kaum überwindbaren Schwierigkeiten.

Das Gesundheitswesen aber brauche Reformen zur Reduktion der Kosten und keine “monopolistische Geldvernichtungs-Maschine”, welche die Gesundheit der Menschen aufs Spiel setze und sie zu Versuchskaninchen mache.

“Keine Experimente” lautet deshalb die Devise des bürgerlichen Komitees. Reformen im Gesundheitswesen seien notwendig, doch müssten sie das Übel an der Wurzel packen und die Kosten dämpfen.

Bundesrat und Parlament seien “auf dem richtigen Weg, wenn auch noch nicht am Ziel”.

swissinfo und Agenturen

Die Initiative “für eine soziale Einheits-Krankenkasse” verlangt eine einzige Krankenkasse für die obligatorische Grundversicherung sowie einkommens- und vermögensabhängige Prämien.
Am 18. Mai 2003 hat das Schweizer Volk die von der SP unterstützte Volksinitiative “Gesundheit zu einem erschwinglichen Preis”, die einkommensgebundene Prämien forderte, mit 72,9% abgelehnt.
Lanciert wurde die Einheits-Initiative von der Westschweizer Organisation “Mouvement Populaire des Familles” (MPF) nur zwei Wochen nach dem wuchtigen Volksnein zur SP-Gesundheitsinitiative.
Sie ist am 10. Januar 2005 mit 111’154 gültigen Unterschriften zustande gekommen.
Parlament und Regierung haben sich bereits dagegen ausgesprochen.

In der Schweiz gibt es 26 kantonale Systeme mit verschiedenen Unkostenprofilen, Angeboten und Modellen.

So kann zum Beispiel jeder Kanton für sich seine Gesundheitsdienste (Spitäler, Altersheime) planen – oder diese Kompetenzen an die Gemeinden delegieren.

Dies führt zu einer grossen Bandbreite im Bereich der öffentlichen Gesundheitsausgaben und zu Doppelspurigkeiten.

Beim Versicherungssystem hat sich die Schweiz weder wie Italien oder Grossbritannien für ein nationales System entschieden, noch wie Frankreich oder Deutschland für ein allumfassendes Versicherungssystem.

Das Schweizer Modell basiert auf einer obligatorischen Versicherung im Basisbereich, die jedoch dem Wettbewerb unterworfen ist.

Die Krankenversicherung deckt einen identischen Katalog von Leistungen für alle, wird aber von zahlreichen (Kranken-)Versicherern in Konkurrenz untereinander angeboten.

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