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Gemischte Reaktionen auf Infogipfel in Tunis

Moritz Leuenberger sprach in Tunis auch über Menschenrechte. Keystone

Die Schweizer Delegation schätzt den Weltinformationsgipfel in Tunis vorsichtig optimistisch ein. Aber es bleibe noch eine Menge zu tun.

Die Schaffung eines Forums zur Internet-Politik wurde zwar von allen begrüsst, doch verbindliche finanzielle Zusagen fehlen.

Zum Abschluss des Weltinformationsgipfels in Tunis haben Vertreter von 176 Ländern besseren Zugang zu Internet und Telefon für arme Menschen gefordert. Die Teilnehmer des Gipfels verabschiedeten am Freitag zwei Erklärungen.

Darin rufen sie zur Überbrückung der so genannten digitalen Kluft zwischen Industrie- und Entwicklungsländern auf. Zudem beschlossen die Teilnehmer die Einrichtung eines Fonds zur Förderung von Computer-Projekten in Entwicklungsländern. Die UNO möchte bis 2015 jedes Dorf der Welt ans Internet anschliessen.

Weiter wurden die USA aufgefordert, Verwaltung und Kontrolle des Internets unter UNO-Führung “multilateraler” zu machen. Anfang nächstes Jahr soll deshalb das vereinbarte internationale Forum zur Diskussion der Internet-Politik einberufen werden. Dem Gremium hatten die USA zugestimmt, weil es kein Aufsichtsrecht hat und sich nicht in technische Fragen einmischt.

In zehn Jahren überprüfbar

Trotz der internationalen Kritik und den mageren Resultaten fällt die Bilanz der Schweizer Delegation für Tunis “eher positiv” aus. Die Arbeit beginne aber erst jetzt, sagte Delegationsmitglied Marc Furrer, Präsident der Schweizerischen Kommunikationskommission (ComCom). Die gesteckten Ziele seien hoch. “Wir werden die Resultate in zehn Jahren sehen”, so Furrer gegenüber swissinfo.

Mit der Schaffung des Forums zur Internet-Politik sei aber wenigstens ein erster Schritt gemacht. Doch die Finanzierung der neuen Plattform ist noch nicht gesichert. Beim Forum handle es sich um einen guten Kompromiss, weil die gegenwärtige Kontrolle bei der privaten US-Organisation ICANN liege. Von der Aufsicht durch eine internationale Organisation hält Furrer wenig: “Das Internet darf nicht politisiert werden”, sagt er dezidiert.

Er sei nicht so pessimistisch wie andere Vertreter. “Das Ziel der Schweiz war es, die UNO und Regierungen als Aufsichtsbehörden über die Vergabe von Domain-Namen zu verhindern”, so Furrer weiter. Denn das wäre die schlechteste Lösung.

Besser als nichts

Wolf Ludwig, der in Tunis mehrere Schweizer Nichtregierungs-Organisationen (NGO) vertrat, bezeichnet die Schaffung des Forums als “halbe Lösung, aber immerhin besser als nichts”.

Das Aufsichts-Forum sei ein Schritt in die richtige Richtung, weil darin auch Vertreter der Zivilgesellschaft mitreden könnten, so Ludwig.

“Hinsichtlich der Finanzierungsfragen ist der Gipfel aber ein Misserfolg”, so die nüchterne Einschätzung des Gewerkschafters. Zwar hätten die NGO-Vertreter sämtliche Quellen zur Finanzierung des digitalen Solidaritätsfonds angezapft. “Doch steht der Fonds auf einer freiwilligen Basis.”

Der senegalesische Telekommunikations-Spezialist Diallo Mohamadou ist ebenfalls skeptisch: “Es gibt Versprechungen, Versprechungen und noch einmal Versprechungen, und das nicht zum ersten Mal.” So sei 2000 versprochen worden, alle afrikanischen Dörfer fern der Hauptstädte ans Internet zu bringen. Fünf Jahre später ist immer noch nichts geschehen.”

swissinfo, Thomas Stephens

Am Weltinformationsgipfel in Tunis nahmen letzte Woche rund 17’500 Teilnehmer aus 176 Ländern teil.
Sie repräsentierten Regierungen, UNO-Agenturen, private Unternehmen und Nichtregierungs-Organisationen.
Thema des Gipfels waren der digitale Graben und die Informations-Technologie (IT) als Instrument zur Förderung von ökonomischer und sozialer Entwicklung.

Mit dem Weltinformationsgipfel will die UNO das Bewusstsein für den so genannten digitalen Graben zwischen den reichen und armen Ländern fördern.

Weiteres Ziel: Die Finanzierung von Projekten, mit denen entlegene Siedlungen in Afrika, Asien und Südamerika via Internet ans “globale Dorf” angeschlossen werden sollen.

Dominiert wurde die Konferenz aber von der Frage der Kontrolle über das Internet: Sollen die Vergabe von Domainnamen und technische Aspekte weiter durch eine US-amerikanische Behörde geregelt werden?

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